Morcheln verfeinern die Rahmsuppe
Serie „Kontaktverbot? Raus in die Natur!“: Morchel, Schlüsselblume und Weide
HEUBERG - Eine Vollbremsung mitten im Rennen: So ähnlich dürften sich die zahlreichen Absagen, Arbeitsund Veranstaltungsausfälle für viele Bewohner auf dem Heuberg anfühlen. Was mit so viel Zeit anfangen, wenn es keine Zerstreuung gibt? Ein Vorschlag: Gehen Sie doch mal ganz bewusst in die Natur hinaus und halten Sie nach den kleinen, unauffälligen Dingen Ausschau. Genau richtig, um die Stimmung aufzuhellen.
Immer wenn Sie einen Haufen Rindenmulch oder einen alten Lagerplatz von Stammholz sehen, sollten Sie aufmerksam den Boden inspizieren. Denn ein ausgezeichneter Speisepilz streckt an solchen Plätzen im (Vor-)Frühling seinen Fruchtkörper besonders gerne aus dem Boden: die Morchel (Morchella esculenta). Wer sie mit ihrem regelmäßig geformten, wabenartigen Hut findet, kann sich glücklich schätzen. Am besten gleich nach Hause nehmen und damit eine Rahmsuppe oder Soße verfeinern. Denn eine solche Köstlichkeit sollten Sie sich keineswegs entgehen lassen. Übrigens ist das Exemplar auf dem Bild ungewöhnlich hell: Meistens haben Morcheln dunkelbraune, ja manchmal sogar fast schwarze Hüte. Vorsicht allerdings vor Verwechslungen mit der entfernt ähnlichen, aber unregelmäßig geformten Frühjahrslorchel (Gyromitra esculenta) – die ist nämlich giftig, auch wenn der lateinische Name auf Essbarkeit hindeutet. Aber die Unterschiede sind auch für Laien leicht erlernbar und werden in jedem Pilzbuch gezeigt – und übrigens auch online, zum Beispiel bei www.123pilzsuche.de.
Wo die Schlüsselblume wächst, ist die Wiese ökologisch gesund. Diese Faustregel können Sie sich merken – und Sie werden feststellen: Bei uns auf dem Heuberg gibt es noch erfreulich viele gesunde Wiesen. Die hellgelbe Variante ist die so genannte Hohe Schlüsselblume (Primula elatior). Sie wächst manchmal auch im Wald. Falls Sie noch keine entdeckt haben, schauen Sie doch mal an einem Bachufer nach. Da zeigt sie sich jetzt schon. Der Legende nach hat Petrus versehentlich den Schlüssel zum Himmelstor fallen lassen und einen Engel geschickt, um ihn von der Erde zurückzuholen. Der fand ihn auch – und als er ihn aufhob, wuchsen an der betreffenden Stelle „Himmelsschlüsselchen“. Lassen Sie sich diesen himmlischen Anblick nicht entgehen. Die dunklere und etwas seltenere Variante ist übrigens die Arznei-Schlüsselblume, die vor allem auf flachgründigen Kalkstandorten wächst. Auf sie werden wir noch etwas warten müssen, denn sie blüht erst im späteren Frühling.
Sehr hübsch ist es, im zeitigen Frühjahr ein paar Weidenzweige in eine Vase zu stellen. Die flauschigen Kätzchen, hier die Salweide (Salix caprea), sind ein schöner Anblick. Aber ist Ihnen schon einmal aufgefallen, dass wir stets nur die männlichen Blüten im Sinn haben, wenn wir von „Weidenkätzchen“sprechen? Sprich diejenigen, die Pollen produzieren. Bei allen Weidenarten gibt es jedoch eine Besonderheit, die längst nicht alle Pflanzen zeigen: Männliche und weibliche Blüten sitzen streng getrennt auf unterschiedlichen Pflanzen. Man spricht hier von Zweihäusigkeit: für jedes Geschlecht sozusagen ein Haus. Der eine Baum trägt also nur männliche Kätzchen (an den gelben Pollen erkennbar), der andere nur weibliche (eine Ansammlung von Fruchtknoten mit Griffeln, auf denen der Pollen bei Bestäubung dann landet).
Konzipiert ist die Weide eigentlich für eine Windbestäubung – denn sie blüht in Zeiten, in denen noch nicht besonders viele Insekten fliegen. Aber vor allem die Bienen, also Wildbienen, Hummeln und auch unsere gezüchteten Honigbienen, haben längst entdeckt: Diese wertvolle Nahrungsquelle kommt nach einem langen, entbehrungsreichen Winter genau richtig. Vor allem die eiweißreichen Pollen werden gerne angeflogen. Spitzen Sie also unter einer Weide mit männlichen Blüten auch die Ohren – denn in der Krone summt und brummt es ordentlich.