„Manche Kollegen zittern um die Existenz“
Die Corona-Krise stellt viele freischaffende Künstler vor große Probleme
TROSSINGEN - Das kulturelle Leben liegt still aufgrund des Corona-Virus - für die Existenz vieler freischaffender Künstler ist das eine Bedrohung. Denn mit den Veranstaltungen fallen für sie auch ihre Einnahmequellen weg.
„Mir sind mit einem Schlag acht Aufträge bis Ende Juni abgesagt worden“, erzählt beispielsweise Frank Golischewski. „Aber was soll ich klagen: manche Kollegen zittern um ihre Existenz, die haben nichts mehr. Ich bemühe mich immer um Diversifikation, arbeite noch für die Stadt, habe Projekte für Theater in Vorbereitung.“Ähnlich geht es auch Musiker Thomas Förster. „Es ist viel verloren gegangen wegen der abgesagten Auftritte“, sagt er. Sein Glück: Die Trossinger Musikschule, in der er unterrichtet, habe für den Monat März das volle Honorar weiterbezahlt. „Das ist wirklich toll, das macht nicht jeder. Aber klar ist auch: Je länger die Krise dauert, desto schwieriger wird es.““Auch Keyboard-Lehrer Robin Schmidt hält dieser Zug der Musikschule vorerst den Rücken frei, wie er sagt. „Aber ich kann natürlich kein Honorar verlangen, wenn ich nicht arbeite“, meint er.
Wer als Künstler lediglich auf feste Einkünfte aus Konzerten baut, steht jetzt vor großen Problemen. „Künstler, die nur vom Spielen leben, haben es jetzt natürlich unheimlich schwer“, stellt Förster fest. Als freischaffender Künstler sei es aus dem
Grund sehr wichtig, Rücklagen zu bilden, so Schmidt, was Golischewski bestätigt: „Als ich mich 1993 selbstständig machte, wurde mir eingebläut: Du musst mindestens ein komplettes Jahreseinkommen als Sicherheit auf dem Konto haben“, sagt er. „Sind die Zeiten schlecht – zum Beispiel auch im Jahr 2008, als die Bankenkrise durchgeschlagen hat – ist man komplett auf sich selbst gestellt. Aber das geht natürlich jedem Handwerker und Einzelhändler genauso.“
Um als freischaffender Künstler in Krisenzeiten überleben zu können, meint Golischewski, seien mehrere Aufgabenfelder nötig. Er selbst ist Kulturbeauftragter der Stadt Trossingen, arbeitet an eigenen Produktionen, führt Regie und coacht andere Künstler. Schmidt und Förster unterrichten neben Konzertengagements an Musikschulen, Förster zudem an der Trossinger Hochschule für Musik. „Ich arbeite als Lehrer, Musiker, Komponist und Arrangeur und habe regelmäßige Engagements, zum Beispiel am Theater Kostanz“, erzählt er.
Dass viele ihrer Arbeitsfelder derzeit ruhen, heißt jedoch nicht, dass die Künstler untätig sind. Förster nutzt die Zeit etwa zum Komponieren und um sich mit neuer Unterrichtsliteratur zu beschäftigen, Schmidt tüftelt mit der Musikschule an Wegen, Unterricht via sozialen
Medien stattfinden zu lassen. Beim städtischen Kulturbeauftragten Golischewski laufen auch die Telefone heiß: „Jetzt rufen die Agenturen an – zum Beispiel von der Amy-Winehouse-Band - und versuchen, alles im Herbst nachzuholen. Aber da ist schon längst die nächste Saison geplant, die Programme sind voll. Vielleicht können wir 50 Prozent nachholen, wir versuchen das bis zum Sommer 2021 zu strecken.“