Gränzbote

Abgerechne­t wird nach der Krise

- Von Klaus Wieschemey­er k.wieschemey­er@schwaebisc­he.de

Die Krise ist die Zeit der Exekutive. Denn in dieser Zeit erwarten die Menschen von den politisch Verantwort­lichen Führung. So ist es wenig verwunderl­ich, dass derzeit die Zustimmung­swerte für die Bundesregi­erung und vor allem für die Union klettern: In Zeiten wie diesen schätzt die Bevölkerun­g ihre regierungs­erfahrene und krisenerpr­obte Kanzlerin, die sogar zwei Wochen lang aus der Quarantäne heraus eine selten einige Koalition durch ungewisse Zeiten führte. Und bei allen Problemen wie fehlender Schutzklei­dung oder zaghafter Hilfeausza­hlung arbeitet der Berliner Regierungs­apparat die Riesenaufg­aben insgesamt schnell und geräuschar­m ab. In den Bundesländ­ern läuft es mit kleinen Variatione­n ähnlich, denn alle Beteiligte­n wissen: Wer der Bevölkerun­g wochenlang große Opfer abverlangt, muss dies mit klarer Führung und klaren Worten tun. Worten wie die, die Merkel mit ihrem Videopodca­st am Freitagabe­nd an die Bevölkerun­g richtete.

Für die Opposition sind es harte Zeiten: Ihre Aufgabe, Kontrolle und Kritik der Regierende­n, wirkt derzeit kleinkarie­rt und deplatzier­t. Und die absolut berechtigt­en Fragen nach Verhältnis­mäßigkeite­n und Ausstiegss­zenarien werden kaum erhört. Wer um seine Existenz fürchtet, nicht weiß, wie er die Kinder bei Laune halten soll oder seine Enkel zu Ostern nicht sehen kann, ist wenig empfänglic­h für Debatten über den Datenschut­z bei Corona-Apps.

Gleichwohl sind die aktuellen Umfragen nur eine Momentaufn­ahme. Nach Karwoche und Osterfest wird nicht nur die Exit-Debatte weiter an Fahrt aufnehmen. Auch werden die Fragen lauter, welche Fehler die Regierung gemacht hat und welche Lehren aus der Krise gezogen werden. Und vor allem: Wer für den gewaltigen Schaden aufkommt. Das Abebben der Corona-Krise und der Umgang mit den Folgen kann die Zeit der Opposition werden. Es kann die Ära der Debatten darüber werden, wie viel Europa, wie viel Globalisie­rung, wie viel Staat und wie viel Markt notwendig ist.

Die Regierung mag sich derzeit im Umfrage-Höhenflug befinden. Doch das kann sich schnell ändern. Und abgerechne­t wird zum Schluss.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany