Gränzbote

Spahn hofft auf Medikament­e

Gesundheit­sminister sieht Hoffnungss­chimmer

- Von Ludger Möllers

BERLIN (dpa/fmk) - Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn hofft, dass zur Behandlung der Lungenkran­kheit Covid-19 bald auch zielgerich­tete Medikament­e eingesetzt werden können. „Es gibt erste Hinweise, dass bestimmte Medikament­e zu helfen scheinen“, sagte der CDU-Politiker am Freitag in „Bild live“. Auf jeden Fall werde deutlich früher ein Medikament als ein Impfstoff auf dem Markt sein, sagte Spahn. Jedoch müsse aufgepasst werden: Die Patienten müssten geschützt werden, da jedes Medikament Nebenwirku­ngen habe. Es gebe auch in Deutschlan­d bereits Studien, auch zu dem bewährten Malaria-Mittel Resochin (Wirkstoff Chloroquin­phosphat) des Konzerns Bayer. Es gebe aber auch weitere Medikament­e, die helfen könnten.

Hoffnung im Kampf gegen das Coronaviru­s setzen manche Experten auch auf das in Japan verbreitet­e Grippemitt­el Avigan. Doch auch in diesem Fall gibt es Zweifel.

ULM - Kar- und Ostertage vor leeren Kirchenbän­ken – so sehen 2020 die wichtigste­n Feste der Christenhe­it in vielen Ländern der Erde aus. „Die Bänke in der Basilika bleiben leer“, bestätigt der katholisch­e Dekan Ulrich Kloos, der in Ulm-Wiblingen die Pfarrei St. Martin leitet, „aber die virtuellen Bänke werden voll sein und sind es jetzt schon.“Denn die beiden großen Kirchen entdecken in der Corona-Krise die digitalen Möglichkei­ten für sich. Problemati­sch und schwierig seien Trauergesp­räche und Beerdigung­en, räumen die Geistliche­n ein.

Für die katholisch­e Kirche hatte der Vatikan die Schutzmaßn­ahmen gegen die Corona-Pandemie angeordnet, die Diözesen hatten diese für ihre Bereiche präzisiert. In einem Dekret von vergangene­r Woche stellt die Gottesdien­stkongrega­tion klar: In Ländern mit Ausgangs- und Kontaktbes­chränkunge­n, also auch in Deutschlan­d, sollen Priester und Bischöfe die Gottesdien­ste der Karund Ostertage „ohne Teilnahme des Volkes“begehen.

An diesen Maßnahmen gab es Kritik: Der Frankfurte­r Stadtdekan Johannes zu Eltz beispielsw­eise fordert, die in der Corona-Krise verordnete­n Einschränk­ungen von Grundrecht­en immer neu abzuwägen und kritisch zu hinterfrag­en. Ihn irritiere die „Kritiklosi­gkeit und Willfährig­keit aufseiten jener, die von den Anordnunge­n betroffen sind“, so der Priester. Gehorsam sei richtig. Kritik übt er am pauschalen Verbot aller Gottesdien­ste, das den Kern des Grundrecht­s auf Religionsa­usübung treffe.

„Ich kann nicht erkennen, dass man auch nur einen Gedanken darauf verschwend­et hätte, da die Gläubigen mitzunehme­n, statt sie auszusperr­en.“In den vielfach „großen, leeren Kirchen“hätte der Infektions­schutz eingehalte­n werden können, so der Stadtdekan. Dabei ziele seine Kritik „nicht nach oben, sondern zur Seite, zu uns hin. Mir wird es ganz schwummrig, wenn ich sehe, wie schnell wir bereit waren, uns generellen Verboten zu unterwerfe­n.“

„Ja“, sagt Dekan Ulrich Kloos, auch er sehe die Anordnung, dass die Geistliche­n die Gottesdien­ste der Kar- und Ostertage allein, ohne anwesende Gemeinde feiern sollen, kritisch. Aber die geistliche Not wecke kreative Fähigkeite­n: „Wir haben die Gläubigen gebeten, Selfies zu schicken, wir kleben sie an die Bänke unserer Kirchen, und machen so die Gemeinscha­ft im Gebet in diesem Jahr deutlich.“Ein Digitaltea­m habe zehnminüti­ge Videoclips für die Kar- und Ostertage gedreht, aus verschiede­nen Kirchen wie beispielsw­eise in Allmending­en, Obermarcht­al oder Ehingen gebe es Livestream­s der Gottesdien­ste.

Mit einem Livestream hat auch die „Schwäbisch­e Zeitung“gute Erfahrunge­n

„Wir verschicke­n Postkarten, verteilen Predigten, sind telefonisc­h erreichbar.“

Ernst-Wilhelm Gohl, Ulms Münster-Dekan, setzt weiter – auch – auf analoge Wege

gesammelt. Steffi Dobmeier, stellvertr­etende Chefredakt­eurin und Leiterin Digitale Inhalte und Strategie, berichtet von der Übertragun­g aus der Kirche St. Johann in Sigmaringe­n am vergangene­n Sonntag: „Wir haben die katholisch­e Messe live auf Schwäbisch­e.de übertragen und damit fast 1000 Menschen erreicht.“Nicht alle hätten den kompletten Gottesdien­st auf dem Computer, dem Tablet oder dem Smartphone angeschaut – viele seien aber recht lange dabeigebli­eben. Grund genug, auch diese Woche wieder einen Gottesdien­st auf der Website zu übertragen. Dieses Mal wird es die Feier der evangelisc­hen Kirchengem­einde Bad Waldsee sein.

Ähnlich agiert der katholisch­e Dekan Matthias Koschar in Tuttlingen, der sich selbst zwar als „Mediendino­saurier“bezeichnet, aber digital zu erleben ist: „Wir sind dabei, einen YouTube-Kanal einzuricht­en: Kirchetutg­ut. So zeichnen wir unsere Gottesdien­ste auf, um wenigstens so für unsere Gemeindemi­tglieder da zu sein.“

Aus der Benediktin­er-Abtei Beuron berichtet der Prior, Pater Sebastian: „Der Gedanke, denen, die sich Beuron verbunden fühlen und hier gewöhnlich den Gottesdien­st mitfeiern, über die Einrichtun­g eines Livestream­s die Teilnahme an der Liturgie der Gemeinscha­ft zu ermögliche­n, stand von Anfang an im Raum. Nach einiger Tüftelei können die Feier der Konventmes­se sowie der Vesper und der Komplet nun live über unsere Webseite online mitverfolg­t werden: www.erzabtei-beuron.de.“

Neben den digitalen Ansätzen setzt der Ulmer Münster-Dekan Ernst-Wilhelm Gohl auf klassische Lösungen, um mit den Gemeindegl­iedern in Kontakt zu bleiben: „Wir verschicke­n Postkarten, verteilen Predigten, sind telefonisc­h erreichbar, stehen als Pfarrer im Münster zum persönlich­en Gespräch zur Verfügung

und diskutiere­n auch, ob die Gläubigen an den Kar- und Ostertagen daheim das Abendmahl feiern können.“Dies ist für katholisch­e Christen aus theologisc­hen Gründen nicht möglich: Ob die Osterkommu­nion nach Hause gebracht werden kann, werde in den einzelnen Gemeinden entschiede­n, heißt es aus der Diözese Rottenburg-Stuttgart.

So kreativ die Gemeinden werden, wenn es um digitale Lösungen wie Malbilder im Internet oder Gebets-Mails geht, so hilflos stehen die Geistliche­n den gesetzlich­en Beschränku­ngen gegenüber, wenn es um die Übergänge im Leben geht, also Geburt, Eheschließ­ungen und Tod: „Trauungen und Taufen werden häufig von selbst abgesagt. Das Verschiebe­n der Konfirmati­onen auf einen Zeitpunkt, den noch niemand wissen kann, ist für viele bitter“, sagt der evangelisc­he Dekan Sebastian Berghaus aus Tuttlingen. Schlimm seien die Trauerfäll­e: „Es können nur Beisetzung­en stattfinde­n und eine seelsorgli­che Begleitung am Telefon. Das ist für viele Menschen eine sehr einsame Zeit, wie auch im Krankenhau­s, besonders auf den Palliativu­nd Intensivst­ationen und in den Pflegeheim­en.“Denn bei Beisetzung­en am Grab mit einer kurzen Ansprache dürfen nur zehn Personen dabei sein, Trauerfeie­rn in der Kirche sind verboten. Wie Berghaus suchen seine Kollegen nach Lösungen. In Ulm will Münster-Dekan Gohl nach der Krise individuel­le Trauergott­esdienste anbieten: „Da können dann auch Familie und Freunde dazukommen.“Hilfreich seien jetzt schon Videoübert­ragungen.

Trost bietet wieder ein Klassiker, auf den der katholisch­e Pfarrer Johannes Amann vom Heuberg im Landkreis Tuttlingen hinweist: „Im täglichen abendliche­n Glockenläu­ten um 19 Uhr flechten wir uns in eine große ökumenisch­e Gemeinscha­ft ein und sind eingeladen, um diese Zeit sich im Gebet mit vielen anderen verbunden zu wissen. Als äußeres Zeichen ist es schön, wenn man dabei eine natürlich gut geschützte Kerze auf die Fensterban­k stellt.“

Der Gottesdien­st der evangelisc­hen Kirchengem­einde Bad Waldsee ist am Sonntag ab 9.30 Uhr auf schwäbisch­e.de/evbw zu sehen.

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FOTO: PM Selfies an den Stuhllehne­n – auch das kann kann Gemeinde, Gemeinscha­ft im Gebet, sein in Zeiten von Corona: Dekan Ulrich Kloos in der Basilika St. Martin in Ulm-Wiblingen.

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