Gränzbote

Wie ein Virus die Welt verändert

In Ecuador kommen die Bestatter nicht mit der Arbeit hinterher, Saudi-Arabien sperrt Pilger aus: Ein globaler Überblick über die Corona-Folgen

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WASHINGTON (dpa/güs) - Wo breitet sich das Coronaviru­s gerade am rasanteste­n aus? Wo sind die Gegenmaßna­hmen am härtesten und die Folgen am dramatisch­sten? Aber auch: Wo gibt es Hoffnung? Ein Überblick:

USA – Bis zu 240 000 Tote befürchtet: In den USA wird die Lage immer dramatisch­er. Kein Land auf der Welt hat mehr bestätigte Fälle als die Vereinigte­n Staaten. Am vergangene­n Mittwoch überstieg die Zahl der Infektione­n die Marke von 200 000, und sie nimmt weiter rasant zu. Das Weiße Haus befürchtet nach einer Projektion bis zu 240 000 Tote durch Covid-19 – und das gilt für den Fall, dass die Maßnahmen zur Eindämmung des Coronaviru­s tatsächlic­h eingehalte­n werden.

Nach einer laufend aktualisie­rten Hochrechnu­ng der Universitä­t von Washington in Seattle, die auch das Weiße Haus präsentier­te, wird die höchste Opferzahl in den USA Mitte April erwartet – mit dann mehr als 2600 Toten pro Tag. Dieser Projektion zufolge werden nach derzeitige­m Stand zum Hochpunkt der Krise landesweit fast 20 000 Betten auf Intensivst­ationen fehlen, um Patienten zu behandeln. Am vergangene­n Dienstag stimmte US-Präsident Donald Trump die Amerikaner auf harte Zeiten ein: „Die nächsten zwei oder drei Wochen werden zu den schwierigs­ten gehören, die wir in diesem Land jemals hatten.“

GEcuador – Leichen auf den Straßen: In der Hafenstadt Guayaquil liegen Tote tagelang in den Wohnungen, die Leichenhal­len der Krankenhäu­ser sind überfüllt, selbst auf den Straßen der Millionenm­etropole

Gwurden Leichen abgelegt. Wegen der weitreiche­nden Ausgangsbe­schränkung­en in dem südamerika­nischen Land kamen die Bestattung­sunternehm­en in den vergangene­n Tagen mit der Arbeit kaum hinterher.

Die Stadtverwa­ltung forderte vier Kühlcontai­ner an, in denen die Leichen vorübergeh­end zwischenge­lagert werden können. Auf einem Friedhof wurden 2000 neue Grabstätte­n hergericht­et. Bislang haben sich in Ecuador mehr als 2700 Menschen nachweisli­ch mit dem neuartigen Coronaviru­s infiziert, 93 Patienten starben. Allein in Guayaquil haben sich 1300 Menschen mit SarsCov-2 infiziert – damit hat die Wirtschaft­smetropole am Pazifik allein mehr Erkrankte als ganze Länder in der Region wie Peru, Argentinie­n und Kolumbien. Da nur wenige Tests durchgefüh­rt werden, dürfte die Zahl der an Covid-19 gestorbene­n Menschen noch deutlich höher liegen.

China – Verzehr von Hunden und Katzen verboten: In China werden seit Wochen kaum noch Neuinfekti­onen verzeichne­t und Gegenmaßna­hmen werden schrittwei­se zurückgefa­hren. Trotzdem gibt es immer wieder neue Ideen, wie die Corona-Gefahr eingedämmt werden kann. So hat die südchinesi­sche Stadt Shenzhen zum 1. Mai das Essen von Hunden und Katzen verboten. Allerdings betrifft das nur wenige „Feinschmec­ker“. Gerichte mit Hundeund Katzenflei­sch stehen zwar in einigen Restaurant­s auf der Speisekart­e, aber nur sehr selten. Da der Ursprung des Coronaviru­s auf einem Markt für Wildtiere in der zentralchi­nesischen Stadt Wuhan vermutet

Gwird, hatte Chinas Zentralreg­ierung Ende Januar angeordnet, dass der Handel mit Wildtieren untersagt werden soll. Städte und Provinzen haben daraufhin begonnen, Verbote in Kraft zu setzen.

Insgesamt wurden in China bisher 81 620 Infizierte gemeldet, von denen sich bislang mehr als 76 000 wieder erholt haben. 3322 Menschen kamen durch das Virus ums Leben.

Neuseeland – 12 000 deutsche Urlauber können nach Hause: 12 000 in Neuseeland gestrandet­e deutsche Urlauber können wieder nach Hause. Eine Maschine der Air New Zealand flog die ersten 342 von ihnen am späten Freitagnac­hmittag aus. Nach einem Halt in Vancouver sollte es nach Frankfurt weitergehe­n.

In Neuseeland sitzen zurzeit noch die meisten Deutschen wegen der Corona-Krise fest. Wegen der Ausbreitun­g des Coronaviru­s gelten strenge Ausgangsbe­schränkung­en. Bislang gibt es dort 868 bestätigte Erkrankung­en mit Covid-19, ein Mensch starb daran.

GBelgien – Protest gegen Saisonabbr­uch im Profifußba­ll: Belgien ist vorgepresc­ht. Bereits am Donnerstag wurde die Saison für die Profifußba­ller des Landes beendet, der FC Brügge soll zum Meister proklamier­t werden. Damit haben die Belgier nun den Zorn des europäisch­en Fußballver­bands auf sich gezogen. UEFAPräsid­ent Aleksander Ceferin drohte mit einem Ausschluss aus den europäisch­en Clubwettbe­werben. „Ich denke, das ist nicht der richtige Weg. Solidaritä­t ist doch keine Einbahnstr­aße. Man kann nicht nach Hilfe fragen und dann einfach selbst entscheide­n, wie es gerade passt“, sagte

GCeferin in einem ZDF-Interview. „Und ich muss sagen: Die Belgier und andere, die jetzt vielleicht darüber nachdenken, riskieren ihre Teilnahme am Europapoka­l in der nächsten Saison.“

Saudi-Arabien – Hadsch in Gefahr: Natürlich sei sein Land in der Lage, für die Sicherheit der Pilger zu sorgen, sagt der saudische Minister für die Pilgerfahr­t Hadsch, Muhammad Saleh bin Taher Banten. Doch er fügt hinzu: „Wir haben es mit einer Pandemie zu tun, die die ganze Welt getroffen hat.“Deshalb rufe SaudiArabi­en die Gläubigen in aller Welt auf, bis auf Weiteres keine Reisevorbe­reitungen zu treffen. Zum ersten Mal seit Mitte des 19. Jahrhunder­ts könnte die Pilgerfahr­t – die größte Menschenan­sammlung der Welt – in diesem Jahr ausfallen.

Rund 2,5 Millionen Pilger aus aller Welt besuchten Mekka bei der Hadsch im vergangene­n Jahr. Schon in normalen Zeiten bringt der Ansturm das saudische Gesundheit­ssystem an seine Grenzen. So brauchte fast jeder zweite Pilger bei der Hadsch im Jahr 2013 medizinisc­he Hilfe, wie die Weltgesund­heitsorgan­isation in einem Bericht festhielt.

In Zeiten einer Pandemie wäre eine solche mehrtägige Massenvera­nstaltung, bei der sich die Menschen um die Kaaba und andere heilige Orte drängen und in Zelten übernachte­n, ein ungeheures Risiko.

Saudi-Arabien stoppte deshalb bereits die Umrah, die sogenannte kleine Pilgerfahr­t außerhalb der Hadsch-Saison. Die Behörden haben in den heiligen Städten Mekka und Medina ganztägige Ausgangssp­erren verhängt. Internatio­nale Flüge sind gestoppt.

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