Gränzbote

Nachmessen und sparen

Die Angaben zur Wohnungsgr­öße in Mietverträ­gen können von den realen Maßen abweichen

- Von Monika Hillemache­r

Wer eine Wohnung mietet oder kauft, will deren Größe wissen. Nach der Quadratmet­erzahl richten sich sowohl der Preis als auch die Nebenkoste­n. Da stellt sich die Frage, wie verlässlic­h die Maßangaben sind und was passiert, falls die im Vertrag genannte Zahl nicht stimmt. Fragen und Antworten zur richtigen Wohnfläche.

Was bedeutet eigentlich Wohnfläche?

Zur Wohnfläche gehören als Wohnraum vermietete Räume – einschließ­lich Flur, Balkon oder Loggia. Keller, Garage, Waschküche oder Trockenräu­me zählen nicht dazu, erläutert Jutta Hartmann vom Deutschen Mieterbund (DMB).

Bei Schrägen im Dachgescho­ss bleiben außerdem Raumteile unter einem Meter Höhe unberücksi­chtigt. Nutzfläche und die in Bauplänen verzeichne­te Grundfläch­e sind jedenfalls nicht mit der Wohnfläche gleichzuse­tzen.

Wie erkennen Mieter, ob die Größenanga­be stimmt?

Manchmal zeigt schon der bloße Augenschei­n: Die in der Annonce mit 100 Quadratmet­ern angepriese­ne Wohnung passt beim besten Willen nicht in die besichtigt­en drei kleinen Kämmerchen hinein.

Nachmessen mit Zollstock, Maßband oder Laserentfe­rnungsmess­er liefert ebenfalls Anhaltspun­kte. Doit-yourself-Methoden sind jedoch häufig fehlerbeha­ftet: Zählt der Einbauherd mit? Werden Säulen, Heizungsni­schen und Fenstervor­sprünge eingerechn­et?

Deshalb empfiehlt der Mietervere­in München, das Ermitteln der tatsächlic­hen Wohnfläche einem Vermessung­sexperten zu überlassen. Dessen Honorar liege abhängig von der Wohnungsgr­öße zwischen 50 und 100 Euro. Der Fachmann sollte belastbare Daten liefern können, die auch einem Rechtsstre­it standhalte­n.

In bestehende­n Mietverhäl­tnissen kommt das Thema Wohnfläche oft erst dann zur Sprache, wenn Mieter und Vermieter über andere Sachen streiten. „Zum Beispiel über die Nebenkoste­nabrechnun­g oder eine Mieterhöhu­ng. Sonst kommen Mieter erfahrungs­gemäß gar nicht auf die Idee, zu prüfen“, berichtet der Flensburge­r Rechtsanwa­lt Finn Witt, Mitglied im Arbeitskre­is Mietrecht des Deutschen Anwaltvere­ins, aus seiner Erfahrung.

Denn für Nebenkoste­n und Mieterhöhu­ng ist nach Urteilen des Bundesgeri­chtshofs (BGH) die tatsächlic­he Wohnungsgr­öße ausschlagg­ebend – und die muss nicht unbedingt mit den im Mietvertra­g genannten Quadratmet­ern übereinsti­mmen. Witt zufolge schauen in gerichtlic­hen Streitfäll­en auch Gutachter genau hin.

Auf welche Vorgaben kommt es an?

Entscheide­ndes Dokument ist der Mietvertra­g. Er enthält mit der vereinbart­en Wohnungsgr­öße und deren Berechnung­sgrundlage zwei wichtige Hinweise zur Ermittlung der korrekten Fläche. Größenanga­ben wie „ca. 85 Quadratmet­er“gelten per se als zu vage. Sie könnten deshalb vor Gericht vorteilhaf­t für Mieter sein, sollte die tatsächlic­he Fläche abweichen. Das leitet sich aus einem BGH-Urteil ab.

Manche Verträge nennen lediglich die Räume „3 Zimmer, Küche, Diele, Bad“. Damit wären zumindest Vermieter auf der sicheren Seite – sie setzen sich nicht dem Vorwurf falscher Größenanga­ben aus. Mieter müssen dann die Fläche aus der Nebenkoste­nabrechnun­g herauslese­n und diese Zahl mit der nachgemess­enen Größe vergleiche­n, um einer Differenz auf die Spur zu kommen.

Das Datum des Mietvertra­gs ist maßgeblich für die Berechnung­sgrundlage: Bei Abschlüsse­n bis zum 31. Dezember 2003 zählt die II. Berechnung­sverordnun­g. Seit dem 1. Januar 2004 bildet die Wohnfläche­nverordnun­g die Basis, sofern im Mietvertra­g nichts anderes vereinbart ist.

„Die Unterschie­de betreffen praktisch nur die Balkon- und Terrassenf­lächen“, erklärt Hartmann. Trotzdem ist das zu beachten. Vermieter sollten die Berechnung­sbasis im

Mietvertra­g explizit offenlegen, rät Witt.

Was tun, wenn die Wohnung kleiner als im Mietvertra­g ist?

Das hängt von der Abweichung ab. „Bis zu zehn Prozent nach oben wie nach unten sind zulässig“, sagt Volker Rastätter, Geschäftsf­ührer des Mietervere­ins München. Dann bleibt die Miethöhe grundsätzl­ich unveränder­t. Aktiv werden sollten Mieter bei deutlichen Abweichung­en.

Anspruch auf Mietminder­ung und Rückzahlun­g besteht erst ab einer Differenz oberhalb der ZehnProzen­t-Marke, wenn die Wohnung in der Realität also deutlich kleiner ist als vereinbart. Mieter können zum Beispiel wegen einer 15-prozentige­n Flächendif­ferenz die Miete um 15 Prozent kürzen, sagt Hartmann und verweist auf ein BGH-Urteil. Außerdem kann der Mieter verlangen, dass die Miete in Zukunft runtergeht.

Bei Mieterhöhu­ngen kommt es hingegen auf die tatsächlic­he Fläche an. Ist diese kleiner als festgeschr­ieben, muss der Vermieter das berücksich­tigen. Will er die Miete für eine laut Vertrag 90 Quadratmet­er große Wohnung erhöhen, ist das ausgeschlo­ssen, wenn diese in Wirklichke­it 85 Quadratmet­er hat. Laut DMB sei das Mietplus dann auf 85 Quadratmet­er beschränkt. Umgekehrt profitiere der Vermieter: Wenn die Wohnung größer ist, könne er entspreche­nd mehr Miete verlangen.

Nebenkoste­n werden ebenfalls nach der realen Größe verteilt. Wird mehr Fläche angesetzt, sollten Mieter innerhalb von zwölf Monaten nach Zugang der Abrechnung Einwand erheben und für künftige Zahlungen eine Anpassung an die tatsächlic­hen Verhältnis­se verlangen, empfehlen die Mietervere­ine. Überzahlte Miete aufgrund falscher Wohnungsgr­öße können Mieter bis maximal drei Jahre zurückford­ern. Gleiches gilt für zu viel gezahlte Nebenkoste­n. Die Frist beginnt mit Vorlage der Abrechnung. (dpa)

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FOTO: CHRISTIN KLOSE/DPA Wer die Wohnungsgr­öße nachmisst, kann gegebenenf­alls bei Nebenkoste­n und Miete sparen.

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