Donaustollen: Ein Tropfen in den leeren Fluss
Der Stollen bei Immendingen ist zu selten in Betrieb, um der Donau in Tuttlingen effektiv Wasser zuzuleiten
TUTTLINGEN - Bis 2021 soll der Pegel der Donau bei Tuttlingen um einen Meter abgesenkt werden. Die Momente, in denen der Fluss nur wenig Wasser führt, werden häufiger werden. Der seit Beginn der 1960er-Jahre gebaute Stollen, der die Versickerungsstelle bei Immendingen umgeht und bei Möhringen Wasser in die Donau leitet, kann anscheinend nicht die Lösung des Problems sein.
„Acht bis zehn Mal im Jahr ist der Stollen nur im Betrieb“, erklärt Michael Koch vom Regierungspräsidium Freiburg. An den anderen Tagen würde einfach zu wenig Wasser in Immendingen ankommen, als dass noch etwas an der Donauversickerung vorbei bis nach Möhringen durchgeleitet werden dürfte. Diese
Hoffnung hatte Reiner Raichle aus Tuttlingen in einem Leserbrief geäußert: „Zur Verbesserung des Wasserstands der Donau im Bereich Tuttlingen wurde vor Jahrzehnten ein aufwändiger Stollen zur Umgehung der Donauversickerung gebaut.“
Allerdings ist der Betrieb des Stollens auch an Bedingungen geknüpft. Die Durchflussgeschwindigkeit am „Pegel Kirchen-Hausen“muss mindestens drei Kubikmeter pro Sekunde betragen. Dann dürfte Wasser in den Stollen geleitet werden. Allerdings darf durch den Abfluss die Donau im weiteren natürlichen Verlauf nicht trocken gelegt werden. Rund 0,15 Kubikmeter Wasser pro Sekunde sind in der Donau genauso verpflichtend für den Stollenbetrieb wie die Einspeisung in den Aach-Topf. Dort müssen mindestens 1,3 Kubikmeter pro Sekunde ankommen.
Sind diese Vorgaben erfüllt, dann fließt Wasser durch den Stollen. Von Juni bis September können es 1,6 Kubikmeter pro Sekunde sein, im Mai und Oktober 0,9 Kubikmeter pro Sekunde. Von November bis April ist die Durchleitung nicht erlaubt. „Wenn der Tunnel anspringt, dann hat die Donau schon eine andere Qualität“, sagt Koch und meint, dass der Wasser-Zufluss dann schon sichtbar ist. „Aktuell fließen in Tuttlingen nach der Elta-Mündung in der Donau rund 300 bis 400 Liter pro Sekunde. Das sind 0,3 bis 0,4 Kubikmeter“, rechnet Koch vor.
Eine dauerhafte Verbesserung des Donau-Pegels in Tuttlingen durch das zugeleitete Wasser wird es nicht geben. Bereits oberhalb des Stollens versickert so viel Flüssigkeit, dass nur wenig Wasser zur Umleitung am Stollen ankommt. „Eine intensive Debatte über eine verstärkte Nutzung des Stollens wurde 2006 zwischen Regierungspräsidium, Landratsamt und Stadt Tuttlingen geführt. Bereits damals musste mitgeteilt werden, dass gerade in den Zeiten, in denen Tuttlingen mehr Wasser von oberhalb bräuchte – also in Niedrigwasserzeiten – keine Möglichkeit besteht, da die festgelegten Stellgrößen dies nicht erlauben“, schreibt Julia Hager, Pressesprecherin des Landkreises, auf Nachfrage unserer Zeitung. Die Entwicklung, dass am Stolleneingang kein Wasser zur Verfügung stehe, habe in den vergangenen Jahren zugenommen.
Eigentlich hatte man den Stollen zu Beginn der 1960er-Jahre zu einem anderen Zweck zu bauen begonnen. Damit sollte die schlechte Wassergüte der Donau wegen der Einleitung von Abwasser gehoben werden. Laut Koch sei dies eine größere Investition gewesen. Zwischen 1962 und 1984 wurden 4,2 Millionen DM ausgegeben.