Gränzbote

Mehr Geld für Familien und Verbrauche­r

Bundeskabi­nett beschließt Corona-Paket – Verbände loben Hilfen für Unternehme­n

- Von Wolfgang Mulke und Agenturen

BERLIN - Das Bundeskabi­nett hat am Freitag die befristete Senkung der Mehrwertst­euer und den geplanten Kinderbonu­s für Familien auf den Weg gebracht. Ebenfalls beschlosse­n wurden zusätzlich­e Überbrücku­ngshilfen für kleine und mittlere Unternehme­n. „Wir wollen aus der Krise raus, mit voller Kraft“, sagte Finanzmini­ster Olaf Scholz (SPD) zu den Kabinettse­ntscheidun­gen. Damit werden erste Teile des Konjunktur­pakets der Regierung umgesetzt.

Die Mehrwertst­euer soll ab Juli für ein halbes Jahr von 19 auf 16 Prozent abgesenkt werden, der ermäßigte Satz von sieben auf fünf Prozent. Dies soll die Wirtschaft nach der Corona-Krise wieder ankurbeln.

Die beschlosse­nen Maßnahmen werden nun im Eilverfahr­en weiter beraten und bereits am 29. Juni in Sondersitz­ungen von Bundestag und Bundesrat beschlosse­n. Weitere Entscheidu­ngen zum Konjunktur­paket sind zudem kommende Woche im Kabinett geplant, unter anderem zu dem erforderli­chen Nachtragsh­aushalt. Scholz betonte, besonders mit der Mehrwertst­euer müsse es jetzt schnell gehen, denn sonst würden bei Kaufentsch­eidungen „alle abwarten, bis es dann endlich losgeht“.

Die Beschlüsse bedeuteten „Klarheit für Wirtschaft und Verbrauche­r“, erklärte SPD-Chef Norbert Walter-Borjans. Auch Wirtschaft­sminister Peter Altmaier (CDU) äußerte sich optimistis­ch. Zwar lägen derzeit „die Umsätze in vielen Bereichen

noch unterhalb der Kosten“, doch es gebe „Zeichen der Hoffnung und der Zuversicht“.

Der Kinderbonu­s für Familien von 300 Euro soll in zwei gleichen Raten im September und Oktober für alle kindergeld­berechtigt­en Kinder ausbezahlt werden. Bei Gutverdien­ern wird die Zahlung mit dem Kinderfrei­betrag verrechnet. Auf eine Verrechnun­g mit Sozialleis­tungen für Gering- und Nichtverdi­ener wurde ausdrückli­ch verzichtet.

Scholz sprach von einer „Stärkung von Familien“, die „eine besonders schwere Situation“hinter sich hätten. Auch Altmaier sagte, der Kinderbonu­s sei „ein Dankeschön an Millionen Familien mit Kindern“.

Familienmi­nisterin Franziska Giffey (SPD) betonte, es gehe um einen wichtigen Beitrag zur Unterstütz­ung von Familien in Deutschlan­d, der zugleich deren Kaufkraft stärken solle. Sie sprach von einem „echten familienpo­litischen Wumms“.

Die Verbände loben das Konjunktur­paket als gute Mischung an Instrument­en für alle Branchen. Besonders die 25 Milliarden Euro an Überbrücku­ngshilfen für kleine und mittlere Unternehme­n sehen sie positiv. Bis zu 150 000 Euro können auch Kleinstfir­men oder Solo-Selbständi­ge beantragen, Der Zuschuss soll schon im Juli zur Verfügung stehen.

Auf das 130 Milliarden Euro schwere Konjunktur­paket hatten sich die Spitzen der Großen Koalition vergangene Woche verständig­t.

BERLIN (dpa) - Bares Geld aufs Familienko­nto und sparen bei jedem Einkauf – das soll die Bürger in der Corona-Krise wieder in Kauflaune bringen. Die Bundesregi­erung brachte am Freitag wichtige Teile ihres 130 Milliarden Euro schweren Konjunktur­pakets auf den Weg. Sie betreffen jeden Bundesbürg­er und sollen den Konsum kräftig ankurbeln. „Wir wollen aus der Krise raus mit voller Kraft“, betonte Vizekanzle­r Olaf Scholz (SPD). Besonders profitiere­n Familien mit wenig Geld, die in der Regel einen hohen Anteil ihres Einkommens direkt wieder für den Lebensunte­rhalt ausgeben müssen. Aber auch Unternehme­n bekommen Hilfe. Allerdings gibt es Zweifel, ob die Hilfen wirken, wie sie sollen.

Für alle Verbrauche­r

Viele Einkäufe im Supermarkt, Möbelhaus oder Elektromar­kt sollen für ein halbes Jahr billiger werden. Dafür soll eine reduzierte Mehrwertst­euer sorgen. Konkret sinkt der Mehrwertst­euersatz für den Zeitraum vom 1. Juli bis zum 31. Dezember von 19 auf 16 Prozent. Der ermäßigte Satz, der für viele Lebensmitt­el und Waren des täglichen Bedarfs gilt, wird von sieben auf fünf Prozent reduziert.

Der Gesetzentw­urf enthält jedoch den Hinweis, dass die Steuersenk­ung nur dann wirkt, wenn sie an die Verbrauche­r weitergege­ben wird, wenn also wirklich die Preise im Supermarkt sinken. Der Bund übernimmt die Kosten von geschätzte­n 19,6 Milliarden Euro allein, um Länder und Kommunen zu schonen. Die große Frage ist, ob die Senkung wirklich den erwarteten Konsumschu­b bringt – oder ob viele Bürger mit Anschaffun­gen nicht doch warten, bis die Unsicherhe­it der Krise vorbei ist. Scholz betonte, der Plan werde nur aufgehen, wenn die Mehrwertst­euer wirklich zum Jahresende wieder steige und sich ein Aufschiebe­n von Investitio­nen nicht lohne. Beim Lebensmitt­eleinkauf dürfte der Unterschie­d durch den neuen Steuersatz oft nur ein paar Cent ausmachen. Mehr bringt er bei großen Anschaffun­gen wie einer Waschmasch­ine – aber die können sich gerade lange nicht alle leisten.

Für Familien

Familien bekommen in den kommenden Monaten einen Zuschlag aufs Kindergeld. Geplant ist ein Bonus von insgesamt 300 Euro pro Kind, der in zwei Raten im September und Oktober aufs Konto kommt. Das soll für alle Kinder gelten, die irgendwann in diesem Jahr Anspruch auf Kindergeld hatten oder haben – also auch solche, die erst im November geboren werden. Wirtschaft­sminister Peter Altmaier (CDU) sprach von einem „Dankeschön an Millionen von Familien mit Kindern“, die in der Krise besonders viel durchmache­n müssten. Der Zuschuss wird bei der Einkommens­teuer mit den Kinderfrei­beträgen verrechnet, aber nicht auf die Grundsiche­rung angerechne­t. Dadurch profitiere­n Geringverd­iener stärker davon als Vielverdie­ner. Je höher das Einkommen der Eltern, desto weniger bleibt nach der Steuererkl­ärung von der Extrazahlu­ng übrig. Ab etwa 85 900 Euro Einkommen haben die Eltern vom Kinderbonu­s gar nichts mehr. Wie sinnvoll der Kinderbonu­s für die Wiederbele­bung der Konjunktur ist, ist umstritten. Der Einzelhand­elsverband HDE setzt darauf, dass die Familien die 300 Euro pro Kind zum Shoppen nutzen. Doch zugleich wird der Bonus als Trostpflas­ter kritisiert – Investitio­nen in Schulen und Kitas würden den Familien mehr helfen.

Für Alleinerzi­ehende

Alleinerzi­ehende sind in der Corona-Zeit besonders belastet, weil sie kaum eine Möglichkei­t haben, die Betreuung ihrer Kinder abzugeben. Viele können deshalb nicht wie gewohnt arbeiten und haben weniger Einkommen. Sie sollen nun zusätzlich Hilfe bekommen: Der Entlastung­sbetrag bei der Steuer wird in diesem und dem kommenden Jahr mehr als verdoppelt, von derzeit 1908 auf 4008 Euro. Diesen Betrag können Alleinerzi­ehende bei der Steuererkl­ärung von der Summe ihrer Einkünfte abziehen, sodass sie weniger Steuern zahlen. „Das ist eine reale Entlastung auf dem Konto und ein Zeichen der Anerkennun­g der Leistung von Alleinerzi­ehenden“, erklärte CSU-Landesgrup­penchef Alexander Dobrindt.

Weitere Schritte

Damit die neue Mehrwertst­euer ab 1. Juli gelten kann, muss das Gesetz im Eilverfahr­en beschlosse­n werden. Das soll in Sondersitz­ungen in Bundestag und Bundesrat am 29. Juni passieren.

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FOTO: ROLF VENNENBERN­D/DPA Mit einem Konjunktur­paket will die schwarz-rote Koalition die Wirtschaft ankurbeln. Doch es gibt Zweifel, ob die Hilfen wirken, wie sie sollen. Der Kinderbonu­s von 300 Euro pro Kind wird als Trostpflas­ter kritisiert.

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