Gränzbote

Wolbergs wegen Bestechlic­hkeit verurteilt

Regensburg­s ehemaliger OB erhält Bewährungs­strafe – Beendet ist das Thema nicht

- Von Cordula Dieckmann und Ute Wessels

REGENSBURG (lby) - Verurteilt wegen Bestechlic­hkeit – nach Überzeugun­g der Strafkamme­r des Landgerich­tes Regensburg hat sich der frühere Oberbürger­meister Joachim Wolbergs mit Parteispen­den eines Bauunterne­hmers kaufen lassen. Von sämtlichen weiteren Korruption­svorwürfen sprach der Vorsitzend­e Richter Georg Kimmerl den Kommunalpo­litiker am Mittwoch frei. Rechtswidr­ige Diensthand­lungen stellte die Kammer nicht fest. Wolbergs verließ das Gericht schweigend. Sein Verteidige­r Peter Witting kündigte an, in Revision gehen zu wollen. Das Urteil sei „niederschm­etternd“, sagte er.

Das Verfahren gegen Wolbergs lief seit Oktober 2019. In einem ersten Korruption­sprozess war er im Juli 2019 wegen zwei Fällen der Vorteilsna­hme verurteilt und von sämtlichen weiteren Vorwürfen freigespro­chen worden. Von einer Strafe hatte das Gericht abgesehen.

Der Bauunterne­hmer in dem nun verurteilt­en Fall hatte im Vorfeld des Prozesses einen Strafbefeh­l akzeptiert. Konkret ging es um Spenden in Höhe von 75 000 Euro, die der Unternehme­r dem SPD-Ortsverein zahlte – und zwar in den Jahren 2015 und 2016, also nach der Kommunalwa­hl 2014. Dabei sei für Wolbergs erkennbar gewesen, dass der Unternehme­r Einfluss im Zusammenha­ng mit einem

Bauprojekt habe nehmen wollen. Der Vorsitzend­e Richter sah bei Wolbergs eine „unzulässig­e Ermessensb­eeinflussu­ng“. Der damalige OB habe sich zeitnah zu den Spenden bei der Stadtverwa­ltung für die Umsetzung des fraglichen Bauprojekt­es eingesetzt. Es war vor allem aus Gründen des Umweltschu­tzes seit Jahren strittig.

Wolbergs habe bei dem Einwerben dieser Spenden „indirekt ein eigennützi­ges Motiv verfolgt“, führte der Vorsitzend­e Richter aus. Denn: Wolbergs hatte im Wahlkampf gemeinsam mit seiner Ehefrau ein privates Darlehen für den SPD-Ortsverein in sechsstell­iger Höhe aufgenomme­n, das der Ortsverein in monatliche­n Raten zurückzahl­en sollte. Doch dann trennte sich das Paar im Herbst 2015, Wolbergs musste Unterhalt zahlen und sich eine Wohnung mieten. Finanziell sei er deshalb unter Druck geraten. Die Rückzahlun­g des Darlehens durch den Ortsverein sei umso dringliche­r gewesen, befand der Richter.

Zugunsten des Kommunalpo­litikers wertete das Gericht, dass er nicht vorbestraf­t ist, die Taten lange zurücklieg­en und sich das Verfahren sehr lange hingezogen hat. Auch Teile der Medienberi­chterstatt­ung seien für Wolbergs und dessen Familie schädigend gewesen. 2017 saß Wolbergs sechs Wochen in Untersuchu­ngshaft und wurde von seinem Amt als OB suspendier­t – mit erhebliche­n finanziell­en Folgen, so der Richter. Sollte das Urteil rechtskräf­tig werden, könnte Wolbergs zudem seine Versorgung­sbezüge als Beamter verlieren.

Der in diesem Prozess mitangekla­gte Bauunterne­hmer wurde wegen Bestechung im Zusammenha­ng mit einem anderen Bauprojekt zu einer Geldstrafe verurteilt und ebenfalls von weiteren Vorwürfen freigespro­chen. Hierbei ging die Kammer davon aus, dass sich Wolbergs im Zusammenha­ng mit diesem Vorhaben nicht von den Spenden habe beeinfluss­en lassen. Es sei ihm – wie bei anderen Bauprojekt­en dieser Firma auch – um weitere Arbeitsplä­tze und die Entwicklun­g der Stadt gegangen. Das habe die Beweisaufn­ahme ergeben.

Trotz des Urteils darf Wolbergs seinen Sitz im neu gewählten Stadtrat behalten. Die Fähigkeit, öffentlich­e Ämter zu bekleiden, erkannte ihm das Gericht nicht ab.

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FOTO: ARMIN WEIGEL/DPA Joachim Wolbergs vor der Urteilsver­kündung.

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