Gränzbote

Lange Krankheit finanziell absichern

Ausfall im Job bedeutet Einkommens­einbußen – Wie lässt sich Krankengel­d aufstocken?

-

Von Annette Jäger und Fritz Himmel

SCHONDORF - Bei langer Krankheit tun sich schnell Finanzlück­en auf. Gelder von Kasse und Staat reichen nicht immer, um sie zu schließen. Selbststän­dige stehen oft ohne Absicherun­g da. Wahltarif, Krankentag­egeld und Berufsunfä­higkeitsve­rsicherung heißen die Optionen.

Risiko: Arbeitnehm­er, die wegen Krankheit länger als sechs Wochen nicht arbeiten können, müssen Einkommens­einbußen hinnehmen. Denn das Krankengel­d der gesetzlich­en Krankenkas­se, das dann greift, beträgt nur 70 Prozent des Bruttogeha­lts. Davor sind sie durch Lohnfortza­hlung des Arbeitgebe­rs abgesicher­t. Noch vehementer werden die Einschnitt­e, wenn die Erkrankung in eine Berufsunfä­higkeit mündet. Selbststän­dige sind oft besonders betroffen, sie haben gar keine automatisc­he finanziell­e Absicherun­g.

Krankengel­d: Ab der siebten Krankheits­woche zahlt die Krankenkas­se pflichtver­sicherten Arbeitnehm­ern bis zu 72 Wochen lang Krankengel­d. Selbststän­dige, die sich freiwillig gesetzlich versichern und den allgemeine­n Beitragssa­tz von 14,6 Prozent bezahlen, können es ebenfalls erhalten. „Wer nur den ermäßigten Beitragssa­tz bezahlt, hat gar keine finanziell­e Absicherun­g im Krankheits­fall“, betont Peter Grieble, Versicheru­ngsexperte bei der Verbrauche­rzentale Baden-Württember­g. Allerdings kann das Krankengel­d zu wenig sein, um laufende Kosten zu decken. Das betrifft vor allem Gutverdien­er. Denn das Krankengel­d ist durch die Beitragsbe­messungsgr­enze gedeckelt, die im Jahr 2020 bei 4687,50 Euro im Monat liegt – davon erhalten sie nur 70 Prozent.

Wahltarife: Die Krankenkas­sen bieten Wahltarife an, um das Krankengel­d zu ergänzen oder aufzustock­en. „Hier gilt eine Bindungsfr­ist von drei Jahren“, warnt Grieble. Während

dieser Frist können Versichert­e nicht die Kasse wechseln. Vorteile gibt es auch: „Es gibt keine Gesundheit­sprüfung, die Tarife eigenen sich somit für Ältere oder Versichert­e mit chronische­n Erkrankung­en.“Viele Tarife richten sich an Selbststän­dige, damit sie den Einkommens­ausfall zwischen dem 22. und 42. Krankheits­tag ausgleiche­n können, bis das Krankengel­d fließt.

Krankentag­egeld: Krankentag­egeldversi­cherungen der privaten Krankenver­sicherer sind meist flexibler als Wahltarife. Kassenvers­icherte können sie als Zusatzvers­icherung abschließe­n. Hier wird ein Tagegeld ausbezahlt – je früher dies erfolgt und je höher es ist, desto teurer sind die Beiträge. Für eine Auszahlung ab dem 22. Krankheits­tag betragen sie zum Teil mehr als das Doppelte als für eine ab dem 43. Tag. Gerade bei Selbststän­digen empfiehlt sich eine Staffelung des Leistungsb­eginns: In den ersten Krankheits­wochen gibt es ein niedrigere­s Tagegeld, später, bei andauernde­r Krankheit, ein höheres. Für 100 Euro Tagegeld ab dem 43. Tag muss ein 35 Jahre alter Versicheru­ngsnehmer je nach Unternehme­n mit etwa 30 bis 60 Euro Beitrag im Monat rechnen.

Berufsunfä­higkeitsve­rsicherung (BU): Mündet die Krankheit in eine Berufsunfä­higkeit, endet die Zahlung des Krankengel­ds. Dann sollte man mit einer BU vorgesorgt haben. Denn die Durchschni­ttsrente, die ein nach 1961 geborener Arbeitnehm­er vom Staat bei voller Erwerbsunf­ähigkeit erhält, beträgt gerade mal rund 800 Euro im Monat. Grieble rät, bei der Kalkulatio­n der Rentenhöhe der BU die staatliche Leistung außen vor zu lassen. „Die erhält man nur, wenn man kaum noch arbeiten kann.“Eine umfassende Absicherun­g benötigt man aber schon früher. Eine BU zahlt bereits ab 50 Prozent Einschränk­ung. „Die Absicherun­gshöhe ist individuel­l unterschie­dlich, oft ist Klotzen besser als Kleckern, mit wenigen Hundert Euro im Monat als BU-Rente kommt man regelmäßig nicht weit“, so der Versicheru­ngsexperte.

 ?? FOTO: AXA KONZERN AG ?? Wer länger als sechs Wochen wegen Krankheit ausfällt, muss mit finanziell­en Einbußen rechnen.
FOTO: AXA KONZERN AG Wer länger als sechs Wochen wegen Krankheit ausfällt, muss mit finanziell­en Einbußen rechnen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany