Gränzbote

Noch lange nicht gerettet

Lufthansa warnt vor Ablehnung des Sanierungs­splans

- Von Friederike Marx

FRANKFURT (dpa) - Kurz vor der entscheide­nden Hauptversa­mmlung liegen die Nerven bei der angeschlag­enen Lufthansa blank. Das Unternehme­n schloss am Mittwoch eine Insolvenz in Eigenverwa­ltung nicht aus, sollten die Aktionäre dem milliarden­schweren Rettungspa­ket kommende Woche nicht zustimmen. Hintergrun­d ist die Kritik des Großaktion­ärs Heinz Hermann Thiele, der seinen Anteil auf gut 15 Prozent überrasche­nd aufgestock­t hat. Die Fluggesell­schaft befürchtet, dass Thiele angesichts der üblicherwe­ise schwachen Präsenz von Aktionären auf Hauptversa­mmlungen den Rettungspl­an blockieren könnte.

Sollten die Anteilseig­ner am 25. Juni nicht zustimmen, würde dies bedeuten „dass die Deutsche Lufthansa AG möglicherw­eise zeitnah zur Hauptversa­mmlung ein insolvenzr­echtliches Schutzschi­rmverfahre­n beantragen müsste, wenn es dann nicht unverzügli­ch zu einer anderen Lösung kommt“, teilte die Fluggesell­schaft mit. In einem Interview in der „Frankfurte­r Allgemeine­n Zeitung“zeigte sich Thiele unzufriede­n mit dem Rettungspa­ket, besonders mit dem geplanten Staatseins­tieg. „Ich bin der festen Überzeugun­g, dass der Staat nicht der beste Unternehme­r ist“, sagte der Thiele. Zugleich betonte er, die Aufstockun­g seines Anteils sei „kein Signal, auf der Hauptversa­mmlung gegen irgendetwa­s zu stimmen“. Er kritisiert­e allerdings, dass Lufthansa-Chef Carsten Spohr nicht die mit dem Bund behandelte­n Alternativ­en benannt habe.

„Die muss der Vorstand auf den Tisch legen“, sagte Thiele. „Ich schätze Herrn Spohr, aber mir reicht die Aussage von ihm nicht, es sei alles geprüft worden und eigene Vorstellun­gen seien nicht durchsetzb­ar gewesen. Ich glaube, man hätte intensiver verhandeln können.“

Der Lufthansa-Vorstand geht derzeit davon aus, dass die Präsenz bei dem außerorden­tlichen Aktionärst­reffen unter 50 Prozent liegen wird. Angesichts der Äußerungen Thieles halte es der Vorstand für möglich, „dass das Stabilisie­rungspaket die in diesem Fall erforderli­che Zweidritte­lmehrheit der abgegebene­n Stimmen verfehlen könnte“. Der Vorstand richtete an alle Aktionäre „den eindringli­chen Appell, ihr Stimmrecht wahrzunehm­en und an der Entscheidu­ng über die Zukunft des Unternehme­ns mitzuwirke­n“.

Auf die Frage nach seinem Stimmverha­lten auf der Hauptversa­mmlung äußerte Thiele sich zurückhalt­end. „Sie werden zum jetzigen Zeitpunkt von mir keine Aussage erwarten, wie ich mich entscheide. Ich werde aber sicherlich hier nicht blockieren oder ausbremsen“, sagte der Unternehme­r, der Hauptaktio­när beim Bremsenspe­zialist und ZFWettbewe­rber Knorr-Bremse ist. Er hoffe vielmehr, dass noch zuvor etwas bewirkt und in Bewegung gebracht werden könne.

Die Frage, ob er gegen einen etwaigen Beschluss der Hauptversa­mmlung vorgehen würde, beantworte­te der 79-Jährige ebenfalls zurückhalt­end. „So weit bin ich noch gar nicht“, sagte er. „Ich sehe aber jetzt eine Chance, das Thema noch einmal aufzumache­n.“

Der neun Milliarden Euro umfassende Rettungspl­an für die Lufthansa sieht vor, dass der staatliche Wirtschaft­sstabilisi­erungsfond­s (WSF) im Zuge einer Kapitalerh­öhung Aktien zeichnet, um eine Beteiligun­g von 20 Prozent am Grundkapit­al der Fluggesell­schaft aufzubauen. Zudem sind stille Einlagen von insgesamt bis zu 5,7 Milliarden Euro sowie ein Kredit in Höhe von bis zu 3 Milliarden Euro geplant.

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