Mehr Tatverdächtige und Opfer im Missbrauchsfall Münster
Die Ermittler stehen vor einer schier unfassbaren Datenmenge
DÜSSELDORF (dpa) - Der Kindesmissbrauchsfall Münster nimmt noch größere Ausmaße an. Die Zahl der Tatverdächtigen und Opfer hat sich erhöht. Inzwischen gebe es 18 Verdächtige und sechs identifizierte Opfer im Kindesalter, teilte der nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Reul (CDU) am Mittwoch im Innenausschuss des Landtags mit. Sieben Verdächtige säßen nach wie vor in Untersuchungshaft. Zunächst waren drei Opfer im Alter zwischen fünf und zwölf Jahren ermittelt worden. Hinzu kamen laut Polizei zwei Kinder, deren Väter Anzeige erstattet hätten. Die Anzeigen richteten sich nicht gegen den 27 Jahre alten Hauptverdächtigen, der bereits zweimal wegen des Besitzes von Kinderpornografie vorbestraft ist. Im Fall des sechsten Opfers werde noch ermittelt, sagte ein Sprecher der Polizei.
Die Zahl der Tatverdächtigen in dem erst Anfang Juni öffentlich gewordenen Fall stieg inzwischen um sieben auf 18. Unter ihnen können auch beteiligte Personen sein, denen man zunächst keinen konkreten Missbrauch nachweisen kann. Die Verdächtigen kommen aus mehreren Bundesländern.
Nach Angaben Reuls dauerte es rund eineinhalb Jahre, bis der Missbrauchsfall aufgedeckt werden konnte. Denn die mutmaßlichen Täter hatten mit hoch komplizierten Verschlüsselungstechniken gearbeitet. Erstmals waren Ermittler des
Landeskriminalamts im Oktober 2018 bei der Auswertung kinderpornografischer Dateien in einem Tausch-Netzwerk im Internet dem Fall auf die Spur gekommen.
Die ermittelten IP-Adressen führten zu einem landwirtschaftlichen Betrieb in Coesfeld, wo der Hauptverdächtige als IT-Experte arbeitete. Im Mai 2019 sei dessen Wohnung durchsucht worden. Doch habe es noch Monate gedauert, bis sein sichergestelltes Smartphone und Tablet
entsperrt werden konnten, sagte Reul. Bislang seien 1100 IT-Beweismittel mit einem Speichervolumen von 400 Terabyte erfasst worden. „Das sind Gebirge von Daten“, sagte Reul. „Das entspricht einem Schriftsatz von 2,6 Milliarden DIN A4-Seiten oder 520 000 Aktenschränken.“In der Ermittlungskommission arbeiten laut Reul inzwischen 76 Personen an der Auswertung der Daten. Für die Polizisten seien die psychischen Belastungen enorm.