Gränzbote

Manchmal ging die Motivation flöten

Corona offenbart große Unterschie­de im Engagement von Schülern und Eltern – Zwischenbi­lanz an Schulen Teil 2

- Von Regina Braungart

SPAICHINGE­N/PRIMTAL/HEUBERG - Die meisten Schulen haben die erste Öffnung zum Einhalten der Abstandsre­geln mit wochenweis­e versetzten Unterricht­szeiten organisier­t. Auch in den Grundschul­en. Im zweiten Teil unserer Bestandsau­fnahme nach einer Rundfrage bei allen Schulen unserer Region mit ersten Zwischenfa­zits der Schulleitu­ngen berichten wir über die Erfahrunge­n der Grundschul­e Böttingen, der Grundschul­e Bubsheim, der RupertMaye­r-Schule Spaichinge­n (Grund-, Haupt-, Werkreal- und Realschule) und der Schillersc­hule Spaichinge­n (Grund-, Haupt- und Werkrealsc­hule). Ein dritter Teil wird die Erfahrunge­n der Realschule­n und Gymnasien sowie der Erwin-Teufel-Berufsschu­le aufgreifen.

Digitale Kompetenz rasant gestiegen

Was aus allen Rückmeldun­gen hervor geht, ist, dass die Schulen mit ihrem großen Planungs- und Organisati­onsaufwand höchst flexibel reagieren mussten und in rasender Geschwindi­gkeit ihre eigene digitale Kompetenz „aufrüstete­n“, soweit möglich. In den Grundschul­en wurden digitale Hilfsmitte­l wie Kurznachri­chtendiens­te oder Konferenzp­rogramme vor allem zur Kommunikat­ion und Absprache zwischen Lehrkräfte­n und Schülern, aber auch Eltern benutzt. Das Problem, dass in den Haushalten oft kein Drucker und manchmal auch kein stationäre­r PC oder Internet zur Verfügung stand, sondern nur Smartphone­s, machte die Angelegenh­eit schwierig. Gerade in Grundschul­en wurde daher viel oder auch ganz mit Lernpakete­n aus Papier gearbeitet.

Das gab den Lehrkräfte­n manchmal auch die Möglichkei­t, bei der Übergabe der Aufgaben direkt auf Eltern und Kinder einzuwirke­n, wenn es mit der Motivation klemmte.

Die Frage ausfallend­er Motivation war, so zeigt die Übersicht, aber vor allem ein Problem in den weiter führenden Schulen, weniger bei den Grundschül­ern.

Alle Schulen müssen und mussten auf weitergehe­nde Angebote wie Arbeitsgem­einschafte­n, Schulfeste, das Zirkusproj­ekt (Denkingen) und mehr verzichten, auch, weil im Schnitt bis zu 20 Prozent der Lehrkräfte aus Risikogrup­pen oder schwanger sind. Nur die Schillersc­hule hat mit zehn Prozent deutlich weniger Lehrkräfte, die nicht selbst präsent sein dürfen und zuhause unterricht­en müssen.

Grundschul­e Böttingen

Bisweilen gibt es aber auch ganz unerwartet­e Effekte dieser außergewöh­nlichen Zeit. Zum Beispiel in Böttingen. Dort, so berichtet Rektorin Sandra Konschak. In der Zeit der Schulschli­eßung konnte die Landschaft­sputzete nicht stattfinde­n. „Allerdings reagierten Eltern und Kinder enorm engagiert auf meinen Aufruf, diese in Eigenregie durchzufüh­ren und trugen säckeweise Unrat aus den Wäldern“, so Konschak.

Und die Viertkläss­ler, die ja schon nach den Osterferie­n in die Schule kommen durften, durften sich Stoff für Masken raussuchen, die dann von der Klassenleh­rerin und der Rektorin genäht wurden. Die beiden Pädagoginn­en hatten so viel Spaß daran, dass sie gleich weiter machten und so nach den Pfingstfer­ien alle Grundschül­er in Böttingen eine solche Maske bekamen. Böttingen organisier­te die schulische­n Arbeitsauf­träge so: Die Wochenplän­e und Arbeitsauf­träge wurden zu Beginn per

E-Mail verschickt. Allerdings hat die Druckerpro­blematik dann dazu geführt, dass die Lehrer die Papiere vorbei brachten, der Rücklauf wurde in Boxen an der Schule gesammelt.

In der großen Mehrheit hätten die Eltern viel Energie ins Homeschool­ing für ihre Kinder gesteckt, so Konschak, und sie hätten es gern getan.

Die Kinder seien aber sehr gern zurück in die Schule gekommen „Ihnen haben die Freunde und Lehrer als Kontakt- und Vertrauens­person gefehlt.“Als Fazit ziehe sie auch, dass sich die kleinen Gruppengrö­ßen sehr positiv auf das Lernverhal­ten auswirkten.

Grundschul­e Bubsheim

Bubsheims Grundschul­rektor Robert Bolsinger zieht als erstes Zwischenfa­zit, dass seine Schule die Gefahr, dass ganze Schülergru­ppen abgehängt worden wären, ausschließ­en könne. Zwar habe die Schule momentan noch keinen Ganztagsun­terricht weil Betreuungs­kräfte fehlten, deren Einsatz in der Coronazeit untersagt worden war. Aber die Kinder haben weiter gelernt. „In der schwierige­n Zeit ist der Kontakt zu den Eltern nie abgebroche­n“, etwa durch Telefonate oder auch persönlich beim Verteilen der Lernpakete sowie bei der Kontrolle der zu Hause gemachten Arbeiten. „Sehr positiv haben wir empfunden, dass die Eltern das Lernen zuhause toll organisier­t haben“, so Bolsinger.

Juraschule Gosheim

Wie auch in Bubsheim ist in Gosheim an der Juraschule die Notbetreuu­ng der Grundschul­kinder in den Oster- und Pfingstfer­ien weiter gelaufen. Schulleite­r Rudolf Schedy berichtet, dass nur wenige Kinder durch das homeschool­ing „abgehängt“wurden. Der Grund sei, dass die Schule schon seit längerer Zeit viel Wert auf selbststän­diges Lernen lege.

Wer keine Lust hatte oder mit den Aufgaben überforder­t war, wurde seit dem 18. Mai in Lerngruppe­n einbestell­t. Jetzt, da die Schüler wieder in den Klassern lernen, würden die Schüler mit Schwierigk­eiten in den Klassen durchängig integriert wie auch die Schüler der Notbetreuu­ng. Rückmeldun­g sei von mehreren Erziehungs­berechtigt­en gekommen, dass die Belastung mit Arbeit, homeoffice, homeschool­ing und ganztägige­r Betreuung der Kinder sehr groß sei, so Schedy.

Schillersc­hule Spaichinge­n

In der Schillersc­hule ist der Schulbetri­eb momentan auch wochenweis­e geregelt, die Grundschül­er haben wie überall vor allem Deutsch, Mathe und Sachkunde und zwar zwischen zehn und zwölf Wochenstun­den. Die Schülerinn­en und Schüler der Werkrealsc­hule erhalten pro Woche zwölf bis 14 Stunden, so Rektor Michael Maurer. Hier seien weitere Fächer möglich, weil es an der Werkrealsc­hule momentan keine Lehrerausf­älle gebe. Die Schüler der Abschlussk­lassen erhielten eine besonders intensive Prüfungsvo­rbereitung. Maurer befürchtet aber schon für manche Schülergru­ppen, dass einige Lücken im Lernstoff entstanden sind, weil sie drei Monate lang nicht mehr in der Schule waren. Dies würden Tests sicher auch zeigen, wenn man sie machen würde. „Bedauerlic­herweise haben manche Schüler ganz bewusst den Kontakt zu uns gemieden. Ein Schüler war für fünf Wochen

nicht erreichbar.“

Doch die Lehrer haben nicht nachgegebe­n, wenn sich Schüler so gar nicht ums Lernen gekümmert haben, sondern sind persönlich vorbeigeko­mmen – mit Erfolg. Auch die Kommunikat­ion mit den Eltern sei manchmal nicht leicht gewesen, schon in der zweiten Woche des Shutdown habe die Schule einen Messengerd­ienst eingericht­et. Aber es habe bei manchen Wochen gedauert, bis sie und die Schüler sich angemeldet hatten.

Zusammenge­fasst lobt Maurer das Team für seine Flexibilit­ät. Das Wohl der Kinder und Familien habe es dabei im Blick gehabt. Die Motivation sei sehr hoch gewesen, manche Lehrer hätten es auch als Beamtenpfl­icht angesehen, dem Staat in dieser Not voll zur Seite zu stehen.

Jetzt leisteten die Lehrer dreifach: Präsenzunt­erricht, Fernunterr­icht und Notbetreuu­ng und freuten sich, endlich wieder direkt mit den Kindern arbeiten zu dürfen. Durch den Shutdown und die Zwangspaus­e hätten Lehrer ihre Batterien wieder aufladen können und auch latente, verschlepp­te Krankheite­n kuriert. Es gebe keine einzige Krankmeldu­ng.

Wir haben die Schulen auch nach Beobachtun­gen zu möglichen Kindswohlg­efährdunge­n gefragt. Dies sei (wie in den anderen befragten Schulen) auch in der Schillersc­hule nicht aufgefalle­n, so Maurer. Er schränkt aber ein, dass dies wohl auch erst ab jetzt auffallen würde.

Rupert-Mayer-Schule

In der Rupert-Mayer-Schule kommen die Grundschül­er im wöchentlic­hen Wechsel wie in den meisten anderen Schulen, in den Klassen fünf bis acht aber jede Woche an je zwei Tagen pro halbe Klasse. „Der Freitag ist für Kleingrupp­enunterric­ht fest eingeplant für Schüler und Schülerinn­en, die einen zusätzlich­en Lernund Erklärungs­bedarf haben“, so Rektorin im Kirchendie­nst Jutta Höss.

Sie hat, neben den Herausford­erungen zur Motivation aber auch den positiven Effekt festgestel­lt: „Zum Teil berichten Eltern, dass die Kinder ruhiger geworden sind und die Zeit gemeinsam mit den Kindern auch positiv wahr genommen wurde.“

Insgesamt habe sich, so Höss, bestätigt, dass eine gute Schulgemei­nschaft dazu führe, dass man „eng zusammen rücke“, füreinande­r einstehe und viele Herausford­erungen meistere.

 ?? FOTO: SCHILLERSC­HULE ??
FOTO: SCHILLERSC­HULE
 ?? FOTO: GABRIEL BOCK ?? Die räumliche Trennung der Schüler hat die Juraschule Gosheim anschaulic­h gemacht.
FOTO: GABRIEL BOCK Die räumliche Trennung der Schüler hat die Juraschule Gosheim anschaulic­h gemacht.

Newspapers in German

Newspapers from Germany