Manchmal ging die Motivation flöten
Corona offenbart große Unterschiede im Engagement von Schülern und Eltern – Zwischenbilanz an Schulen Teil 2
SPAICHINGEN/PRIMTAL/HEUBERG - Die meisten Schulen haben die erste Öffnung zum Einhalten der Abstandsregeln mit wochenweise versetzten Unterrichtszeiten organisiert. Auch in den Grundschulen. Im zweiten Teil unserer Bestandsaufnahme nach einer Rundfrage bei allen Schulen unserer Region mit ersten Zwischenfazits der Schulleitungen berichten wir über die Erfahrungen der Grundschule Böttingen, der Grundschule Bubsheim, der RupertMayer-Schule Spaichingen (Grund-, Haupt-, Werkreal- und Realschule) und der Schillerschule Spaichingen (Grund-, Haupt- und Werkrealschule). Ein dritter Teil wird die Erfahrungen der Realschulen und Gymnasien sowie der Erwin-Teufel-Berufsschule aufgreifen.
Digitale Kompetenz rasant gestiegen
Was aus allen Rückmeldungen hervor geht, ist, dass die Schulen mit ihrem großen Planungs- und Organisationsaufwand höchst flexibel reagieren mussten und in rasender Geschwindigkeit ihre eigene digitale Kompetenz „aufrüsteten“, soweit möglich. In den Grundschulen wurden digitale Hilfsmittel wie Kurznachrichtendienste oder Konferenzprogramme vor allem zur Kommunikation und Absprache zwischen Lehrkräften und Schülern, aber auch Eltern benutzt. Das Problem, dass in den Haushalten oft kein Drucker und manchmal auch kein stationärer PC oder Internet zur Verfügung stand, sondern nur Smartphones, machte die Angelegenheit schwierig. Gerade in Grundschulen wurde daher viel oder auch ganz mit Lernpaketen aus Papier gearbeitet.
Das gab den Lehrkräften manchmal auch die Möglichkeit, bei der Übergabe der Aufgaben direkt auf Eltern und Kinder einzuwirken, wenn es mit der Motivation klemmte.
Die Frage ausfallender Motivation war, so zeigt die Übersicht, aber vor allem ein Problem in den weiter führenden Schulen, weniger bei den Grundschülern.
Alle Schulen müssen und mussten auf weitergehende Angebote wie Arbeitsgemeinschaften, Schulfeste, das Zirkusprojekt (Denkingen) und mehr verzichten, auch, weil im Schnitt bis zu 20 Prozent der Lehrkräfte aus Risikogruppen oder schwanger sind. Nur die Schillerschule hat mit zehn Prozent deutlich weniger Lehrkräfte, die nicht selbst präsent sein dürfen und zuhause unterrichten müssen.
Grundschule Böttingen
Bisweilen gibt es aber auch ganz unerwartete Effekte dieser außergewöhnlichen Zeit. Zum Beispiel in Böttingen. Dort, so berichtet Rektorin Sandra Konschak. In der Zeit der Schulschließung konnte die Landschaftsputzete nicht stattfinden. „Allerdings reagierten Eltern und Kinder enorm engagiert auf meinen Aufruf, diese in Eigenregie durchzuführen und trugen säckeweise Unrat aus den Wäldern“, so Konschak.
Und die Viertklässler, die ja schon nach den Osterferien in die Schule kommen durften, durften sich Stoff für Masken raussuchen, die dann von der Klassenlehrerin und der Rektorin genäht wurden. Die beiden Pädagoginnen hatten so viel Spaß daran, dass sie gleich weiter machten und so nach den Pfingstferien alle Grundschüler in Böttingen eine solche Maske bekamen. Böttingen organisierte die schulischen Arbeitsaufträge so: Die Wochenpläne und Arbeitsaufträge wurden zu Beginn per
E-Mail verschickt. Allerdings hat die Druckerproblematik dann dazu geführt, dass die Lehrer die Papiere vorbei brachten, der Rücklauf wurde in Boxen an der Schule gesammelt.
In der großen Mehrheit hätten die Eltern viel Energie ins Homeschooling für ihre Kinder gesteckt, so Konschak, und sie hätten es gern getan.
Die Kinder seien aber sehr gern zurück in die Schule gekommen „Ihnen haben die Freunde und Lehrer als Kontakt- und Vertrauensperson gefehlt.“Als Fazit ziehe sie auch, dass sich die kleinen Gruppengrößen sehr positiv auf das Lernverhalten auswirkten.
Grundschule Bubsheim
Bubsheims Grundschulrektor Robert Bolsinger zieht als erstes Zwischenfazit, dass seine Schule die Gefahr, dass ganze Schülergruppen abgehängt worden wären, ausschließen könne. Zwar habe die Schule momentan noch keinen Ganztagsunterricht weil Betreuungskräfte fehlten, deren Einsatz in der Coronazeit untersagt worden war. Aber die Kinder haben weiter gelernt. „In der schwierigen Zeit ist der Kontakt zu den Eltern nie abgebrochen“, etwa durch Telefonate oder auch persönlich beim Verteilen der Lernpakete sowie bei der Kontrolle der zu Hause gemachten Arbeiten. „Sehr positiv haben wir empfunden, dass die Eltern das Lernen zuhause toll organisiert haben“, so Bolsinger.
Juraschule Gosheim
Wie auch in Bubsheim ist in Gosheim an der Juraschule die Notbetreuung der Grundschulkinder in den Oster- und Pfingstferien weiter gelaufen. Schulleiter Rudolf Schedy berichtet, dass nur wenige Kinder durch das homeschooling „abgehängt“wurden. Der Grund sei, dass die Schule schon seit längerer Zeit viel Wert auf selbstständiges Lernen lege.
Wer keine Lust hatte oder mit den Aufgaben überfordert war, wurde seit dem 18. Mai in Lerngruppen einbestellt. Jetzt, da die Schüler wieder in den Klassern lernen, würden die Schüler mit Schwierigkeiten in den Klassen durchängig integriert wie auch die Schüler der Notbetreuung. Rückmeldung sei von mehreren Erziehungsberechtigten gekommen, dass die Belastung mit Arbeit, homeoffice, homeschooling und ganztägiger Betreuung der Kinder sehr groß sei, so Schedy.
Schillerschule Spaichingen
In der Schillerschule ist der Schulbetrieb momentan auch wochenweise geregelt, die Grundschüler haben wie überall vor allem Deutsch, Mathe und Sachkunde und zwar zwischen zehn und zwölf Wochenstunden. Die Schülerinnen und Schüler der Werkrealschule erhalten pro Woche zwölf bis 14 Stunden, so Rektor Michael Maurer. Hier seien weitere Fächer möglich, weil es an der Werkrealschule momentan keine Lehrerausfälle gebe. Die Schüler der Abschlussklassen erhielten eine besonders intensive Prüfungsvorbereitung. Maurer befürchtet aber schon für manche Schülergruppen, dass einige Lücken im Lernstoff entstanden sind, weil sie drei Monate lang nicht mehr in der Schule waren. Dies würden Tests sicher auch zeigen, wenn man sie machen würde. „Bedauerlicherweise haben manche Schüler ganz bewusst den Kontakt zu uns gemieden. Ein Schüler war für fünf Wochen
nicht erreichbar.“
Doch die Lehrer haben nicht nachgegeben, wenn sich Schüler so gar nicht ums Lernen gekümmert haben, sondern sind persönlich vorbeigekommen – mit Erfolg. Auch die Kommunikation mit den Eltern sei manchmal nicht leicht gewesen, schon in der zweiten Woche des Shutdown habe die Schule einen Messengerdienst eingerichtet. Aber es habe bei manchen Wochen gedauert, bis sie und die Schüler sich angemeldet hatten.
Zusammengefasst lobt Maurer das Team für seine Flexibilität. Das Wohl der Kinder und Familien habe es dabei im Blick gehabt. Die Motivation sei sehr hoch gewesen, manche Lehrer hätten es auch als Beamtenpflicht angesehen, dem Staat in dieser Not voll zur Seite zu stehen.
Jetzt leisteten die Lehrer dreifach: Präsenzunterricht, Fernunterricht und Notbetreuung und freuten sich, endlich wieder direkt mit den Kindern arbeiten zu dürfen. Durch den Shutdown und die Zwangspause hätten Lehrer ihre Batterien wieder aufladen können und auch latente, verschleppte Krankheiten kuriert. Es gebe keine einzige Krankmeldung.
Wir haben die Schulen auch nach Beobachtungen zu möglichen Kindswohlgefährdungen gefragt. Dies sei (wie in den anderen befragten Schulen) auch in der Schillerschule nicht aufgefallen, so Maurer. Er schränkt aber ein, dass dies wohl auch erst ab jetzt auffallen würde.
Rupert-Mayer-Schule
In der Rupert-Mayer-Schule kommen die Grundschüler im wöchentlichen Wechsel wie in den meisten anderen Schulen, in den Klassen fünf bis acht aber jede Woche an je zwei Tagen pro halbe Klasse. „Der Freitag ist für Kleingruppenunterricht fest eingeplant für Schüler und Schülerinnen, die einen zusätzlichen Lernund Erklärungsbedarf haben“, so Rektorin im Kirchendienst Jutta Höss.
Sie hat, neben den Herausforderungen zur Motivation aber auch den positiven Effekt festgestellt: „Zum Teil berichten Eltern, dass die Kinder ruhiger geworden sind und die Zeit gemeinsam mit den Kindern auch positiv wahr genommen wurde.“
Insgesamt habe sich, so Höss, bestätigt, dass eine gute Schulgemeinschaft dazu führe, dass man „eng zusammen rücke“, füreinander einstehe und viele Herausforderungen meistere.