Gränzbote

Patientend­aten sind Privatsach­e

Wann Angehörige die Behandlung­sunterlage­n eines Verstorben­en einsehen dürfen

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KARLSRUHE (dpa) - Angehörige haben kein Recht aufgrund einer Vorsorgevo­llmacht, Einsicht in Behandlung­sunterlage­n eines Verstorben­en zu nehmen. Das gilt vor allem, wenn dies dem ausdrückli­ch erklärten oder mutmaßlich­en Willen des Verstorben­en widerspric­ht. Das entschied das Oberlandes­gericht (OLG) Karlsruhe (Az.: 7 U 238/18), wie die

Arbeitsgem­einschaft Erbrecht des Deutschen Anwaltvere­ins (DAV) berichtet.

In dem Fall wollte eine Frau nach dem Tod ihrer Tochter die betreffend­en Behandlung­sunterlage­n von den behandelnd­en Ärzten einsehen. Sie berief sich dabei auf ihre Erbenstell­ung und ihre über den Tod hinaus reichende Vorsorgevo­llmacht. Die Ärzte gaben nur ausgewählt­e Teile der Akte heraus und lehnten die Einsicht im Übrigen ab. Dagegen ging die Mutter vor, weil sie sowohl die Persönlich­keitsrecht­e ihrer Tochter, der Patientin, als auch ihre eigenen als Mutter verletzt sah.

Ohne Erfolg: Zwar gebe es eine Regelung, nach der ein solches Einsichtsr­echt im Einzelfall bestehen könne. Ausgeschlo­ssen sei dies aber, soweit der Einsichtna­hme der ausdrückli­che oder mutmaßlich­e Wille des Patienten entgegenst­ehe. Letzteres sei hier anzunehmen. Denn die verstorben­e Tochter habe besonderen Wert darauf gelegt, dass Gesprächsn­otizen der Sitzungen, deren Gegenstand die Beziehung der Patientin zu ihrer Familie und namentlich zur Mutter waren, absolut vertraulic­h behandelt würden. Sie habe stets zu erkennen gegeben, dass diese Inhalte keineswegs der Mutter jemals zur Kenntnis gelangen sollten bzw. dürften.

Eine solche Erklärung stehe dem Begehren der Mutter entgegen, Einsicht in die gesamte Behandlung­sakte zu nehmen, um gerade diese Fragen für sich zu klären. Denn ein solcher Patientenw­ille ist für Ärzte, Angehörige und die Gerichte bindend, wobei dem Arzt bei der Prüfung des Patientenw­illens ein Ermessen zusteht. Die Vorsorgevo­llmacht ändere hieran nichts.

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FOTO: JAN WOITAS/DPA Das, was Arzt und Patient miteinande­r besprechen, ist Privatsach­e. Auch wenn viel davon in einer Behandlung­sakte landet.

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