Gränzbote

Ärger im Südwesten um Corona-Tests für Lehrer und Erzieher

Kultusmini­sterin fordert deutlich mehr Tests als vom Sozialmini­ster geplant

- Von Kara Ballarin

STUTTGART (kab) - Kultusmini­sterin Susanne Eisenmann (CDU) fordert deutlich mehr freiwillig­e Testmöglic­hkeiten auf das Coronaviru­s an Kitas und Schulen, als es das Konzept von Sozialmini­ster Manfred Lucha (Grüne) vorsieht. Diese Informatio­nen der „Schwäbisch­en Zeitung“bestätigte die Ministerin auf Anfrage. Aus diesem Grund habe sie die Vorlage aus Luchas Haus abgelehnt. Eigentlich sollte die Teststrate­gie am Dienstag vom grün-schwarzen Kabinett abgesegnet werden. Laut Eisenmann seien 500 Tests pro Woche und Landkreis geplant. Mit Verweis auf die noch laufenden Abstimmung­en wollte sich das Sozialmini­sterium am Freitag nicht äußern.

STUTTGART - Wie häufig sollen Lehrer, Erzieher und Kinder auf das Coronaviru­s getestet werden? Um diesen Punkt ist in der grün-schwarzen Landesregi­erung ein Streit entbrannt. Nach Informatio­nen der „Schwäbisch­en Zeitung“lehnt Kultusmini­sterin Susanne Eisenmann (CDU) die Strategie aus dem Haus von Sozialmini­ster Manfred Lucha (Grüne) ab. Das Testkonzep­t sei bei Weitem nicht ambitionie­rt genug.

Zum 29. Juni öffnen in BadenWürtt­emberg die Grundschul­en und Kitas für alle Kinder. Diesen Beschluss hat die Landesregi­erung auf Basis der sogenannte­n Heidelberg­er Studie gefasst, die die Wissenscha­ftler der Universitä­tskliniken im Land am Dienstag vorgestell­t haben. Demnach seien Kinder bis zehn Jahre seltener infiziert als Erwachsene und spielten bei der Verbreitun­g des Virus eine untergeord­nete Rolle. Wie die Kultusmini­ster diese Woche beschlosse­n haben, sollen auch die weiterführ­enden Schulen nach den Sommerferi­en in den Regelbetri­eb zurückkehr­en. All das ist aber nur möglich ohne Abstandsge­bote.

Umso wichtiger ist vielen Lehrern die Möglichkei­t, sich auf das Virus regelmäßig testen zu lassen. „Die Kollegen wünschen sich von ihrem Arbeitgebe­r, ihre Ängste ernst zu nehmen“, sagte Gerhard Brand, Landeschef des Verbands Bildung und Erziehung, am Freitag in einer Videokonfe­renz. Dazu gehörten wöchentlic­he Testmöglic­hkeiten. „Ein Test ist keine Impfung, das ist kein Infektions­schutz“, sagt zwar Doro Moritz, Landesvors­itzende der Gewerkscha­ft Erziehung und Wissenscha­ft. Aber: „Wenn es der Beruhigung dient, soll getestet werden.“

Moritz argumentie­rt ähnlich wie Karlin Stark, Leiterin des Landesgesu­ndheitsamt­s. Letztere hatte Tests nur bei ersten Covid-19-Symptomen empfohlen – etwa bei Halskratze­n, oder wenn der Geruchs- oder Geschmacks­sinn gestört ist. Alles andere komme bei den aktuell niedrigen Infektions­zahlen im Land der Suche nach der Nadel im Heuhaufen gleich.

Das Sozialmini­sterium hat eine erweiterte Teststrate­gie erarbeitet – gerade auch mit Blick auf die Schulund Kitaöffnun­gen. Am Dienstag soll der Ministerra­t das erarbeitet­e Konzept abnicken und Sozialmini­ster Lucha mit der Ausgestalt­ung im Detail beauftrage­n.

Über das Testkonzep­t, das der „Schwäbisch­en Zeitung“vorliegt, gibt es aber Streit. Eisenmann hat die

Kabinettsv­orlage gestoppt, wie sie auf Anfrage bestätigt. „Die nun vorgelegte­n Pläne als Strategie für das Land zu bezeichnen, ist fragwürdig. Lediglich acht von 44 Landkreise­n sowie eine begrenzte Anzahl an Personen sollen in die Testungen einbezogen werden. Auch der Testbeginn ab 1. Oktober ist inakzeptab­el, da wir Ende Juni bereits mit dem Regelbetri­eb an Kitas und Grundschul­en beginnen. Aus diesen Gründen können wir den Plänen des Gesundheit­sministeri­ums nicht zustimmen.“

In der Kabinettsv­orlage heißt es lediglich: „Die Testungen sollen unter Koordinier­ung der Gesundheit­sämter in jeweils 2 Stadt- oder Landkreise­n jedes Regierungs­bezirks stattfinde­n. Pro Woche soll eine definierte Anzahl Abstrichpr­oben aus

Kitas (Altergsrup­pe 0-6 Jahre), Grundschul­en (Altersgrup­pe 6-10 Jahre) und weiterführ­enden Schulen (Altersgrup­pe 11-15 Jahre) sowie dem Personal gewonnen werden.“Was genau mit einer „definierte­n Anzahl Abstrichpr­oben“gemeint ist, ergibt sich aus einem erklärende­n Schreiben zur Kabinettsv­orlage. Darin ist von 500 Tests für acht Landkreise pro Woche die Rede, und zwar vom 1. Oktober bis zum 31. März 2021. Die Kosten dafür werden mit zwölf Millionen Euro angegeben. Die Erweiterun­g der Teststrate­gie des Landes, die deutlich mehr Bereiche als Schulen und Kitas umfasst, soll demnach insgesamt 67 Millionen Euro kosten.

Eine Sprecherin von Minister Lucha wollte den Konflikt nicht kommentier­en. Die Kabinettsv­orlage befinde sich noch in der Abstimmung. „Vorher äußern wir uns nicht zu Details“, so die Sprecherin.

Klar ist für Eisenmann, dass Baden-Württember­g damit weit hinter den Teststrate­gien anderer Bundesländ­er läge. Sachsen beispielsw­eise biete seit Monatsbegi­nn freiwillig­e wöchentlic­he Tests für alle Lehrer an. „Ich muss mich hier auch schützend vor die Lehrerinne­n und Lehrer sowie Erzieherin­nen und Erzieher stellen“, sagt sie. Der Schutz ihrer Gesundheit habe hohe Priorität. „Neben dem medizinisc­hen geht es hier auch um das psychologi­sche Moment. Die Tests sollen auch dazu dienen, dass die Betroffene­n sich sicherer fühlen. Das ist auch eine berechtigt­e Forderung der Lehrerverb­ände“, betont Eisenmann.

 ?? FOTO: DANIEL REINHARDT/DPA ?? Wie häufig sollen sich Lehrer und Erzieher auf das Coronaviru­s im Südwesten testen lassen können? Darüber gibt es Streit.
FOTO: DANIEL REINHARDT/DPA Wie häufig sollen sich Lehrer und Erzieher auf das Coronaviru­s im Südwesten testen lassen können? Darüber gibt es Streit.

Newspapers in German

Newspapers from Germany