Zahl der Infektionen bei Tönnies steigt weiter
Regionaler Lockdown droht – Spahn will Corona-Politik auf Prüfstand stellen
GÜTERSLOH/BERLIN (epd/dpa/sz) Die Zahl der Corona-Infizierten in der Tönnies-Fleischfabrik in RhedaWiedenbrück ist auf mehr als 1300 gestiegen. Dies teilte der Kreis Gütersloh am Sonntag mit. Für die Beschäftigten wurde bis zum 2. Juli eine Quarantäne angeordnet. Da viele Arbeiter in umliegenden Städten untergebracht sind, schloss NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) einen „flächendeckenden Lockdown in der Region“nicht aus.
Nach dem massiven Corona-Ausbruch in dem Schlachtbetrieb dringt Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) auf schnelle Schritte zum Schutz der Beschäftigten in der Fleischbranche. „Wir machen mit dem Verbot von Werkverträgen im Kernbereich der Fleischindustrie Ernst – ganz egal, welche Anstrengungen milliardenschwere Unternehmen auch in die Wege leiten, um dieses Vorhaben zu torpedieren“, sagte Heil. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat sich unterdessen in einem Interview mit dieser Zeitung für eine umfassende Aufarbeitung der Corona-Politik der Bundesregierung durch das Parlament und ausgewiesene Experten ausgesprochen. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse sollten nicht nur aufgeschrieben, sondern auch zügig umgesetzt werden, um „für die nächste vergleichbare Situation“gerüstet zu sein.
STUTTGART (lsw) - Die Grünen pochen auf ein Lobbyregister für den Landtag und die Landesregierung. Der parlamentarische Geschäftsführer, Uli Sckerl, sagte in Stuttgart, die Affäre um den CDUPolitiker Philipp Amthor zeige, dass es allerhöchste
Zeit sei, dass Bundes- und Landespolitiker über die Einkünfte aus mandatsbezogenen Nebentätigkeiten Zeugnis ablegen müssten. „Weiter muss in einem öffentlich zugänglichen Register übersichtlich dargestellt werden, welche Verbände und Unternehmen regelmäßig Kontakt mit Abgeordneten pflegen.“Das hatte auch Grünen-Landeschef Oliver Hildenbrand gefordert.
Im Südwesten hatten Grüne und CDU in ihrem Koalitionsvertrag von 2016 vereinbart, die Einführung eines Lobbyregisters zu prüfen. „Auch in unserem Landesparlament muss gewährleistet sein, dass der organisierte Einfluss von Interessengruppen auf politische Entscheidungsprozesse öffentlich, einsehbar und nachvollziehbar wird“, sagte Sckerl.
Ein Lobbyregister ist ein Register, in das sich Organisationen und Einzelpersonen eintragen sollen, die vom Landtag oder der Regierung gehört werden wollen – etwa im Rahmen von Anhörungen oder bei Gesprächen zu konkreten Gesetzesvorhaben. Das Ziel eines solchen Registers besteht darin, die mögliche Einflussnahme auf die Politik transparenter für den Bürger zu machen.
BERLIN - CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak hat sich als Konsequenz aus dem Fall Amthor für ein Lobbyregister ausgesprochen. „Wir brauchen mehr Transparenz und deshalb noch in dieser Legislaturperiode ein vernünftiges Lobbyregister“, sagte er der „Bild am Sonntag“. Die SPD hatte solch ein Register ebenfalls gefordert, sodass seiner Einführung wenig im Weg stehen dürfte. „Erste Gespräche dazu haben bereits stattgefunden“, sagte Ziemiak.
Der CDU-Bundestagsabgeordnete Philipp Amthor steht in der Kritik wegen seines Engagements für die US-Firma „Augustus Intelligence“, für das er im Gegenzug Aktienoptionen erhalten hatte. Nachdem der „Spiegel“darüber berichtet hatte, nannte Amthor sein Verhalten einen Fehler. Er erklärte, dass er die Nebentätigkeit beendet hat. Eine weitere Nebentätigkeit für eine Wirtschaftskanzlei wolle er ebenfalls ruhen lassen. Zudem zog er am Freitagabend seine Bewerbung für den Vorsitz der CDU in Mecklenburg-Vorpommern zurück. Statt Amthor soll nun Michael Sack, der Landrat von Vorpommern-Greifswald, den CDU-Landesvorsitz übernehmen. Wer die Partei im kommenden Jahr als Spitzenkandidat in den Landtagswahlkampf führt, ist weiter offen.
Ebenfalls unklar ist, wie es mit Amthor weitergeht. Der 27-Jährige sitzt seit 2017 im Bundestag und galt als konservativer Shootingstar seiner Partei. Seinen Wahlkreis gewann er direkt. Im Parlament und auch durch Auftritte in Talkshows machte er schnell auf sich aufmerksam. Amthor ist Mitglied der Ausschüsse für Inneres und Europa. Aus dem Untersuchungsausschuss zum „Fall Amri“zog er sich nach Forderungen von SPD, Grünen und Linken zurück. Grund ist, dass dort auch der ehemalige Verfassungsschutz-Chef Hans-Georg Maaßen befragt werden soll, der laut „Spiegel“ebenfalls Verbindungen zu „Augustus Intelligence“hat.
SPD-Vize Kevin Kühnert reicht das nicht. Er legte Amthor auch den Rückzug aus dem Bundestag nahe. „Wäre Amthor ein Sozialdemokrat, würde ich ihn zum Rücktritt auffordern, weil er der Glaubwürdigkeit der Partei schweren Schaden zugefügt hätte“, sagte Kühnert der „Welt am Sonntag“. Aber jede Partei müsse für sich selbst entscheiden, was sie in ihren Reihen dulden könne.
Eckardt Rehberg, der die MVCDU kommissarisch leitet, verlangte umfassende Aufklärung von Amthor. „Natürlich sind nach wie vor Fragen offen“, sagte er dem Deutschlandfunk. Rehberg sprach sich dafür aus, Amthor eine zweite Chance zu geben. „Ich kenne auch andere Politiker von den Grünen oder der SPD, die in Affären verstrickt waren und wiedergekommen sind.“