Gränzbote

Taubenschl­ag soll Problem lösen

„Verein der Taubenfreu­nde“soll gegründet werden – Taubenschl­ag soll Population eindämmen

- Von Lisa Klebaum i.wagner@schwaebisc­he.de m.jansen@schwaebisc­he.de

Dafür wird ein „Verein der Taubenfreu­nde“gegründet, so der Vorschlag.

TUTTLINGEN - Tuttlingen hat ein Taubenprob­lem. Um es zu lösen, soll nun ein „Verein der Taubenfreu­nde“gegründet werden. Darauf hat sich der Technische Ausschuss des Gemeindera­ts in der Sitzung am vergangene­n Donnerstag geeinigt.

In Tuttlingen gibt es rund 1000 Tauben, verteilt auf drei bis vier Schwärme. Dass die Population zu hoch ist, das sieht auch Florentin Stemmer, der über die Liste der Tierschutz­allianz in den Gemeindera­t gewählt worden ist, so. „Mit einem betreuten Taubenschl­ag würden wir das Problem veringern. Dort können die Tiere nicht nur überwacht werden, man könnte auch das Gelege regelmäßig entfernen, um so den Nachwuchs zu kontrollie­ren“, sagt er. Stemmer hatte gemeinsam mit der LBU einen Antrag für die Errichtung eines Taubenschl­ags eingereich­t.

Denn obwohl es in Tuttlingen verboten ist, Tauben zu füttern, würden sich längst nicht alle an diese Regel halten. „Teilweise kommen Personen frühmorgen­s mit säckeweise Futter in die Stadt“, schildert Johannes Hamma, Fachbereic­hsleiter für Bürgerdien­ste, Sicherheit und Ordnung, seine Erfahrung. Bislang wurden deshalb auch Bußgelder von insgesamt 2000 Euro verhängt – zweimal sogar 500 und einmal 100 Euro. „Dabei geht es nicht um Leute, die einzelne Krumen auf den Boden werfen, sondern um die, die im großen Stil füttern“, ergänzt Tuttlingen­s Oberbürger­meister Michael Beck.

Klar sei, dass sich die Population der Tiere in den vergangene­n drei Jahren erhöht hat. „In der Zeit hat auch die illegale Fütterung der Tiere begonnen. Es liegt nahe, dass das miteinande­r zu tun hat“, sagt Hamma. Mittlerwei­le würde der Kommunale Ordnungsdi­enst (KOD) deshalb häufiger kontrollie­ren, da sich alle paar Tage Bürger über diese frühmorgen­dlichen Aktionen beschweren würden, berichtet der Fachbereic­hsleiter.

Das Problem würde sich laut

Tuttlingen hat wie viele andere Städte ein Taubenprob­lem. Mit Taubenkot beschmutzt­e Gebäude sind kein schöner Anblick und häufig Grund für Ärgernisse und Beschwerde­n. Die Tiere sind nicht nur nervend – generell gilt eine Taubenanza­hl von einem Prozent der Bevölkerun­gszahl der Stadt als innenstadt­verträglic­h – sondern können auch schädlich sein: Tauben scheiden mit dem Kot Mikroorgan­ismen aus. Darunter können sich auch krankheits­erregende Organismen, wie Bakterien und Pilze, befinden. Krankheits­erreger können auch am Gefieder der Tauben haften und in den Luftraum gelangen, wenn sie aufflatter­n.

Seit 2017 ist die Stadtverwa­ltung verstärkt dran, die Population einzudämme­n – mit Erfolg. Man hat den Eindruck, dass weniger „Ratten der Lüfte“in Tuttlingen unterwegs sind,

Stemmer mit einem Taubenschl­ag lösen. „Dadurch, dass die Tauben dort regelmäßig gefüttert werden,

auch an dem einst beliebten Taubentref­fpunkt Marktplatz. Gelungen ist das mit dem Fütterungs­verbot (auch wenn ein paar ganz Unbelehrba­re dem entgegenwi­rken) und dem Entzug von Nistplätze­n, indem Hausbesitz­er, deren Gebäude als Brutplätze genutzt werden, gezielt angesproch­en wurden. Dennoch: Es gibt immer noch zu viele Tauben in der Stadt. Ein Taubenschl­ag ist deshalb eine gute Lösung, weil Kontrolle möglich ist. So können die gelegten Taubeneier durch Gips- oder Kunststoff­attrappen ersetzt werden. Die Tauben brüten auf den künstliche­n Eiern weiter. Dadurch werden die Bestände reduziert. Und wenn auch das nicht hilft: Bitte die Taubenpill­e einsetzen!

findet Ingeborg Wagner

G» gibt es für die Menschen, die im großen Stil füttern, keinen Anlass mehr, das zu tun“, erklärt er. Skeptisch

Tuttlingen hat kein Taubenprob­lem. In der Stadt haben einige Bürger ein Disziplinp­roblem: Was macht es so schwer, sich an die Regeln und Vorgaben zu halten? Das Füttern der Tauben ist nicht erlaubt. Punkt. Basta.

Da kann es doch nicht sein, dass sich einzelne Personen darüber hinwegsetz­en und säckeweise Futter ausleeren. Allein die Tatsache, dass soviel – wahrschein­lich trockenes – Brot an eigentlich wild lebende Vögel verfüttert wird, sollte einen doch stutzig machen.

Als Vater mache ich selbst die Beobachtun­g, dass Leute anscheinen­d gerade gekauftes, noch verpacktes Toastbrot an Enten verfüttern. Das ist übrigens auch verboten, wie es Schilder selbst Leuten, die nicht lesen können, deutlich machen.

Aber was ist eigentlich das Problem?

darüber zeigte sich unter anderem Michael Seiberlich, Stadtrat der CDU: „Ich kann mir vorstellen, dass ein Taubenschl­ag die Tiere nur noch mehr anlockt und die Population auf diese Weise wächst“, sagt er. Das könne man laut Stemmer aber durch die Wegnahme der Eier kontrollie­ren.

Auch die bauliche Situation in Tuttlingen macht die Errichtung eines Taubenschl­ages nicht einfach: „Durch die Feuerschut­zgassen, die nach dem Stadtbrand errichtet wurden, gibt es für die Tiere ideale Nistmöglic­hkeiten“, erklärt der OB. In Altstädten mit einer geschlosse­nen Bebauung hätten die Tauben diese Möglichkei­ten nicht.

Außerdem sei so ein Taubenschl­ag auch nicht ganz billig: Alleine die Baukosten würden sich auf rund 20 000 Euro belaufen. Auch die Pflege eines solchen Schlages sei sehr zeitintens­iv, denn die Tauben müssten täglich gefüttert und die Behausung gereinigt werden. „Wir können dafür keine neuen Leute einstellen“, erklärt Beck. Genau deshalb möchte Stemmer nun auch den Verein gründen, dessen Mitarbeite­r die Aufgaben ehrenamtli­ch übernehmen würden.

„Der Wille, diesen Verein zu gründen, ist da“, betont Stemmer. Einige Ehrenamtli­che, die die Schläge betreuen, seien bereits gefunden. Auch die Stadt will mit dem neu zu gründendem Verein zusammenar­beiten.

Haben wir zu viele Lebensmitt­el, sind sie zu preiswert, dass man kiloweise Essen auf Plätze oder Fußwege werfen kann? Oder mag man Brot, das einige Tage alt ist, nicht mehr selbst essen? Klar scheint: Es ist ein Luxusprobl­em. Das Essen wird von einigen im Überfluss nicht zur eigenen Ernährung gebraucht.

Mein Vorschlag: Bedachter einkaufen, überschüss­ige Lebensmitt­el frühzeitig abgeben oder gleich Geld spenden. Dann muss man das Brot auch nicht verfüttern. So ließe sich die Taubenpopu­lation übrigens auch klein halten. Und es müsste nicht für 20 000 Euro ein Taubenschl­ag gebaut werden. Das Geld ist anders besser angelegt.

„Die Tiere sind nervend“,

„Menschen fehlt es an Disziplin“, sagt Matthias Jansen

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FOTO: SEBASTIAN HEILEMANN
 ?? FOTO: SEBASTIAN HEILEMANN ?? In Tuttlingen gibt es rund 1000 Tauben. Die Stadtverwa­ltung überlegt, wie sie das Problem der zuletzt wachsenden Population eindämmen soll.
FOTO: SEBASTIAN HEILEMANN In Tuttlingen gibt es rund 1000 Tauben. Die Stadtverwa­ltung überlegt, wie sie das Problem der zuletzt wachsenden Population eindämmen soll.
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ARCHIVFOTO: STEFAN MANGER Michael Seiberlich
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ARCHIVFOTO: Sabine von Döllen Florentin Stemmer
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