„Jeden Tag finde ich neue Stellenanzeigen“
Annika Diener untersucht den Hebammen-Mangel in der Region
TUTTLINGEN - Seit März ist die 26jährige Tuttlingerin Annika Diener examinierte Hebamme. Für ihren Bachelor-Abschluss, den sie zusätzlich machen möchte, untersucht sie momentan die Hebammen-Situation im Landkreis Tuttlingen. Für ihre Befragung sucht sie Frauen, die im vergangenen Jahr zwischen Mai und Dezember entbunden haben. Was sie herausfinden möchte und was sie am Beruf der Hebamme reizt, erzählt sie im Gespräch mit Redakteurin Sabine Krauss.
Frau Diener, warum interessiert es Sie, ob und wie Frauen im Kreis Tuttlingen eine Hebamme finden?
Der Hebammen-Mangel ist ja in aller Munde. Ich merke das jeden Tag, wenn ich in mein Hochschul-Postfach schaue und wieder zwei neue Stellenanzeigen finde. Ich studiere an der Hochschule für Gesundheit in Bochum, beziehungsweise bin fast fertig. Dort gibt es eine ähnliche Studie - und ich dachte mir, dass es interessant wäre, die Situation in meiner Heimatstadt Tuttlingen zu untersuchen. Ist es wirklich so schwierig, eine Hebamme zu finden und können auch die Leistungen erbracht werden, die die Frauen bei den Hebammen anfragen – das interessiert mich.
Hatten Sie im Rahmen Ihrer Ausbildung schon Kontakte nach Tuttlingen?
Ja, ich habe mein Vorpraktikum auf der Wochenbettstation im Klinikum und weitere Praktika bei Hebamme Katrin Kreidler in Möhringen gemacht. Bei ihr habe ich mitbekommen, dass die Hebammen immer wieder anfragenden Frauen absagen mussten und sich Mühe gemacht haben, sie an eine andere Kollegin zu vermitteln.
Und was möchten Sie in Ihrer Arbeit nun konkret herausfinden?
Ich untersuche vor allem die Versorgungssituation im Wochenbett – alwünschten so in der Zeit nach der Geburt. Herausfinden möchte ich, ob und wie stark die Region vom HebammenMangel betroffen ist. Dabei geht es um Frauen, die zwischen Mai und Dezember 2019 entbunden haben. Es gibt einen Fragebogen für die Mütter und einen für die Hebammen.
Mit welchen Fragen haben Frauen zu rechnen, die an Ihrer Befragung mitmachen möchten?
Die Mütter werden unter anderem dazu befragt, wann sie mit der Hebammen-Suche angefangen haben und wie viele Anfragen sie gestellt haben. Es gibt auch Fragen zu den geLeistungen wie zum Beispiel Gymnastik oder Geburtsvorbereitungskurse. Die Hebammen werden unter anderem nach der Arbeitsbelastung in diesem Zeitraum befragt, aber auch wie viele Frauen sie überhaupt annehmen oder wie lange sie für einen Hausbesuch einplanen. Wichtig ist zu sagen, dass die Befragung komplett anonym ist.
Was reizt Sie am Beruf der Hebamme persönlich?
Eigentlich wollte ich Medizin studieren, aber nach einem Praktikum habe ich gemerkt, dass die Betreuung und der tiefere Umgang mit den Menschen
ein bisschen zu kurz kommt. Das hat mir sehr gefehlt. Den Part der Betreuung und Unterstützung habe ich im Hebammen-Beruf gefunden. Mir gefällt die persönliche Arbeit – dass auch mal ein längeres Gespräch möglich ist und man mehr in die Tiefe gehen kann. Und dass ich dabei eine Phase begleiten darf, die oft mit viel Freude verbunden ist, auch wenn es natürlich auch Kummer gibt. Geburt und Wochenbett sind keine Krankheit, sondern eine normale Phase der Frau. Als ich mein Freiwilliges Soziales Jahr im Rettungsdienst in Tuttlingen gemacht habe, waren die schwangeren Frauen immer die einzigen, die im Krankenwagen noch lachen konnten.