Der desinfizierte Ball rollt endlich wieder
Unter Corona-Auflagen hat der SV Wurmlingen das Training wieder aufgenommen
WURMLINGEN - Noch ist es ruhig auf dem Fußballplatz des SV Wurmlingen. Doch schon in wenigen Minuten startet für die D-Jugend des Vereins das mittlerweile neunte Training unter Corona-Bedingungen. Jugendleiter Markus Weinert und die Trainer waren bereits fleißig und haben den Rasen für das Training unterteilt. Mit verschiedenen Hütchen sind vier Bereiche für Passund Torschussübungen markiert. Für die Trainer ist eine Coaching-Zone eingerichtet, damit sie die Übungen mit ausreichend Abstand anleiten können. Nun wartet das Team auf die Ankunft der Spieler. Seife und Desinfektionsmittel stehen bereit, ebenso ein dicker Ordner, in dem alle Unterlagen für das neue Fußballtraining unter Corona-Bedingungen gesammelt sind.
Markus Weinert nimmt den Ordner zur Hand und blättert. Damit das Training wieder stattfinden kann, hat der Verein ein Konzept erarbeitet. „Von vor dem Training bis nach dem Training haben wir einen genauen Ablaufplan“, sagt Weinert und präsentiert eine zweiseitige Tabelle, die jeden Schritt genau dokumentiert. Anfangs habe es noch etwas Bedenken
gegeben, schließlich seien die Spieler in der D-Jugend erst zwischen 11 und 13 Jahre alt. Ob da alle Sicherheitsvorschriften diszipliniert eingehalten werden? „Ich habe dann gesagt: Wartet es ab, die sind wahrscheinlich gelehriger als die Alten“, erzählt Weinert und lacht.
Und tatsächlich haben die Spieler die Abstandsregeln trotz ihres jungen Alters offenbar gut verinnerlicht. Nach und nach treffen sie mit ihren Fahrrädern ein. Die Sportklamotten tragen sie bereits und die Trinkflaschen sind mit den Namen beschriftet. Auch das Gesundheitsformular, das für jedes Training von den Eltern unterzeichnet werden muss, hat keiner vergessen.
Handschlag oder Umarmungen gibt es nicht zur Begrüßung. Stattdessen stellen sich die Spieler diszipliniert an den mit Kreide eingezeichneten Markierungen auf dem Boden auf und warten die Anweisungen der Trainer ab. Die Vorfreude ist groß. „Es ist super, dass es endlich wieder Fußball gibt“, sagt der 12-jährige Ole Barthel. „Man braucht etwas, wo man sich bewegen kann. Das hat gefehlt.“
Nach einer kurzen Einweisung wird ein Spieler nach dem anderen einzeln ins Vereinsheim gerufen. Dort werden – unter den kontrollierenden Blicken der Trainer – die Hände gründlich mit Seife gewaschen und anschließend desinfiziert. Erst dann geht es weiter auf den Sportplatz.
Die Begeisterung der Kinder sei der wichtigste Grund, warum der Verein all die Mühe und Bürokratie auf sich nimmt, um wieder trainieren zu können. „Man merkt schon, es ist aufwendig“, sagt Markus Weinert. „Aber ich weiß, wie gerne die Kinder Fußball spielen.“Schließlich trainieren auch seine eigenen Kinder beim SV Wurmlingen. Mit hinein in die Entscheidung spielt aber auch etwas Eigeninteresse: Schließlich wolle der Verein für seine insgesamt rund 150 Jugendspieler attraktiv bleiben und Abwanderungen verhindern.
Mittlerweile hat beim SV Wurmlingen auch das Training derA-, Bund E-Jugend wieder begonnen. Die F-Jugend soll ebenfalls in den nächsten Tagen folgen. Und auch von Seiten des Gesetzgebers gibt es immer wieder neue Lockerungen. Während anfangs nur in Fünfergruppen trainiert werden durfte, sind mittlerweile bis zu zehn Spieler auf 400 Quadratmetern Fläche erlaubt.
Der Aufwand für das Fußballtraining, der ist unter den Corona-Beschränkungen dennoch deutlich gewachsen. Wie die Trainer Mauro Mocci und Sevdail Sulejmani berichten, sind sie bereits eine Stunde vor dem Training auf dem Platz, um die Stationen aufzubauen. Auch nach dem Training bleiben die Trainer länger – denn alle Hütchen, Stangen und Bälle, die verwendet wurden, müssen dann noch gründlich mit einer Seifenlauge gereinigt werden. Alles in allem sind sie dann drei Stunden auf dem Platz. „Für die Kinder ist das Training wichtig. Deshalb machen wir es gerne. Und uns hat es auch gefehlt“, sagt Sulejmani.
Die Freude ist dementsprechend groß, als die Spieler endlich auf den Platz dürfen. An den Pass-, Koordinationsund Torschussübungen toben sie sich aus – wenn auch mit ausreichend Abstand zu den Mitspielern. „Es war eine Herausforderung, das Training umzustellen“, sagt Trainer Mauro Mocci. Schließlich mussten einige Übungen angepasst werden, dass sie mit den Corona-Verordnungen vereinbar sind. Kopfbälle und Einwürfe seien da beispielsweise Tabu. Ebenso wie der Zweikampf und das Spiel an sich, worauf sich die Spieler normalerweise am meisten freuen.
„Ich bin eher so ein Abwehr-Wegschießer und mache lieber die Spiele“, sagt der elfjährige Max Schnekenburger, der in der trainingsfreien Zeit viel im Garten Fußball gespielt hat. Doch in außergewöhnlichen Zeiten nehmen die Spieler auch Kompromisse gerne in Kauf. „Es ist auf jeden Fall cool. Nach so langer Zeit wieder Fußball zu spielen macht Spaß“, freut sich auch Nick Teufel. Und als Torwart habe der Zwölfjährige ohnehin das Glück, dass sich das Training für ihn kaum verändert habe.
Jugendleiter Markus Weinert steht am Spielfeldrand und beobachtet das Geschehen zufrieden. „Der Trainingsbetrieb spielt sich so schnell wieder ein“, sagt er. Das Konzept sei von Spielern und Eltern sehr gut angenommen worden. Nicht zuletzt seien es aber auch die Trainer, die einen großen Beitrag dazu leisten. „Es ist eine Teamleistung. Alleine würde man das nicht hinbekommen“, betont Weinert. Er ist sich sicher: Trotz aller Bürokratie lohnt sich der Aufwand. Auch anderen Vereinen könne er deshalb nur empfehlen, den Trainingsbetrieb wieder aufzunehmen: „Wenn man die Regeln als selbstverständlich annimmt, dann ist es gar nicht so wild.“
Ein Video vom Training gibt es Online unter www.schwabische.de/ training_wurmlingen