Vorsicht bei Erbausschlagung zugunsten anderer
Nachlassverwalter/in
Ein wohlhabender Arzt aus Baden-Württemberg starb schon mit Ende vierzig plötzlich an einem Herzinfarkt. Das vermeintliche Vermögen konnte sich sehen lassen. Darunter befanden sich eine Villa, ein Privatflugzeug und ein kleiner Fuhrpark an gepflegten Oldtimern. Erst nach dem Tod stellte sich heraus, dass der Mediziner auf der anderen Seite bei Banken aber tief in der Kreide stand.
Die Erbschaftsverhältnisse waren ohnehin schon kompliziert genug. Zwei Kinder aus erster Ehe, eine per Ehevertrag vom Erbe ausgeschlossene Ex-Frau, eine bestehende Ehe mit einem weiteren Kind. Da musste ein Fachmann helfen, der Nachlassverwalter.
Meist erledigen Rechtsanwälte oder Wirtschaftsprüfer diese Aufgabe. Auf Antrag der Erben oder eventueller Gläubiger werden sie von einem Gericht bestellt. Anlass können beispielsweise verworrene und komplizierte Vermögensverhältnisse oder Schulden einer Erblasserin oder eines Erblassers sein. Der Nachlassverwalter trennt dann dieses Erbe vom Privatvermögen der Erben. Auf diese Weise können sich Erben sicher sein, dass ihr Vermögen nicht zur Tilgung etwaiger Verbindlichkeiten des Verstorbenen herangezogen wird. Zu den wichtigsten Aufgaben des Verwalters gehört auch die Suche nach Erben, sofern sie nicht bekannt sind. Die gesamte Erbmasse geht nach der gerichtlichen Bestellung auf den Nachlassverwalter
über. Wer den Antrag dafür gestellt hat, kann auch beispielsweise einen auf Erbrecht spezialisierten Anwalt oder einen Notar benennen. Das Gericht prüft zunächst dessen Eignung für den Job, der sehr komplexe Kenntnisse erfordern kann.
Dann erfasst er die gesamte Erbmasse. Dazu gehören Bankguthaben, Aktien, Immobilien und alle andere Werte sowie Verbindlichkeiten wie Kredite. Am Ende der Arbeit sind die Schulden bezahlt und das verbliebene Vermögen abzüglich einer Vergütung für den Nachlassverwalter an die Erben übergeben. Im Falle des plötzlich verstorbenen Arztes reichte es immerhin noch für ein ansehnliches Startvermögen für seine Kinder.
Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) spricht dem Verwalter das Recht auf eine angemessene Vergütung zu. Die Kosten des Verfahrens legt laut Rechtsportal www.anwalt.de das Nachlassgericht fest und berücksichtigt dabei den Aufwand und die Qualifikation des Experten. Dieser darf nicht einfach machen, was er will. Das Nachlassgericht kontrolliert, ob alles mit rechten Dingen zugeht.
Nachlasspfleger/in
Nachlasspfleger sind sozusagen Haushaltshelfer der Verstorbenen. Sie werden ebenfalls vom Gericht bestellt. Das ist meist dann der Fall, wenn keine Erben aufzufinden oder bekannt sind. Das heißt, er organisiert zunächst einmal die Beerdigung, löst den Haushalt auf, kündigt laufende Verträge wie Abos auf und verkauft Sachwerte.
Testamentsvollstrecker/in
Die Arbeit von Testamentsvollstreckern liegt vor allem im Interesse des Verstorbenen. Wer ein Testament verfasst hat, kann darin auch einen Vollstrecker oder eine Vollstreckerin festlegen. Deren Aufgabe besteht in der Verteilung des
Nachlasses im Sinne des Erblassers. Grundsätzlich kann jeder dazu bestimmt werden. Eine spezielle berufliche Qualifikation ist nicht vorgegeben. Auf diese Weise können Streitigkeiten unter den Erben vermieden werden. Die Vollstrecker tragen dafür Sorge, dass jeder Erbe wie vom Verstorbenen erwünscht bedacht wird. Juristen halten diesen Weg für sinnvoll, wenn ein Erblasser vermutet, dass es nach seinem Tode Probleme bei der Verteilung des Vermögens geben könnte. Zu Zwist zwischen den Erben kommt es zum Beispiel, wenn der Nachlass aus vielen einzelnen Positionen besteht, etwa aus Immobilien oder aus Geschäftsbeteiligungen. Auch können sich Erbengemeinschaften mitunter nicht auf gemeinsame Beschlüsse einigen. Ebenso ist die Testamentsvollstreckung bei minderjährigen oder nicht geschäftsfähigen Erben ein guter Weg, den letzten Willen umzusetzen.
Ein Nachteil sind die Kosten der Testamentsvollstreckung. Eine Tabelle des Deutschen Notarvereins dient als Richtlinie für die Vergütung. Sie sieht bei einem Wert von bis zu 250 000 Euro vier Prozent des Vermögens vor. Mit zunehmenden Wert des Erbes sinkt der Prozentsatz dann auf 1,5 Prozent bei einem Wert von fünf Millionen Euro. Das genaue Honorar legt der Erblasser im Testament fest.
Es gibt weitere Nachteile, vor allem für die Erben. Denn Testamentsvollstrecker haben eine starke Rechtsposition und werden vom Nachlassgericht nicht kontrolliert. Sie erhalten viele Rechte im Umgang mit dem Nachlass. Allerdings müssen sie den Erben Auskünfte erteilen. Es gibt nur in zwei Fällen die Möglichkeit, gegen den Vollstrecker vorzugehen. Zum Beispiel, wenn die Anweisungen im Testament das Erbe erheblich gefährden oder wenn der Vollstrecker seine Pflichten grob verletzt. Letzteres ist zum Beispiel der Fall, wenn den Erben wichtige Informationen vorenthalten werden oder der Vollstrecker sich selbst am Nachlass bedient.
Digitaler Nachlass
Einen Tipp zur außerhalb der rechtlich geregelten Nachlassverwaltung sollten Erblasser unabhängig vom Vermögen beachten. Der moderne Mensch verfügt in der Regel über einen ausgedehnten digitalen Nachlass. Das können Abonnements von Streamingdiensten sein, Konten bei Onlinediensten oder sozialen Netzwerken, aber auch Lizenzen, die nach dem Tod weiterbestehen.
Für die Erben ist die Auflösung eine aufwendige Tüftelei, vor allem, wenn es weder eine Aufstellung der Verträge noch Zugangskennwörter gibt. So sollte der Erblasser am besten eine Aufstellung der Dienste und Kennwörter auf einem Speicher hinterlegen und einem Vertrauten den späteren Zugang ermöglichen.
BERLIN (dpa) - Bei der Erbausschlagung zugunsten bestimmter anderer Personen ist Vorsicht geboten. Denn der eigene Erbteil kommt nicht automatisch den Miterben zu. Vielmehr geht er an diejenigen Personen, die geerbt hätten, wenn man selbst vorverstorben wäre. Unter Umständen kommen dann andere zum Zuge, die man gar nicht begünstigen wollte.
Durch eine Anfechtung der Ausschlagung lässt sich dieses Ergebnis nur ausnahmsweise korrigieren, wie die Arbeitsgemeinschaft Erbrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) berichtet. Sie verweist auf ein Urteil des Kammergerichts (KG) Berlin (Az.: 19 W 50/19).
Der Fall: Ein Mann verstirbt und hinterlässt neben seiner Mutter seine Ehefrau und eine gemeinsame Tochter sowie deren Tochter. Ein Testament gibt es nicht. Die Tochter schlägt für sich und ihre Tochter aus, damit ihre Mutter, die Witwe allein erbt. Doch infolge ihrer Ausschlagungen erbt ihre Mutter nicht allein, sondern zusammen mit ihrer Großmutter. Als die Tochter das erfährt, ficht sie die Ausschlagung an.
Motivirrtum greift
Ohne Erfolg. Eine Erklärung kann nur angefochten werden, wenn ihr ein gesetzlich relevanter Irrtum zugrunde liegt, befand das Gericht. Das war hier nicht der Fall. Denn die Tochter befand sich bei Erklärung der Ausschlagung in einem sogenannten Motivirrtum. Ihr Irrtum lag darin, dass sie die gesetzliche Erbfolge verkannt hat. Das ist aber nur eine mittelbare Folge.
Die unmittelbare Folge ihrer Ausschlagung habe sie richtig eingeschätzt. So habe sie nicht angenommen, dass ihr Erbteil ihrer Mutter zufallen würde. Vielmehr war ihr bewusst, dass nach der Ausschlagung die gesetzliche Erbfolge neu zu bewerten ist, so als ob die Anfechtende zu keinem Zeitpunkt Erbin geworden wäre. Das zeigt sich darin, dass sie die Ausschlagung auch für ihre Tochter erklärte.