Die Normalisierung der Arbeit
Fragen und Antworten zur Rückkehr aus der Kurzarbeit
BERLIN - Kurzarbeit gab es in diesem Jahr in nie dagewesenem Ausmaß. Über sieben Millionen Arbeitnehmer haben Schätzungen zufolge in den vergangenen Wochen Kurzarbeitergeld erhalten. Viele Unternehmen und ihre Mitarbeiter, die bisher nie mit diesem Instrument in Berührung gekommen sind, mussten den Umgang damit im Schnellverfahren lernen.
Die nächste Herausforderung ist nun die Rückkehr in die volle, nicht subventionierte Arbeitszeit. Das Land Mecklenburg-Vorpommern zahlt nun sogar eine Prämie von bis zu 700 Euro pro Arbeitnehmer, um den Schritt zu erleichtern.
Wann soll die Rückkehr zur regulären Vollzeit erfolgen?
Wenn sich die Auftragslage stabilisiert, dann muss auch die Kurzarbeit enden – selbst wenn die Versuchung der Betriebe groß ist, noch länger Personalkosten zu sparen. „Als Grundsatz muss der Arbeitgeber darauf achten, die übliche betriebliche Arbeitszeit wieder einzuführen, sobald die Voraussetzungen nicht mehr vorliegen“, sagt Aziza Yakhloufi, Expertin für Arbeitsrecht bei der Kanzlei Rödl & Partner in Eschborn.
Wie läuft das in der Praxis?
Die Rückkehr zum Normalbetrieb erfordert, anders als der Wechsel zur Kurzarbeit, keine Sonderregeln und keine Mitbestimmung. „Grundsätzlich muss der Arbeitgeber das dem Arbeitsamt nur anzeigen“, sagt Yakhloufi.
Was, wenn der Arbeitgeber mich trotzdem noch länger auf kürzerer Arbeitszeit halten will?
Es gibt keine halben Sachen. Wenn der Betrieb die Arbeitszeit eines Mitarbeiters wesentlich ändern will, geht das nur einvernehmlich oder über eine Änderungskündigung. „Arbeitszeit ist ein wesentlicher Teil der Konditionen des Arbeitsvertrags“, sagt Yakhloufi. Sie lasse sich nicht einseitig ändern.
Ist eine Entlassung aus der Kurzarbeit heraus möglich?
Einige Unternehmen sehen keine Perspektive zur völligen Rückkehr auf das Vorkrisenniveau – beispielsweise in Branchen, die länger unter der Pandemie leiden, oder in solchen, die sich strukturell im Abschwung befinden. „Grundsätzlich sind betriebsbedingte Kündigungen nicht ausgeschlossen“, sagt Anwältin Yakhloufi. Der Arbeitgeber muss jedoch begründen, warum die Arbeitsplätze dauerhaft wegfallen. Die Rechtsprechung sieht die Kurzarbeit als Anzeichen dafür, dass der Ausfall nur kurzfristig auftritt. Die Firma muss also erklären, warum die Einschätzung sich geändert hat.
Kann ich mich als Arbeitnehmer in Corona-Zeiten gegen eine betriebsbedingte Kündigung wehren?
Corona ändert nichts daran, dass man eine Entlassung auch anfechten kann. „Der Arbeitgeber muss auch in Sondersituationen auf ordnungsgemäße Durchführung des Kündigungsverfahrens achten“, sagt Yakhloufi. Wie die Gerichte die Lage beurteilen werden, sei noch nicht abzusehen. Grundsätzlich sei der Kündigungsschutz in Deutschland weiterhin stark.
Bei uns zieht sich die Krise noch hin. Kann ich während der Kurzarbeit Urlaub nehmen?
Ja. Auch das Urlaubsgeld sollte es wie gewohnt geben, haben die Gerichte entschieden. Manchmal will der Arbeitgeber das sogar ausdrücklich. Schließlich verringert das ebenfalls die vorhandene Arbeitsleistung. Wenn der Urlaub schon genommen ist, fehlen die Mitarbeiter nicht ausgerecht dann, wenn die Konjunktur wieder anzieht.