Langsam wird es eng
Im vergangenen Jahr hat Spaichingen an vielen Ecken und Enden angebaut
SPAICHINGEN
- Das größte Spaichinger Bauprojekt findet derzeit etwas abseits statt. Neben der Bahnlinie nach Aldingen baut die Stadt die Kläranlage aus. Andere Projekte wie der Ausbau der Hauptstraße oder das Neubaugebiet Heidengraben stehen eher im Fokus. Fakt ist: In Spaichingen wird viel gebaut. Die Stadt wird immer größer. Es leben hier nicht nur ständig mehr Menschen, sie brauchen auch immer mehr Platz.
Wo in Spaichingen im letzten Jahr überall angebaut und ausgebaut worden ist und wo noch neues entsteht, das erklärt Bauamtsleiter Gerd Hohner. Seit 2014 baut die Stadt an der Kläranlage. Zuerst waren die biologische Klärstufe, die Feinstfilter und die Rechenanlagen dran.
Seit 2019 entsteht jetzt ein neues Becken für Regenwasser. Das soll helfen, wenn es viel regnet. Hohner erklärt: „ Wenn es im Moment so viel regnet, dass die Kläranlage überfordert ist, dann leiten wir verdünntes, aber eben ungeklärtes Wasser aus der Kanalisation in die Prim.“
Mit dem neuen Becken sei das nicht mehr nötig. Das fange das überschüssige Wasser dann auf und filtere es durch eine Sandschicht, bevor es in die Prim gelange. „Damit können wir jede Abflussmenge bewältigen“, sagt Hohner.
Das gesamte Projekt sei damals durch ein Gutachten angestoßen worden, das festgestellt habe, dass die Prim verunreinigt war. Deshalb baut die Stadt die Anlage aus. Hohner erklärt: „Wenn im Sommer wenig Wasser fließt, dann entspringt die Prim praktisch an der Spaichinger Kläranlage, deswegen sei es wichtig, dass die Qualität stimme.“
Die Gesamtkosten des Ausbaus belaufen sich auf rund sechs Millionen Euro, etwa die Hälfte davon bezahlt das Regierungspräsidium. Wenn die Anlage 2021 fertig ist, sei sie eine der modernsten im süddeutschen Raum, so Hohner.
Das andere Projekt, das die Stadt Millionen kostet war für die meisten Spaichinger sehr präsent. Für ebenfalls sechs Millionen Euro hat die Stadt hier nicht nur die Prim in ein neues Gewölbe gelegt, sondern auch den Kreuzplatz neu gepflastert und die Durchgangsstraße frisch gestaltet. Zum Stand dieser Arbeiten haben wir bereits ausführlich berichtet.
In die Millionen ging auch das Neubaugebiet Heidengraben am Dreifaltigkeitsberg. In drei Abschnitten hat die Stadt hier seit 2015 120 Bauplätze erschlossen. Die sind längst alle verkauft. „Das hätte eigentlich länger halten sollen“, sagt Hohner. Eigentlich habe man damit gerechnet, am Heidengraben Bauplätze für die nächsten 15 Jahre zu haben. Jetzt sei nach fünf Jahren alles weg.
Auch hier sind etwa sechs Millionen Euro in die Erschließung geflossen. Über den Bauplatzpreis sind die neuen Anwohner hier an den Kosten beteiligt.
Erschließung bedeutet natürlich nicht nur Straßenbau. Es müssen auch immer die Leitungen für Strom, Wasser, Gas und Telekommunikation in die Erde, außerdem das Abwassersystem. Meist verlegt die Stadt auch gleich Leerrohre, in die sie später Glasfaserkabel für schnelles Internet legen könnte.
Neben neuen Straßen und Leitungen ist auch ein Regenwasserbecken entstanden. Hohner: „Durch die Neubauflächen ist viel Gebiet versiegelt, wenn das Wasser jetzt alles ins Tal fließt, könnte das die Kanalisation unten überfordern.“Deshalb habe man hier jetzt einen Puffer. Über einen ferngesteuerten Schieber könne die Kläranlage die Abflussmenge steuern.
Ein kleines Experiment sind die beiden Ziegen, die momentan im Becken leben. „Die sollen uns den Bewuchs hier kurz halten, damit das Becken nicht zuwuchert“, sagt Hohner.
Am Dreifaltigkeitsberg hat die Stadt auch schon das nächste Baugebiet im Auge. Zwischen Heidengraben und Dreifaltigkeitsbergstraße könnten weitere Bauplätze entstehen. Richtung Berg ist aber bald Schluss. Hohner sagt: „Am Hang haben wir viele Ausgleichsflächen, zum Beispiel die Streuobstwiesen.“
Ausgleichsflächen muss die Stadt ausweisen, um den Flächenverbrauch bei neuen Vorhaben zu kompensieren.
Neue Straßen sind auch in den Industriegebieten einige entstanden. Hier erschließt die Stadt Flächen für die lokale Wirtschaft. Der neue Zeppelinweg schlägt einen Ring vom Sandbrünnele zur Max-Planck-Straße.
Der Schutzwandhersteller SSP hat hier ein neues Gebäude. Hier belaufen sich die Kosten auf 220 000 Euro, die Anlieger sind auch hier über die Bauplätze beteiligt.
Außerdem ist eine Löschwasserzisterne entstanden. Hohner sagt: „Wir können hier nicht genügend Wasser herpumpen, deshalb brauchen wir die Zisterne.“Das kostet die Stadt 100 000 Euro.
Am Daimler-Autohaus Riess zweigt die neue Carl-Benz-Straße ab. „Wir haben hier einen Interessenten für einen Firmenneubau“, sagt Hohner. 290 000 Euro kostet hier der Straßenbau. Später soll die RudolfDiesel-Straße verlängert werden und an die neue Carl-Benz-Straße anschließen.
Dann ist aber auch am Hang Richtung Hausen bald Schluss. „Wir müssen hier natürlich Platz lassen für die mögliche Variante der Umgehungsstraße“, sagt Hohner. Es gebe nicht mehr viele Flächen für Neubauten und was noch da sei, wäre bereits reserviert.
Von der Einsteinstraße aus baut die Stadt gerade noch eine Stichstraße in Richtung Keplerstraße. 75 000 Euro kostet das, einen Namen hat die
Straße noch nicht. Auch hier sei das Bauvorhaben eines Unternehmens ausschlaggebend für den Bau gewesen.
Gleiches gilt auch für die neu gebaute Hermann-Winker-Straße und die Erweiterung des Gebiets Eschwasen. Hier hat Hewi ein neues Gebäude gebaut, außerdem hat sich der Medizintechnikhersteller PTU Medical hier angesiedelt. Die Flächen, die hier jetzt noch übrig sind, habe sich Hewi bereits als Reservefläche reserviert.
Den Bach entlang der Schuraer Straße hat die Stadt derweil als Ausgleichsmaßnahme umgestaltet. Hohner sagt: „Wir haben ein breiteres Flussbett und eine sogenannte raue Rampe angelegt, um die Fließgeschwindigkeit zu verringern.“Außerdem hat die Stadt hier Bäume gepflanzt.
Insgesamt hat die Stadt hier drei Millionen Euro verbaut. Hewi ist über den Bauplatzpreis an den Kosten beteiligt.
Auch in den Wohngebieten hat sich etwas getan. Neu ist beispielsweise die Bismarckstraße. 560 000 Euro hat die Stadt hier ausgegeben, um die marode Straße inklusive der Leitungen zu sanieren. Außerdem wurden die Straße Am Weppach und die Primstraße erneuert. Ebenso die Robert-Koch-Straße, die ab Herbst auf dem verbleibenden Stück hin zur Hauptstraße ausgebaut wird.
Mit all den Anbauten wird es in Spaichingen tatsächlich eng. „Insgesamt werden uns leider langsam die Flächen knapp, so wie jetzt können wir nicht mehr lange weiterbauen“, sagt Hohner. Künftig müsse man nachverdichten, und eben auch in die Höhe bauen. Das bedeute aber keine neuen Türme wie sie an der Europastraße stehen. „ In Zukunft geht es darum, die Nutzung von Dachgeschossen zu ermöglichen, alte Bausubstanz zu beleben und Mehrfamilienhäuser mit drei bis vier Geschossen in die Stadt zu kriegen.“