Simeon Medical wird unabhängiger
Ein vollautomatisiertes Drehzentrum stellt viele Teile für die Produktion vor Ort her
Wie sich das Medizintechnik-Unternehmen von Zulieferern löst.
TUTTLINGEN - Das Tuttlinger Medizintechnik-Unternehmen Simeon Medical investiert in die Zukunft. Für einen sechsstelligen Betrag wurde ein voll-automatisiertes Drehzentrum gekauft. Die 13 Tonnen schwere Maschine wurde nun angeliefert. Damit will Simeon Medical unabhängiger von Zulieferern und Lieferketten werden.
Der Monat Mai sei schon eine Herausforderung gewesen, sagt Geschäftsführer Tobias Lang. Zwar habe Simeon Medical eine „geringe Grundabhängigkeit“von Zulieferern. Der Anbieter von Operationsund Untersuchungsleuchten, Kameraund Videosystemen sowie Deckenversorgungseinheiten für das Krankenhaus bietet aber Systeme an. „Und wenn nur ein Teil fehlt, kann der Kunde damit nichts anfangen und wir nicht liefern“, erklärt Lang. Zudem sei die Logistik eine Herausforderung gewesen. Es gab weniger Schiffe und Flugzeuge, die Waren transportierten. Zudem lag der Preis bei dem dreieinhalb bis fünffachen des normalen Betrags.
Diese Probleme gehören bald weitgehend der Vergangenheit an. Das Drehzentrum ist bereits geliefert, das notwendige Instrumentarium sowie dazugehörende Roboter folgen Mitte Juli. Dann wird die Maschine eingestellt und soll spätestens im September voll einsatzbereit sein. „Damit erhöhen wir die Produktionstiefe am Standort Tuttlingen und sichern uns durch eine Steigerung der In-House Produktion“, erklärt Lang.
Wie viele Teile in den Produkten des Tuttlinger Unternehmens verbaut sind und wie viele Teile zugekauft werden müssen, kann Lang „pauschal“nicht sagen. Dies hänge von den einzelnen Modellen und der Ausfertigung ab. Klar ist aber: Mit der neuen Maschine können mehr Teile gedreht werden und wegen geringer Rüstzeiten auch kleinere Losgrößen hergestellt werden. „Damit wird die Produktion signifikant gesteigert“.
Und das ist nötig. Denn Simeon Medical scheint, bald wieder gute Geschäfte machen zu können. Man habe Streifspuren durch den CoronaLockdown, gerade in Asien, Afrika und der arabischen Welt, erhalten. Nun zeichne sich aber wieder eine „positive Marktentwicklung“ab. Deshalb soll auch die coronabedingte Kurzarbeit im September wieder aufgehoben werden. „Wir gehen davon aus, dass wir dann in den Normalbetrieb zurückkehren können“, erklärt Lang.
Sorgen der Mitarbeiter, dass die weitergehende Automatisierung Arbeitsplätze kosten könnte, sind nicht begründet. Der Kauf des neuen Drehzentrums sei nicht mit Stellenstreichungen
verbunden, sagt Lang. Der Austausch der Maschine habe im Zuge der Modernisierung des Maschinenparks angestanden. Und die Corona-Pandemie habe gezeigt, „dass die Abhängigkeit von internationalen Lieferketten im Krisenfall schnell zu Problemen führen kann. Je flexibler wir inhouse produzieren, desto handlungsfähiger bleiben wir“, erklärt Lang. Produkte „Made in Tuttlingen“seien seinem Unternehmen immer wichtig gewesen. Deshalb sei der Kauf des Drehzentrums auch eine Entscheidung, den „Standort Tuttlingen zu stärken.“