Bundesregierung lehnt Lärmobergrenze für Motorräder ab
Verkehrsministerium hält Bundesratsvorstoß für „nicht umsetzbar“und sieht die Länder in der Pflicht
BERLIN - Die Bundesregierung lehnt einen Vorstoß des Bundesrats zur Reduzierung des Motorrad-Lärms ab. Das geht aus einer Antwort des Verkehrsministeriums auf eine Anfrage der FDP hervor. Eine Obergrenze von 80 Dezibel sei nicht umsetzbar, heißt es in der Antwort. Auch die vom Bundesrat geforderte Halterhaftung sei verfassungsrechtlich „bedenklich“.
Der Bundesrat hatte sich Mitte Mai für Sonn- und Feiertagsfahrverbote für Motorräder starkgemacht. Außerdem sprach sich die Länderkammer bei neuen Modellen für eine Lärmobergrenze von 80 Dezibel und das Verbot von individuell einstellbaren Geräuschkulissen („Sound Design“) aus. Stattdessen sollten Maschinen mit alternativen Antrieben unterstützt werden. Zahlreiche Motorradfahrer
hatten am Wochenende unter anderem in Stuttgart und Friedrichshafen gegen die Pläne demonstriert.
Das Ministerium von Andreas Scheuer (CSU) sieht nicht den Bund, sondern die Länder selbst in der Pflicht: „Die Straßenverkehrsbehörden der Länder können schon jetzt zum Beispiel zum Schutz vor Lärm und Abgasen die Benutzung bestimmter Straßen oder Straßenstrecken
durch Motorradfahrer beschränken oder verbieten und den Verkehr umleiten“, schreibt das Verkehrsressort. Zwar gebe es europäische Bemühungen, Motorräder leiser zu machen. Doch „der vom Bundesrat vorgeschlagene Wert von 80 Dezibel stößt nach Expertenmeinung insbesondere bei leistungsstarken Motorrädern an Grenzen und wird von verschiedenen Seiten als nicht umsetzbar bewertet“und habe in der EU keine Mehrheit, heißt es in der Antwort. Auch die Idee einer Halterhaftung für lautes Fahren sei „bedenklich“, eine Fahrtenbuchpflicht „nach derzeitiger Bewertung unverhältnismäßig“.
Die FDP dürfte sich von dieser Antwort bestätigt fühlen. Aus ihrer Sicht werden Motorradfahrer durch die Bundesratsinitiative „unter Generalverdacht gestellt“, obwohl nur wenige Rowdys den meisten Lärm verursachten. Generelle Fahrverbote lehnen die Liberalen als entscheidenden Einschnitt in die Freiheitsrechte ab, Sperrungen würden nur zur Verlagerung auf andere Strecken führen.
Wie oft es in Deutschland zu Lärmüberschreitungen durch Motorradfahrer kommt, weiß die Bundesregierung nicht. Solche Daten seien Sache der Länder. Insgesamt fühlen sich die Deutschen durch Verkehrslärm allerdings schon eingeschränkt. 2018 gaben in einer Befragung der Regierung 21 Prozent an, sich stark oder sehr stark gestört oder belästigt zu fühlen.
Auch der Städte- und Gemeindebund lehnt generelle Fahrverbote ab. Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg forderte in der „Neuen Osnabrücker Zeitung“einen runden Tisch mit Kommunen und Motorradbauern zum Thema.