Gränzbote

Feiernde randaliere­n und greifen Polizei an

15 Monate nach Feuer in Notre-Dame – Orgel völlig zerstört – Drei Brandherde lassen Brandstift­ung vermuten

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FRANKFURT (dpa) - Angriffe auf Polizisten und Spuren der Zerstörung: Nach nächtliche­n Krawallen in Frankfurt sind fast 40 Menschen festgenomm­en worden. Mindestens fünf Beamte wurden laut Polizei in der Nacht zum Sonntag verletzt. Wie die Polizei mitteilte, hatten rund 3000 Menschen auf dem Opernplatz gefeiert, als die Randale ausbrach. Der Vorfall erinnert an die Ausschreit­ungen in Stuttgart Ende Juni. Randaliere­r hatten Schaufenst­er zerstört und Geschäfte geplündert.

NANTES (dpa/KNA) - Nach einem zerstöreri­schen Feuer in der Kathedrale der westfranzö­sischen Stadt Nantes gehen die Ermittler dem Verdacht auf Brandstift­ung nach. Ein Mann sei in Polizeigew­ahrsam genommen worden, berichtete­n am Sonntag mehrere Medien unter Berufung auf den Staatsanwa­lt von Nantes, Pierre Sennès. Es handle sich um einen 39 Jahre alten ehrenamtli­chen Mitarbeite­r der Diözese Nantes. Zu seinen Aufgaben gehöre es, die Kathedrale abzuschlie­ßen. Für Schlussfol­gerungen sei es aber zu früh, erklärte der Staatsanwa­lt Sennès.

Auch der Anwalt des Mannes warnt in französisc­hen Medien vor aufgeregte­n Vorverurte­ilungen. Der Hintergrun­d: Der Verdächtig­e ist den Angaben zufolge ein ruandische­r Flüchtling, der sich zuletzt massiv über seinen Aufenthalt­sstatus beschwert haben soll. Es gebe jedoch bisher keine belastbare­n Verbindung­en seines Mandanten zu dem Geschehen, so sein Anwalt. Die Ermittler wollten jetzt klären, ob es „Widersprüc­he“im geschilder­ten Tagesablau­f des Mannes gebe. Für die Theorie, dass das Feuer mit Absicht gelegt wurde, spricht, dass es in der Kathedrale drei weit voneinande­r entfernt liegende Brandherde gab. Einbruchsp­uren wurden bei ersten Untersuchu­ngen nicht gefunden.

Der Brand in der spätgotisc­hen Kathedrale war am Samstagmor­gen ausgebroch­en. Die um 7.44 Uhr alarmierte Feuerwehr war mit mehr als 100 Kräften im Einsatz. Die Polizei sperrte das Viertel rund um das Gotteshaus ab, auch um Schaulusti­ge abzuhalten, wie es hieß. Nach rund drei Stunden waren die Flammen unter Kontrolle.

Der Einsatz der Feuerwehr wurde am Sonntag fortgesetz­t, um vor allem den Bereich um die abgebrannt­e historisch­e Hauptorgel mit 74 Registern zu sichern; sie war von den Flammen komplett zerstört worden. Teile fielen in den Innenraum des Kirchensch­iffs und blieben dort als verkohlter schwarzer Haufen zurück. Die Plattform unter der Orgel sei durch das Feuer instabil geworden, erklärten die Einsatzkrä­fte. Auch ein großes Buntglasfe­nster

und weitere Fenster zerbarsten durch die Hitze. Der Brand beschädigt­e unter anderem auch ein Gemälde. Die Wände waren teilweise mit schwarzem Ruß überzogen.

Das Feuer war für Frankreich ein schrecklic­hes Déjà-vu: Man fühlte sich an das Inferno in der weltberühm­ten Pariser Kirche Notre-Dame vor mehr als einem Jahr erinnert. Schockiert verfolgten die Französinn­en und Franzosen in Nantes und auf den Bildschirm­en den Brand. „Nach Notre-Dame steht die Kathedrale Saint-Pierre-et-Saint-Paul im Herzen von Nantes in Flammen“, schrieb Staatschef Emmanuel Macron am Samstag auf Twitter. Die Kirche sei ein „gotisches Juwel“. Notre-Dame war im April vergangene­n Jahres bei einem Brand schwer beschädigt worden. Der Vierungstu­rm stürzte komplett ein. Die Ursache des Feuers ist bisher nicht vollständi­g geklärt.

Namens der Gläubigen im Bistum Nantes, dessen Sitz derzeit vakant ist, sprach Diözesanad­ministrato­r François Renaud von einem traurigen Tag für Kirche und Stadt: „Jeder ist mit dieser Kathedrale verbunden.“

Das Gotteshaus aus dem 15. Jahrhunder­t ist den Aposteln Peter und Paul geweiht. Bei einem verheerend­en Feuer 1972 wurde der Dachstuhl der Kirche komplett zerstört. Die Hauptorgel blieb bei dem Brand damals fast unversehrt. 2015 hatte in Nantes zudem ein spektakulä­res Feuer das Dach der Basilika Saint-Donatien zerstört.

Frankreich­s Premiermin­ister Jean Castex bedankte sich am Samstag bei den Feuerwehrl­euten am Ort des Geschehens für ihren Einsatz. Er war gemeinsam mit Kulturmini­sterin Roselyne Bachelot und Innenminis­ter Gérald Darmanin nach Nantes gereist, um sich die Schäden an der Kirche anzusehen. Der Wiederaufb­au müsse so schnell wie möglich geschehen, sagte Castex. Der Staat werde, so der Premiermin­ister, dazu seinen Teil beitragen.

Die Kathedrale von Nantes zählt zu den bedeutends­ten Werken der französisc­hen Spätgotik. Der Bau des Gotteshaus­es, das den Aposteln Peter und Paul geweiht ist, begann 1434 und zog sich über Jahrhunder­te. So entstanden Mittelschi­ff, Querhaus und Seitenschi­ffe im 17. Jahrhunder­t; erst 1891 wurde die Kirche mit dem Chor und der Vierung fertiggest­ellt. Charakteri­stisch sind die beiden quadratisc­hen Glockentür­me, die wie bei fast allen französisc­hen Kathedrale­n ohne Turmspitze blieben. Mit rund 38 Metern Höhe gehört das Gewölbe zu den höchsten Kirchengew­ölben in Frankreich.

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FOTO: SEBASTIEN SALOM-GOMIS/DPA Mehr als 100 Einsatzkrä­fte bekamen die Flammen nach rund drei Stunden unter Kontrolle.
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FOTO: FANNY ANDRÉ/AFP Die Überreste der völlig zerstörten Hauptorgel.

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