Durch die Hölle in der Halle
Grenzenloses Spielen und Erleben in virtuellen Welten
Triebwerke starten. Der Flug beginnt. Vorbei an Wolkenkratzern bis in den Himmel. Dort das Bergpanorama genießen. Erlebnisse wie diese ermöglicht neue Unterhaltungstechnik in Schramberg. Die kabellose VR-Brille macht Virtualität neu erlebbar. Ein 360-Grad-Bild zeigt die Spielumgebung, Kopfhörer übermitteln passende Geräusche und Musik, gleichzeitig schirmen sie Umgebungslärm ab. Mit zwei Controllern in Händen bewegt sich der Besucher in der Animation. Ort des Geschehens: das VRitz, eine Spielhalle der neuen Generation – ohne blinkende Automaten und Einarmige Banditen.
Die Firma VRitz hat sich im ehemaligen Industriegebäude des Unternehmens Junghans Uhren eingerichtet. Der Raum mit den weißen, hohen Wänden besitzt Loftcharakter, Holzboden und rote Sitzsäcke machen ihn wohnlich. Erst in diesem Jahr haben die virtuellen Welten mit 50 Spielen eröffnet – dabei sind Room Escapes, Shooter und Formel-1-Rennen. Spielende bewegen sich allein oder gemeinsam mit Freunden durch das virtuelle Erlebnis. In der Realität steht jeder für sich in einer der zwölf Boxen, unterteilt durch Stoffwände. Durch die VRBrille sieht der Besucher an ihrer statt aber gelbe Lichtgitter, um nicht dagegen zu laufen.
Wer die Spiele ausprobiert, spürt schnell, wie sich die Wahrnehmung der Realität mit den Bildern der virtuellen Welt vermischt. Die Triebwerke laufen auf Hochtouren, gläserne Hochhausfaden rauschen vorbei. Immer mal wieder die Richtung wechseln, um einem Turm auszuweichen, dann über der Stadt ein paar Runden drehen – zu Beginn passiert das noch unfall- und schwindelfrei. „Die meisten verlieren erst einmal das Gleichgewicht“, sagt Betreiber und Geschäftsführer Jannek Laaws, als er auf einem Bildschirm den Rundflug über die Stadt mitverfolgt. Dann sei es gut, wenn jemand daneben stehe und den Spielenden festhalten könne, ehe er falle. Gäste hätten auch schon versucht, während eines Spiels ihren Controller auf einem virtuellen Tisch abzulegen, da sie den Bezug zur Realität verloren hätten. Woraufhin der Controller logischerweise zu Boden fiel.
Ähnlich geht es mir beim schnellen Landeanflug. Den Glasfassaden ausweichend schieße ich auf eine Gebäudeöffnung zu. Himmel, Häuser und ein Parcours aus Ringen rauschen vorbei. Im Versuch, die Landung abzufangen, finden Hände samt Controllern intuitiv den Holzboden. Nichts passiert. Auch die Controller sind heil geblieben.
Ins VRitz gehen großteils jüngere Menschen. Geplant ist aber auch, Seniorenvormittage anzubieten. Laaws glaubt, dass beispielsweise virtuelle Naturerlebnisse dieser Zielgruppe gefallen könnten. Der Besucher kann zwischen unterschiedlichen Szenerien wählen, von der Südseeinsel bis zum verschneiten Wald.
Ein Klick auf die Kachel und der Spieler steht in einem hügeligen, verschneiten Waldgebiet. Er kann die Umgebung erkunden oder einem Hasen folgen, der von seinem Beobachter keine Notiz nimmt. Oder er gestaltet selbst sein Umfeld: In Hüfthöhe leuchten einige Symbole auf, die kann der Spieler mit seiner Hand greifen, festhalten und wegwerfen. An der Stelle, an der das Piktogramm fällt, kann er beobachten, wie in wenigen Sekunden ein Baum oder Busch heranwächst. Ein anderes Piktogramm trägt ein Wettersymbol. Der Spieler tippt es an, und dicke Schneeflocken fallen vom Himmel.
Im Naturerlebnis sollen als nächstes Wind und Regen spürbar werden. Das will Laaws durch zusätzliche Ausstattung erreichen. Zum VREquipment soll bald ein Weste gehören, die Vibrationsimpulse sendet. Eine hat er zum Testen schon da. Im Selbstversuch – vorerst ohne Spielbetrieb – brummt sie, wie gefordert. Ohne die Akustik und das Bild von Wind oder Regen aber fühlen sich die Vibrationen unrealistisch an. Die Weste kann noch mehr: Für Egoshooter gibt es Simulationen, die erschreckend echt einen Treffer aus einer Schusswaffe spürbar machen.
Ein weiteres Angebot des VRitz ist das Reisen via Google Earth VR. Nach einer Eingabe ins Suchverzeichnis
schwebt der Nutzer zum Beispiel über Notre-Dame, New York oder Machu Picchu. Er kann die Tageszeit ändern, näher heranzoomen und sich in 3D-Bildern umsehen, um Details zu entdecken.
Ziemlich sportlich wird es bei dem Spiel „Beat Saber“. Der Spieler ist mit einem roten und einem blauem Lichtschwert bewaffnet. Rhythmisch passend zu einer wählbaren Musik muss er mit ihnen jeweils farblich passenden Blöcke zerteilen, um Punkte zu sammeln. Im Egoshooter „Arizona Sunshine“muss ein Spielerteam mit Handfeuerwaffen einen Zombieangriff abwehren. Und in „Richie’s Blank Experience“kann sich der Besucher auf einem schmalen Brett über einen tiefen Abgrund stellen und mithilfe von Triebwerken abheben und losfliegen. Die verschiedenen Angebote sollen wöchentlich wechseln, je nachdem, wie gut sie angenommen werden, erklärt Laaws. Als nächstes will der Geschäftsführer „Angry Birds“testen. Das Spiel ist durch die SmartphoneApp bekannt.
Weitere Informationen unter www.vritz.de
Die Beiträge der Sommerzeit finden Sie auch online unter www.schwäbische.de/sommerzeit