Urlauber dringend gesucht
Hotelbesitzer in der Region klagen über bis zu 80 Prozent weniger Umsatz als im Vorjahr
Umsatzeinbußen machen lokalen Hoteliers und Gastronomen zu schaffen.
TUTTLINGEN - Zurzeit ist Urlaubssaison. Vor allem in Deutschland nimmt der Tourismus an Fahrt auf. Davon möchte auch die IHK Region Schwarzwald-Baar-Heuberg profitieren – denn Corona hat die hiesigen Hotels, Gastronomen und Freizeiteinrichtungen schwer getroffen.
In einer Medienkonferenz unterstrichen Michael Steiger, Vorsitzender des Tourismusausschuss der IHK Schwarzwald-Baar und Geschäftsführer des Irish Pubs in Tuttlingen, sowie Carolin Deberling, Mitglied der IHK Vollversammlung und stellvertretende Geschäftsführerin der Werbeagentur „Gruppe Drei“, den Ernst der Lage.
Steiger zufolge hat die coronabedingte Betriebsschließung im Frühjahr über 3000 Gastronomen, Hoteliers und Freizeiteinrichtungen in der Region ins Mark getroffen.
Eine davon ist Tatjana Glas vom Hotel „Rosengarten“in Tuttlingen. „Ohne unsere Rücklage hätten wir den Corona-Lockdown nicht überlebt“, sagt sie. Zwar gebe es zurzeit wie in anderen Hotels wegen der Urlaubssaison wieder mehr Buchungen – „mit 2019 ist das aber nicht vergleichbar.“
So würden die Jahresumsätze stark unter dem Vorjahresniveau liegen. Die konkreten Zahlen nennt Steiger: Bei den Restaurants in der Region seien es 55 Prozent weniger und bei den Hotels 80 Prozent weniger als noch 2019. Rund 70 Prozent der Betriebe sehen deshalb ein Insolvenzrisiko. Glas fürchtet vor allem einen zweiten Lockdown. Entsprechend eindringlich ist Michael Steigers Appell: „Besucht uns jetzt und haltet uns am Leben.“
Auch die Tourismusbranche selbst müsse umdenken. Vor allem Herbst und Winter werden das Gastgewerbe schwer treffen, so Steiger. Die Stadtverwaltungen, Gastronomen, Händler und Dienstleister müssen gemeinsame Maßnahmen erarbeiten, um die lokale Tourismus- und Freizeitwirtschaft am Leben zu halten.
„Dazu gehört, die Attraktivität in Innenstädten mit Außengastronomie und Klein-Events beizubehalten“, sagt Steiger. So könnte beispielsweise bei den in vielen Städten verbotenen Heizpilzen „ein Auge zugedrückt“werden, damit Besucher länger draußen sitzen können.
Zudem sollten Gästekarten miteinander kombiniert werden. „Dem Besucher ist es egal, ob er die Alboder Schwarzwald-Card nutzt“, sagt Steiger. Kooperationen könnten Urlauber dazu bringen, wieder vermehrt in die Region zu kommen. Steiger geht davon aus, dass die Menschen künftig vorsichtiger buchen werden.
Sein Fazit: „Je länger wir sie in der Region halten können, desto eher werden wir überleben.“Carolin Deberling stellte in ihrem Vortrag dar, wie der Tourismus sich zuletzt entwickelt hat und voraussichtlich weiter entwickeln wird. Wobei sie sogleich eine Einschränkung machte: „Es gab noch keine Zeit, die so schlecht vorhersehbar war wie diese.“
Fest stehe aber: Einen Urlaubsboom, wie in den vergangenen zehn Jahren, werde Deutschland nicht mehr erleben. Vor allem Besuche von kulturellen und historischen Sehenswürdigkeiten werden laut Deberling zurückgehen. Dafür könnten Aufenthalte in der Natur – vom Spaziergang über das Radfahren bis zur Wanderung – an Bedeutung gewinnen.
Gleiches gilt für individuelle Urlaube: Das betrifft sowohl die Anreise, bei der das Auto als Transportmittel ihr zufolge wieder in Mode kommen wird, als auch den Aufenthaltsort. Ferienwohnungen etwa boomen zurzeit. Allerdings nur, wenn sie einen ähnlich hohen Wohnstandard wie daheim bieten.
Deberling zufolge ist es wichtig, dass die Tourismusbranche auf diese Trends reagiert. Um die Coronakrise zu überstehen, müssen Gastronomen, Hoteliers und Freizeiteinrichtungen aus der „Haltung der Bequemlichkeit“herauskommen und aktiv auf die Gäste zugehen – etwa durch einen transparenten und ansprechenden Auftritt auf ihren Internetseiten.
„Die Menschen müssen sehen, dass sie im Urlaub sicher sind und auch in Deutschland viel geboten bekommen“, sagt Deberling.