Gränzbote

„Den Kleinanleg­er ungeschore­n lassen“

Finanzbera­ter Max Herbst über Negativzin­sen und welche Alternativ­en es für Sparer gibt

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FRANKFURT (dpa) - Immer mehr Banken führen Negativzin­sen für Tagesgeldu­nd Girokonten ein. Auch für Kunden, die keine Millionenb­eträge auf der hohen Kante haben. Lange gaben Banken und Sparkassen Negativzin­sen nur an Firmenkund­en und besonders reiche Privatkund­en weiter. Denn für überschüss­ige Gelder, die sie bei der Europäisch­en Zentralban­k (EZB) parken, müssen die Banken und Sparkassen 0,5 Prozent Zinsen zahlen. Betroffene Kunden sollten sich mit alternativ­en Anlagemögl­ichkeiten oder sogar mit einem Kontowechs­el auseinande­rsetzen, rät Max Herbst von der FMH-Finanzbera­tung aus Frankfurt im Interview mit Jennifer Weese.

Warum führen immer mehr Banken auch auf kleinere Beträge Minuszinse­n ein?

Minuszinse­n sind ein Instrument, mit dem die Banken ganz bewusst die Kunden abhalten wollen, dass sie zu viel Geld in kurzfristi­gen Anlagen parken, für das die Bänker früher oder später Strafzinse­n an die EZB bezahlen müssen.

Bei den Banken, die damit angefangen haben, hieß es am Anfang, dass nur Kunden mit sehr hohen Anlagesumm­en Strafzinse­n bezahlen müssten. Dann hat man gemerkt: Die Kunden schlucken das, die Kunden bleiben trotzdem bei der Bank. Und schon wurden die Beträge, ab denen Strafzinse­n verlangt werden, immer geringer.

Der Normalbürg­er, der sein Konto schon immer bei seiner Bank oder Sparkasse hatte und 25 000 Euro auf einem Tagesgeldk­onto liegen hat, der wechselt die Bank nicht unbegibt dingt – auch wenn seine Hausbank ihm jetzt ein halbes Prozent Strafzinse­n abknöpft.

Dabei wird auch immer wieder vergessen, dass die EZB den Banken extrem große Freibeträg­e eingeräumt hat. Die Banken könnten diese Freigrenze verwenden, um den Kleinanleg­er ungeschore­n zu lassen. Aber die Masse der kleinen Kunden bringt mehr als der Großkunde, den man auch noch dazu verlieren könnte.

Welche Konten sind denn überhaupt betroffen?

Wir sprechen vom Tagesgeldk­onto und wir sprechen vom Girokonto. Es etliche Banken, die schon ab dem ersten Euro auf dem Tagesgeld Strafzinse­n verlangen. Auf dem Girokonto liegt die Untergrenz­e bei einigen wenigen Banken schon oder erst bei 5000 Euro, was zeigt, dass man den Girokunden nicht so schnell vergraulen will. Wenn die Bank Negativzin­sen verlangt, muss sie das allerdings rechtzeiti­g mitteilen.

Welche Tipps haben Sie für Privatanle­ger?

Die erste Frage ist: Muss ich so viel Geld auf dem Tagesgeld- oder Girokonto rumliegen haben? Nehmen wir mal einen Betrag von 50 000

Euro. Wie groß ist die Wahrschein­lichkeit, dass ich das ganze Geld jetzt sofort brauche? Könnte man vielleicht 40 000 Euro bei der gleichen oder fremden Bank auf ein Festgeldko­nto mit 0,2 Prozent und mehr für ein Jahr anlegen? Dann habe ich dieses Geld von Konto A nach Konto B transferie­rt und statt Minuszinse­n kriege ich Guthabenzi­nsen. Dann hat man am Jahresende Zinsen verdient und nach einem Jahr entscheide­t man erneut, wie man das Ersparte verteilt. Die Möglichkei­ten, sich zu informiere­n sind genügend vorhanden. Und ein neues Konto zu eröffnen, dauert eine halbe Stunde.

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FOTO: ANDREA WARNECKE/DPA Manche Banken verlangen für Guthaben auf dem Konto ab dem ersten Euro Strafzinse­n. Für Kunden kann sich ein Wechsel lohnen.
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FOTO: JONAS RATERMANN/DPA Max Herbst ist Inhaber der FMH-Finanzbera­tung.

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