Gränzbote

Neue App: Braune Schilder an der Autobahn sollen Touristik-Tipps geben

Zweifel an der Nutzung – Tuttlingen verweigert die Teilnahme

- Von Dieter Kleibauer

LANDKREIS TUTTLINGEN - Eine neue App soll Autofahrer Hinweise auf touristisc­he Ziele links und rechts der Autobahn geben. Eine Probefahrt auf der A 81 macht die Lücken deutlich: Ausgerechn­et Tuttlingen und Trossingen fehlen dort.

Grundlage der App „Maqnify“– jawohl, mit „q“und nicht „g“! – sind die braunen Schilder an deutschen Autobahnen, die auf touristisc­he Ziele hinweisen und sozusagen einen Abstecher dorthin empfehlen. Solche „touristisc­hen Unterricht­ungstafeln“, wie sie offiziell heißen, stehen seit den 1980er-Jahren an deutschen Schnellstr­aßen und weisen auf Bauwerke, Orte, Landschaft­en, aber auch historisch­e Ereignisse hin. In der Regel stehen sie vor der Ausfahrt, die dem dargestell­ten Ziel vorausgeht.

Das junge Emmendinge­r Unternehme­n Maqnify entwickelt und realisiert seit 2012 digitale Konzepte zu Stadtmarke­ting und Tourismus – etwa digitale Stadtrundg­änge. Daraus ist die Idee zur App „Erlebnisgu­ide“entstanden, die zu den rund 200 baden-württember­gischen Stationen, eben jenen auf einer braunen Tafel dargestell­ten, Audiobeitr­äge aufführt, die die Ziele erläutern. Dazu kommen eine Karte mit allen Orten, eine Auflistung der Ziele sowie weitere Informatio­nen, zum Beispiel über Termine und Events. Das bedeutet, dass die Betreiber ihre App ständig aktuell halten müssen.

Die braunen Schilder am Rande der A 81 im Gebiet des Landkreise­s Tuttlingen weisen nicht nur auf Ziele im Landkreis selbst hin. Aufgeführt werden auch und mehrheitli­ch Städte wie „Historisch­es Villingen“oder Königsfeld mit dem dortigen AlbertSchw­eitzer-Haus. Im Kreis liegen das Donaubergl­and oder der Dreifaltig­keitsberg, auf den in beiden Fahrtricht­ungen hingewiese­n wird. Nur in südlicher Fahrtricht­ung steht das Schild, das auf Tuttlingen hinweist – als Welthaupts­tadt der Medizintec­hnik, als Stadt des Honberg-Sommers sowie – nur bildlich dargestell­t – mit der Groß-Bruck als Symbol für die Donau. Nur in nördlicher Richtung steht die Tafel für Trossingen – mit den zwei Elementen Musik und Saurierfun­de.

Doch beide tauchen in der Maqnify-App nicht auf, weil die beiden Kommunen kein Material geliefert hätten, so Maqnify-Chef Dominic Fischer auf Anfrage. Im Tuttlinger Rathaus hat man die Anfrage geprüft, sich aber gegen eine Teilnahme entschiede­n, sagt Pressespre­cher Arno Specht. Zum einen hätte die Stadt 1500 Euro für ihren Auftritt zahlen sollen, zum anderen hegt man Zweifel, ob ein solcher Guide überhaupt seinen Zweck erfüllt. Würde ein Autofahrer, so fragt man sich in der Tourist-Info, tatsächlic­h einen Audiohinwe­is auf der braunen Tafel nutzen, um von der Autobahn aus einen Abstecher nach Tuttlingen zu unternehme­n? Zudem müsste die Stadt kontinuier­lich Informatio­nen zu Veranstalt­ungen liefern, die ja regelmäßig aktualisie­rt werden sollen. Arno Specht sieht den Sinn der Hinweistaf­eln eher darin, den Namen einer Stadt publik zu machen. Doch dazu bräuchte es keine App.

Auch der Hinweis auf den Dreifaltig­keitsberg fällt sehr mager aus: ein exakt elf Sekunden langer AudioText, der schlicht besagt, dass der Spaichinge­r Hausberg 985 Meter hoch ist und gute Aussichten bietet –„natürlich nur bei gutem Wetter“, säuselt die Sprecherin in bester Werbetext-Diktion. Nutzwert: eher bei Null. Bei anderen Orten sind die Beiträge dann doch wenigstens etwas länger und substanzie­ller. Ob sie einen richtigen Reiseführe­r ersetzen können? Die Idee der App ist allerdings, dass man sie während der Vorbeifahr­t an der jeweiligen Tafel nutzen kann, indem man sich die Beiträge im Auto anhört. Im Textteil stehen dann die weiterführ­enden Tipps und Informatio­nen.

Der Erlebnisgu­ide wird unter anderem unterstütz­t vom Tourismus Marketing Baden-Württember­g, dem Schwarzwal­d Tourismus, dem Schwäbisch­e Alb Tourismusv­erband, der Region Kraichgau-Stromberg, der Region Westlicher Bodensee und der Touristikg­emeinschaf­t Hohenlohe. Die Firma Maqnify hat die App (Deutsch und Englisch, für Android und IOS) vor kurzem gestartet und beobachtet nun ihre Entwicklun­g. Sollte das Projekt erfolgreic­h sein, denkt man schon an eine Ausweitung des Konzepts auf andere Bundesländ­er.

 ?? FOTO: KLEIBAUER ?? Gleich auf drei Themen weist die Tuttlinger Tourismus-App an der A 81 hin – die Medizintec­hnik, den Honberg und die Groß-Bruck, die für die Donau steht. Für Autofahrer aus – sagen wir mal – Kiel, Krefeld oder Kötzschenb­roda ist das vermutlich nicht so aussagekrä­ftig. Eine App könnte die Informatio­nen vertiefen. Doch ausgerechn­et Tuttlingen fehlt dort.
FOTO: KLEIBAUER Gleich auf drei Themen weist die Tuttlinger Tourismus-App an der A 81 hin – die Medizintec­hnik, den Honberg und die Groß-Bruck, die für die Donau steht. Für Autofahrer aus – sagen wir mal – Kiel, Krefeld oder Kötzschenb­roda ist das vermutlich nicht so aussagekrä­ftig. Eine App könnte die Informatio­nen vertiefen. Doch ausgerechn­et Tuttlingen fehlt dort.

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