Gränzbote

Es hat was von einem Klassentre­ffen

Autorin Gaby Hauptmann liest im Kesselhaus einen Querschnit­t durch ihr Repertoire

- Von Dieter Kleibauer

TROSSINGEN – Es kommt wohl nicht häufig vor, dass eine Künstlerin auf der Bühne steht und den Großteil des Publikums beim Vornamen kennt. Wenn die Schriftste­llerin Gaby Hauptmann in ihrer Heimatstad­t Trossingen liest, dann schaut sie im Kesselhaus meist in bekannte Gesichter - „den Bernd“, „die Ursula“, die Reitstall-Clique. Und voll ist der Laden sowieso – es hat was von einem Klassentre­ffen.

Im Autorinnen­portrait ihres Verlags steht eine Wortwolke mit Begriffen, die mit Gaby Hauptmann verbunden sind: „Urlaubslek­türe“, „Singlelebe­n“, der wunderbare Dreiklang aus „Männer“, „Männer und Frauen“und „Männerfang“, „lustig“oder „Bestseller“- das beschreibt die Autorin ganz gut, und so ist die Lesung ein Selbstläuf­er. Natürlich liest sie nicht nur aus älteren und jüngeren Werken, quer durchs Repertoire, sondern erinnert sich an die eine oder andere Episode ihres Trossinger Vorlebens.

Gaby Hauptmann ist – sagen wir so: Sie gehört einer Generation an, in der Lehrerinne­n noch den Vornamen „Fräulein“trugen. Und so denkt sie an Fräulein Gassmann, ihre Deutschleh­rerin, die ihr Talent nicht erkannte, sie erinnert sich an die Buchhandlu­ng, die ihren ersten Bestseller nur im Hinterzimm­er aufbewahrt­e und neutral verpackt verkaufte – zu erotisch! Oder an den jungen Ferdinand von Schirach, schon damals „ein schwierige­r Typ“. Aber eben auch an einen tollen Lehrer wie Hans Trümper.

Mit Frank Golischews­ki unterhält sie am Sonntag sich locker über alte und neue Zeiten, erzählt, wie sie als Schülerin zur Berufsbera­tung nach Rottweil fuhr, um sich bestätigen zu lassen, alles zu werden, nur eines nicht: Grafikerin – sie wollte die Familientr­adition ja hinter sich lassen. Die mit dem Kesselhaus durchaus verbunden ist, denn ihr Vater war ja lange und beherrsche­nde Jahre bei Hohner. Sie kennt das heute schicke Gebäude noch in seiner ursprüngli­chen Funktion.

Heute hat sie sich aus dem Schatten befreit, ist eine der erfolgreic­hsten deutschen Schriftste­llerinnen mit Millionena­uflagen – eine Autorin, die von den Feuilleton­s meist nicht wahrgenomm­en wird, aber von ihren Leserinnen geliebt wird. 44 Bücher hat sie verfasst, Nummer 45 ist in Arbeit und soll 2021 erscheinen. Natürlich verrät sie noch nichts vom Inhalt; nur so viel: Es soll eine Figur namens Gassmann vorkommen. Ein kleiner Gruß an ein Frl., das der Schülerin Hauptmann stets vorwarf, ihre Aufsatz-Sätze taugten nicht viel.

 ?? FOTO: DIETER KLEIBAUER ?? Extravagan­t: In einem handbemalt­en Ensemble der Stuttgarte­r Designerin Eglantina Frroku trat die Schriftste­llerin Gaby Hauptmann im Kesselhaus auf und las aus ihren Büchern – darunter ihrem ersten Meilenstei­n „Suche impotenten Mann fürs Leben“von 1995.
FOTO: DIETER KLEIBAUER Extravagan­t: In einem handbemalt­en Ensemble der Stuttgarte­r Designerin Eglantina Frroku trat die Schriftste­llerin Gaby Hauptmann im Kesselhaus auf und las aus ihren Büchern – darunter ihrem ersten Meilenstei­n „Suche impotenten Mann fürs Leben“von 1995.

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