Es hat was von einem Klassentreffen
Autorin Gaby Hauptmann liest im Kesselhaus einen Querschnitt durch ihr Repertoire
TROSSINGEN – Es kommt wohl nicht häufig vor, dass eine Künstlerin auf der Bühne steht und den Großteil des Publikums beim Vornamen kennt. Wenn die Schriftstellerin Gaby Hauptmann in ihrer Heimatstadt Trossingen liest, dann schaut sie im Kesselhaus meist in bekannte Gesichter - „den Bernd“, „die Ursula“, die Reitstall-Clique. Und voll ist der Laden sowieso – es hat was von einem Klassentreffen.
Im Autorinnenportrait ihres Verlags steht eine Wortwolke mit Begriffen, die mit Gaby Hauptmann verbunden sind: „Urlaubslektüre“, „Singleleben“, der wunderbare Dreiklang aus „Männer“, „Männer und Frauen“und „Männerfang“, „lustig“oder „Bestseller“- das beschreibt die Autorin ganz gut, und so ist die Lesung ein Selbstläufer. Natürlich liest sie nicht nur aus älteren und jüngeren Werken, quer durchs Repertoire, sondern erinnert sich an die eine oder andere Episode ihres Trossinger Vorlebens.
Gaby Hauptmann ist – sagen wir so: Sie gehört einer Generation an, in der Lehrerinnen noch den Vornamen „Fräulein“trugen. Und so denkt sie an Fräulein Gassmann, ihre Deutschlehrerin, die ihr Talent nicht erkannte, sie erinnert sich an die Buchhandlung, die ihren ersten Bestseller nur im Hinterzimmer aufbewahrte und neutral verpackt verkaufte – zu erotisch! Oder an den jungen Ferdinand von Schirach, schon damals „ein schwieriger Typ“. Aber eben auch an einen tollen Lehrer wie Hans Trümper.
Mit Frank Golischewski unterhält sie am Sonntag sich locker über alte und neue Zeiten, erzählt, wie sie als Schülerin zur Berufsberatung nach Rottweil fuhr, um sich bestätigen zu lassen, alles zu werden, nur eines nicht: Grafikerin – sie wollte die Familientradition ja hinter sich lassen. Die mit dem Kesselhaus durchaus verbunden ist, denn ihr Vater war ja lange und beherrschende Jahre bei Hohner. Sie kennt das heute schicke Gebäude noch in seiner ursprünglichen Funktion.
Heute hat sie sich aus dem Schatten befreit, ist eine der erfolgreichsten deutschen Schriftstellerinnen mit Millionenauflagen – eine Autorin, die von den Feuilletons meist nicht wahrgenommen wird, aber von ihren Leserinnen geliebt wird. 44 Bücher hat sie verfasst, Nummer 45 ist in Arbeit und soll 2021 erscheinen. Natürlich verrät sie noch nichts vom Inhalt; nur so viel: Es soll eine Figur namens Gassmann vorkommen. Ein kleiner Gruß an ein Frl., das der Schülerin Hauptmann stets vorwarf, ihre Aufsatz-Sätze taugten nicht viel.