Gränzbote

Er ist immer noch da

Der Ravensburg­er Ömer Toprak hatte bisher eine bewegte Karriere, nun will er vorangehen

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ZELL AM ZILLER (dpa) - Als der gebürtige Ravensburg­er Ömer Toprak über seinen Kartunfall spricht, wird klar, wie sehr ihn dieser Schicksals­schlag noch immer prägt. Als 19-Jähriger erlitt er damals schwere Verbrennun­gen, seine Karriere hätte ein ebenso frühes wie abruptes Ende nehmen können. Diese schwierige Erfahrung hilft dem Innenverte­idiger und Hoffnungst­räger von Werder Bremen nun, vieles einzuordne­n und trotz zahlreiche­r Rückschläg­e auf das Erreichte stolz zu sein.

„Ich finde, es macht alles nur noch größer, weil letztendli­ch keiner damit gerechnet hat, dass ich noch einmal spielen werde“, sagt der 31-Jährige, der eine Seuchensai­son bei Werder hinter sich hat. So sitzt Toprak derzeit entspannt im Garten eines Hotels im österreich­ischen Zell am Ziller, auf der anderen Straßensei­te des Teamquarti­ers, wo die Bremer aufgrund der Corona-Krise im Trainingsl­ager ihre Interviews führen. „Der Unfall ist 2009 passiert, wir haben jetzt 2020, dazwischen liegen elf Jahre Bundesliga, Champions League, Europa League, Nationalma­nnschaft“, sagt er. „Es ist jetzt elf Jahre her und ich bin immer noch hier.“Es ist ein bewegender Moment.

Damals war der Ravensburg­er gerade mit dem SC Freiburg in die Bundesliga aufgestieg­en, er war U19-Europameis­ter, ein riesiges Talent. Dann war nach sieben Operatione­n und zwei Wochen auf der Intensivst­ation erst einmal nicht die Frage, wann er wieder auf den Platz zurückkehr­t. Sondern, ob er wieder gesund wird. Doch es gelang beides. Und später wurde der Deutsch-Türke ein Topverteid­iger von Bayer Leverkusen, er spielte Champions League mit Bayer ebenso wie mit Borussia Dortmund, wo er die Erwartunge­n aber nicht erfüllte.

Topraks Karriere ist eine Karriere der Extreme, es ging steil nach oben, aber auch immer wieder steil bergab. „Es gibt sicher extremere Karrieren. Aber nichtsdest­otrotz ist es so, dass ich viel erlebt habe, ja“, sagt der 31Jährige. Die erste Werder-Saison mit nur zehn Bundesliga-Einsätzen war ein Tiefpunkt, der Wechsel vom BVB auf den ersten Blick ein Abstieg, auch wenn er sagt, er habe eine neue Herausford­erung gesucht. Mit dem Zittererfo­lg in der Relegation gegen Heidenheim griff eine Kaufverpfl­ichtung für den Leihspiele­r.

Wenn Mitte September mit dem Pokal-Spiel beim FC Carl-Zeiss Jena und am 19. September mit dem Bundesliga-Spiel gegen Hertha BSC die neue Saison wieder losgeht, soll Toprak die Führungsro­lle einnehmen, die ihm von Anfang an zugedacht war. Über Werders Ziele zu sprechen, findet er aber noch zu früh: „Wir hoffen alle, dass letztes Jahr eine Ausnahme war. Aber auch dafür gibt es keine Garantie.“

Für ihn selbst ist es der vielleicht letzte Anlauf, seine Karriere wieder sportlich in die richtige Richtung zu lenken. Am Ende des Trainingsl­agers im Zillertal vermittelt er Optimismus, dass das gelingen kann. Er fühlt sich topfit, um all die Verletzung­en

„Es gibt sicher extremere Karrieren. Aber nichtsdest­otrotz ist es so, dass ich viel erlebt habe, ja.“

Ömer Toprak

vergessen zu machen. Er hat beinahe alle Einheiten mitgemacht.

„Er ist auch ein wichtiger Ansprechpa­rtner für mich als immer noch junger Trainer, was Fußball angeht“, sagt Kohfeldt nach dem letzten Training in Zell am Ziller. „Aber vor allem kann er die die Mannschaft auf dem Platz mit seiner Art und Weise lenken.“

Ob Toprak als Ratgeber im verjüngten Werder-Team ein neuer Claudio Pizarro ist? Das finden beide zu weit gegriffen. „Ich glaube, dass man ihm sehr viel aufbürden würde, wenn man ihn auf eine Stufe mit Claudio stellt“, sagt Kohfeldt. „Der war ja noch mal an einem ganz anderen Zeitpunkt seiner Karriere.“Anders als die peruanisch­e Werder-Ikone hat Toprak noch nicht vor, seine Laufbahn zu beenden. „Mir geht es gut“, sagt er in Anspielung auf die vielen Verletzung­en der vergangene­n Saison. Noch etwas hat er gelernt: „Es bringt nichts, negative Gedanken zu haben, ob es wieder so passieren kann.“

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FOTO: KARL-JOSEF HILDENBRAN­D/DPA Ömer Toprak (li.), hier mit Maximilian Eggestein, soll nun eine Führungsro­lle übernehmen.

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