„Wir setzen auf Sieg“
Fraktionschef Reinhart über die Erfolgsaussichten der CDU bei den Landtagswahlen 2021
STUTTGART - Vergrünt die CDU? Diese Angst trieb 2016 viele Unionsanhänger um, weil die Partei als Juniorpartner der Grünen in die Landesregierung eintrat. Im Gespräch mit Kara Ballarin und Katja Korf zieht CDU-Fraktionschef Wolfgang Reinhart ein Fazit der bundesweit einmaligen Konstellation. Außerdem erklärt er, unter welchen Bedingungen die Grundsteuer für Häuslebesitzer nicht steigt.
Herr Reinhart, 2016 haben Sie die erste grün-schwarze Koalition gewagt. Wenn man sich die Bekanntheitswerte des Ministerpräsidenten Kretschmann und Ihrer Spitzenkandidatin Eisenmann anschaut, droht Ihnen 2021 dasselbe Schicksal wie der SPD fünf Jahre zuvor: Kretschmann überstrahlt alles und wird wiedergewählt.
Das glaube ich in unserem Fall nicht. Wir waren in dieser Regierung immer der Impulsgeber, als Fraktion und mit unseren Ministerien. Die grün-schwarze Koalition hat in der Corona-Krise gut funktioniert. Wir sind uns auch schnell einig geworden bei Themen wie Klimaschutz, Artenschutz, Grundsteuer oder dem neuen Polizeigesetz. Deswegen ist die CDU in einer anderen Situation als die SPD damals. Sie wurde verzwergt, unsere Umfragewerte dagegen sind zuletzt gestiegen im Vergleich zum Ergebnis der Wahlen von 2016.
Aber Sie liegen in Umfragen konstant hinter den Grünen.
Das mag vor Corona so gewesen sein, derzeit liegen wir eher auf Augenhöhe. Bei den Wahlen 2021 wird es darum gehen, wem die Menschen Lösungen für drängende Fragen zutrauen und wer diese Krise besser bewältigt. Wer kann neue Jobs schaffen, bestehende Arbeitsplätze sichern, wer kann Mittelstand und Industrie voranbringen, wie ist es um unsere Sicherheit bestellt? Auf diesen Gebieten schreiben die Bürger der CDU die größten Kompetenzen zu. Deswegen schaue ich mit großer Zuversicht auf die Landtagswahl im März.
Wie stark hängt der Erfolg an der Spitzenkandidatin? Obwohl Susanne Eisenmann Kultusministerin ist, kennen sie laut einer Umfrage vom April knapp die Hälfte der Baden-Württemberger nicht.
Susanne Eisenmann verantwortet als Kultusministerin das wichtige Thema Bildung, das in der CoronaKrise sogar noch an Bedeutung gewonnen hat. Außerdem verkörpert sie mit ihrer Führungsstärke das, was die Menschen jetzt erwarten. Aber natürlich hat sie einen Marathon vor sich bis zu den Wahlen.
Bei der Landtagswahl 2016 war die CDU erstmals nicht stärkste Kraft in Baden-Württemberg. Welches Ergebnis streben Sie für 2021 an?
Wir setzen auf Sieg. An diesem Ziel hat sich nichts geändert. Und wir kämpfen um jede Stimme.
Das Land hat Schulden in Milliar
denhöhe aufgenommen, um die Folgen der Corona-Krise zu bewältigen. Wo wird die CDU sparen, wenn sie ab 2021 wieder regieren sollte?
Wir befinden uns in einer Ausnahmesituation. Darum dürfen wir Schulden machen. Die Schuldenbremse in der Verfassung sieht aber auch vor, dass wir gleichzeitig einen Plan vorlegen müssen, wie wir die Kredite auch wieder tilgen. Ende September werden wir sowohl den Nachtragshaushalt mit den neuen Krediten als auch einen Tilgungsplan vorlegen. Ich meine, dass wir die Schulden, die wir jetzt aufnehmen, innerhalb einer Generation, also mindestens innerhalb von 25 Jahren, wieder abbauen müssen.
Was sieht der Plan konkret vor? Grün-Schwarz hat seit 2016 Tausende neue Stellen geschaffen, etwa für Polizei, Justiz und Umweltverwaltung. Rächt sich das jetzt?
Jetzt gilt es zunächst, zu investieren und die Wirtschaft zu stimulieren. Wir müssen Jobs retten und Insolvenzen vermeiden. Erst danach geht es darum zu konsolidieren. Wir müssen zum Beispiel auswerten, wie viel Geld aus den Corona-Hilfsprogrammen wirklich von Unternehmen abgerufen wird. Erst wenn wir diese Bilanz ziehen können, geht es an Sparpläne. Jetzt radikale Stellenstreichungen anzugehen, wäre das Falsche.
Das Land könnte Steuern erhöhen, um mehr Geld einzunehmen.
Davon halte ich gar nichts. Die Bürger in Deutschland zahlen schon heute nach Belgien die höchsten Steuern und Abgaben in der EU. Steuererhöhungen wären kontraproduktiv. Wir müssen Leistung belohnen, nicht Weltmeister bei den Steuern werden.
Baden-Württemberg will ein eigenes Modell zur Berechnung der Grundsteuer einführen. Der Steuerzahlerbund kritisiert es scharf. Die CDU ist doch die Partei der Häuslebauer und Familien – haben Sie sich den Grünen gebeugt?
Nein. Wir wollen ein einfaches, transparentes Modell, das den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes entspricht. Und: Uns war wichtig, dass Wohnen nicht teurer wird. Diese Anforderungen erfüllt das geplante Bodenwertmodell. Wie hoch die Grundsteuer für den Einzelnen am Ende wird, haben die Städte und Gemeinden in der Hand. Sie legen den Hebesatz fest, der darüber entscheidet. Das wird sich frühestens Ende 2024 zeigen. Derzeit fließen aus der Grundsteuer 1,8 Milliarden Euro an die Kommunen. Wir wollen, dass diese Summe nicht steigt. Dazu haben sich auch die kommunalen Spitzenverbände bekannt. Und dass wir den Bodenwert eines Grundstücks mit in die Berechnung einbeziehen, hat einen Grund: Das schafft einen Anreiz, auf bislang unbebauten Grundstücken dringend benötigten Wohnraum zu schaffen. Mit der sogenannten Steuermesszahl sorgen wir außerdem dafür, dass Wohnen gegenüber Gewerbe bevorzugt wird.
Können Sie den Bürgern versprechen, dass keine Steuererhöhung durch die Hintertür kommt?
Als Land können wir nur an die Kommunen appellieren, Wort zu halten und die Hebesätze so anzupassen, dass Wohnen nicht teurer wird. Das Land kann nur den Rahmen vorgeben, es bekommt keinen Cent aus der Grundsteuer.
Zu ihrer Fraktionsklausur nach den Sommerferien haben Sie Bayerns Ministerpräsident Markus Söder eingeladen. Werden Sie mit ihm darüber reden, ob er Kanzlerkandidat werden will?
Die Menschen erwarten, dass die Politik sie jetzt vor einer zweiten Corona-Welle schützt. Sie erwarten, dass alles getan wird, um ihre Jobs zu sichern. Sie wollen jetzt kein Sommertheater um Personalfragen. Wir werden mit Markus Söder vor allem über die wirtschaftliche Lage, die Pandemiebekämpfung und darüber sprechen, wie wir an den Topstandorten Baden-Württemberg und Bayern nach Corona innovativ und wettbewerbsfähig bleiben.
Bisher hat die Südwest-CDU mehrheitlich Friedrich Merz im Rennen um die Parteispitze unterstützt. Was würden Sie von einem Kanzlerkandidaten Söder halten?
Für die Kanzlerkandidatur haben wir mehrere starke Kandidaten, die allesamt bewiesen haben, dass sie in vorderster Front Verantwortung übernehmen können. Die anderen Parteien beneiden uns um diese Personalsituation.