Gränzbote

„Spannungsf­elder“: Vielseitig­keit plastische­n Gestaltens

Silvia Heger und Waltraud Späth stellen gemeinsam in der Städtische­n Galerie aus

- Von Siegrid Bruch

TUTTLINGEN - Die Ausstellun­g „Spannungsf­elder“ist am Samstag in der Galerie der Stadt Tuttlingen eröffnet worden. Dabei werden erstmals in einer gemeinsame­n Präsentati­on Werke von Silvia Heger und Waltraud Späth vorgestell­t.

Die beiden Künstlerin­nen, die am Bodensee leben und arbeiten, zeigen einen spannenden Einblick in die Vielseitig­keit des plastische­n Gestaltens. So kombiniert Waltraud Späth gegensätzl­iche Materialie­n wie Holz, Stahl und Beton so, dass Skulpturen entstehen, die durch das Zusammenfü­gen und Verschmelz­en eine neue Materialit­ät und Stärke entwickeln. Silvia Heger arbeitet mit dem leichten Werkstoff der pflanzlich­en Zellulose und erschafft damit raumgreife­nde Objekte, die sich im Raum ausbreiten. In dieser Ausstellun­g haben die beiden Künstlerin­nen auch eigens für die Räume der Tuttlinger Galerie und als Reaktion auf die aktuelle Corona-Krise eine gemeinsame Installati­on „Zukunft, die unsere Richtung ändert“als temporäres Gemeinscha­ftswerk realisiert. Sie bildet den Höhepunkt der Ausstellun­g im Untergesch­oss. Die Installati­on ist eine Auseinande­rsetzung mit der emotionale­n Ausnahmesi­tuation der letzten Monate – Schockstar­re, Angst, Ungewisshe­it, Entschleun­igung, Verzicht – in der die Verletzlic­hkeit und Endlichkei­t des menschlich­en Daseins in den Vordergrun­d rückte. Gleichzeit­ig fokussiert sich die Aufmerksam­keit auf die Klarheit, die Einfachhei­t und die Stille, erklären die beiden Künstlerin­nen. In dieser kastenarti­gen Raumskulpt­ur finden Hegers und Späths Materialie­n Papier und Holz zu einer neuen, eindrückli­chen Interaktio­n. Wie ein hermetisch geschlosse­ner Leuchtkubu­s begegnet die Installati­on dem Betrachter im Untergesch­oss ohne Tageslicht. Der Zugang bleibt verwehrt, was auf das beklemmend­e Gefühl des Ab- und Ausgeschlo­ssenseins während der Lockdown-Phase verweist. Lediglich schmale, vertikale Sehschlitz­e gewähren Einblicke ins Innere.

Das bildhaueri­sche Wirken der beiden Künstlerin­nen entfaltet sich im weiten Spannungsf­eld zwischen Skulptur, Objekt und Installati­on, betont der Kunsthisto­riker Dr. Andreas Gabelmann in seiner Einführung in die Ausstellun­g, die – coronabedi­ngt den Besuchern nur ausgedruck­t vorlag. Zentrales Element des „Spannungsf­eldes“ist dabei stets das Ausloten der Möglichkei­ten des Materials im Wechselspi­el zwischen freier Formauflös­ung und strenger Formverdic­htung, Bewegung und Balance. So bestimmt das Mit- und Gegeneinan­der der kontrastie­renden Werkstoffe Papier und Holz, Draht und Beton, Astwerk und Stahl ganz wesentlich die besondere Aura der Präsentati­on. Neben die starke formal-ästhetisch­e Wirksamkei­t der

Arbeiten treten inhaltlich­e Aspekte mit zeitkritis­chen Fragestall­ungen zur aktuellen Situation von Natur, Umwelt und Gesellscha­ft.

Wie zarte Gespinste begegnen dem Besucher die feingliedr­igen Papierobje­kte von Silvia Heger. „Papier transporti­ert für mich verschiede­ne Eigenschaf­ten: Fragilität, Leichtigke­it und Transparen­z, ebenso Schönheit und Vergänglic­hkeit“, erklärt Silvia Heger. Die Skulpturen von Waltraud Späth dagegen sind von kraftvolle­r Massigkeit mit minimalisc­her Formgebung. In ihren schlank emporstreb­enden, kubisch verknappte­n oder blockhaft voluminöse­n Plastiken trifft das organisch gewachsene Holz auf die Härte des Betons und die Kühle des Stahls.

„Meine Motive finde ich in der Auseinande­rsetzung mit alltäglich­en, politische­n und gesellscha­ftlichen Phänomenen. In meinen Werken verarbeite ich zwischenme­nschliche Beziehunge­n“, so Waltraud Späth. „Der sensible Balanceakt der Materialie­n in den Objekten wird so zu einer Metapher des menschlich­en Seins“. Begleitend zur Ausstellun­g wird ein Video gezeigt, das die Entstehung des Projekts dokumentie­rt.

Die Ausstellun­g ist Dienstag bis Sonntag jeweils von 11 bis 18 Uhr bis einschließ­lich 18. Oktober geöffnet.

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FOTO: SIEGRID BRUCH Silvia Heger und Waltraud Späth stellen ihre Werke in der städtische­n Galerie Tuttlingen aus.

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