Mehr Stellen für Corona-Aufklärung
Das Gesundheitsamt könnte personell aufgestockt werden.
TUTTLINGEN - Fragil, aber beherrschbar: Diese Zwischenbilanz hat Bernd Mager bezüglich der aktuellen Ausbreitung des Coronavirus im Landkreis Tuttlingen gezogen. Bei seit August täglich null bis sechs Fällen ist dieser Rückschluss sicher berechtigt. Aber: „Die Situation ist angespannt“, meint der Dezernent für Arbeit und Soziales. Das zeigt der positive Test eines Sechstklässlers der Ludwig-Uhland-Realschule (LURS) am Dienstag.
„Das wird einen Nachhall geben“, befürchtet Landrat Stefan Bär in der Ausschusssitzung für Soziales und Gesundheit. Schließlich seien die Kinder nach dem Unterricht doch viel unterwegs und hätten viele Kontakte zu anderen Personen. Am Dienstagabend hatte das Tuttlinger Gesundheitsamt Alarm geschlagen und die Leitung der LURS über die Infektion des Zwölfjährigen, der aus der Türkei zurückgekehrt war, informiert.
Insgesamt 29 Schüler aus Tuttlingen und den Kreisgemeinden sowie acht Lehrer waren deshalb zunächst in Quarantäne geschickt worden. Fünf der Pädagogen dürften, sagte Mager, weil sie keinen näheren Kontakt zu dem Schüler hatten, nun aber schon wieder unterrichten. Als einzig möglichen Tag, an dem der Junge seine Mitschüler und Lehrer hätte anstecken können, machte das Gesundheitsamt laut Julia Hager, Pressesprecherin des Landratsamts, den vergangenen Freitag aus. Am Mittwoch und Donnerstag dieser Woche sind die betroffenen Personen auf das Virus getestet worden. Mit den ersten Ergebnissen sei frühestens am Freitag zu rechnen, sagt die Pressesprecherin.
„Gegen Einzelausbrüche“, betonte Bär, sei man auch im Landkreis Tuttlingen nicht gefeit. Aber mittlerweile könne man damit umgehen. „Die Teams sind geschult, die Abläufe besser und sicherer“, erklärte der Landrat, der sich im Ausschuss eine weitere personelle Aufstockung des Gesundheitsamtes erbat. Sieben Stellen waren bereits im Sommer vom Kreistag genehmigt worden. „Die Stellen sind ausgeschrieben und wir haben gerade in der Kontaktverfolgung eine so gute Bewerberlage, dass wir einigen Personen absagen müssten“, meinte der Landrat.
Weil viele Mitarbeiter, die aktuell in der Bewältigung der Corona-Pandemie im Gesundheitsamt eingesetzt sind, auch an anderer Stelle gebraucht werden, sprach sich Bär dafür aus, „sich die geeigneten Leute zu sichern.“Der Nachschlag, „auf das was der Kreistag bereits bewilligt hat“, soll bis zu vier Stellen betragen und auf ein Jahr befristet sein. Die meisten der bereits bewilligten Stellen sollen im Oktober oder November besetzt sein.
„Wir wollen, dass das Gesundheitsamt gut funktioniert. Und wenn sich die Lage wieder zuspitzt, wäre es jetzt der richtige Weg, gut aufgestellt zu sein“, betonte Bernhard Schnee (CDU). Einen Widerspruch gab es von den anderen Fraktionen nicht. Auch Hermann Polzer (OGL) begrüßte die Aufstockung. „Wir sind noch nicht durch, wir müssen weitermachen“, sagte er. Zumal im Herbst und Winter die Zahl der Corona-Infizierten oder durch Erkältungssymptome vermuteten Infektionen nach oben gehen wird. Für die Bearbeitung dieser Situation benötigt das Gesundheitsamt, das bisher in der personellen Ausstattung den vorletzten Platz in Baden-Württemberg einnimmt, noch Verstärkung.
Eine finanzielle Mehrbelastung für den Kreis in der ohnehin angespannten Haushaltslage (wir haben berichtet) erwartet Bär nicht. Mit dem „Pakt für den Öffentlichen Gesundheitsdienst“hatte der Bund eine massive personelle und finanzielle Unterstützung der Kommunen zugesagt. „Wir sind sicher, dass wir den finanziellen Ausgleich bekommen“, betonte der Landrat.
Ein Zuwachs an Mitarbeitern wäre, so Bär, eine Erleichterung, weil man beispielsweise in der Nachverfolgung von Kontaktpersonen eines mit dem Coronavirus Infizierten auf Stammkräfte zurückgreifen könne. Aktuell, sagte Mager, gebe es zwischen den Abteilungen schon ein „Gezerre um das Personal“. So liege die Einschulungsuntersuchung (ESU) von Grundschulkindern derzeit brach, weil die Gesundheitsamtsmitarbeiter mit dem Kampf gegen das Coronavirus beschäftigt sind. Dies, erklärte der Dezernent, wolle man schnell ändern und die ESU nicht weiter aussetzen. „Wir sind froh, wenn wir personell nachlegen können.“Schließlich hat das Gesundheitsamt bei 604 positiv Getesteten – jeder führt zu fünf bis zehn Kontaktpersonen ersten Grades – rund 5000 Menschen erreichen und überprüfen müssen. „Diese Zahl zeigt, was das Gesundheitsamt und die Mitarbeiter, die dort eingesetzt wurden, in den letzten Monaten leisten mussten“, heißt es in der Ausschussvorlage.
Mit einer Ausnahme sei es seit Juli gelungen, bei den gut 100 Fällen die Quelle der Infektion zu identifizieren. Dies sei meist ein Reiserückkehrer aus einem Risikogebiet oder aber eine Kontaktperson ersten Grades gewesen. „Wir können die Ansteckungsherde identifizieren und schnell isolieren. Dadurch gelingt es uns, Infektionsketten zu durchbrechen“, teilt die Kreis-Verwaltung mit. Dies sei neben den Abstands- und Hygieneregeln die „wichtigste Maßnahme zur Pandemieeindämmung.“
Die Verläufe bei positiven Fällen seien in der Regel mild. Seit dem 3. September wurde kein Patient, der an Covid 19 erkrankt war, stationär auf der Intensiv- oder Isolierstation im Tuttlinger Klinikum behandelt. Seit August gab es auch keinen Todesfall mehr.