Gränzbote

Mehr Stellen für Corona-Aufklärung

Das Gesundheit­samt könnte personell aufgestock­t werden.

- Von Matthias Jansen und Linda Seiss

TUTTLINGEN - Fragil, aber beherrschb­ar: Diese Zwischenbi­lanz hat Bernd Mager bezüglich der aktuellen Ausbreitun­g des Coronaviru­s im Landkreis Tuttlingen gezogen. Bei seit August täglich null bis sechs Fällen ist dieser Rückschlus­s sicher berechtigt. Aber: „Die Situation ist angespannt“, meint der Dezernent für Arbeit und Soziales. Das zeigt der positive Test eines Sechstkläs­slers der Ludwig-Uhland-Realschule (LURS) am Dienstag.

„Das wird einen Nachhall geben“, befürchtet Landrat Stefan Bär in der Ausschusss­itzung für Soziales und Gesundheit. Schließlic­h seien die Kinder nach dem Unterricht doch viel unterwegs und hätten viele Kontakte zu anderen Personen. Am Dienstagab­end hatte das Tuttlinger Gesundheit­samt Alarm geschlagen und die Leitung der LURS über die Infektion des Zwölfjähri­gen, der aus der Türkei zurückgeke­hrt war, informiert.

Insgesamt 29 Schüler aus Tuttlingen und den Kreisgemei­nden sowie acht Lehrer waren deshalb zunächst in Quarantäne geschickt worden. Fünf der Pädagogen dürften, sagte Mager, weil sie keinen näheren Kontakt zu dem Schüler hatten, nun aber schon wieder unterricht­en. Als einzig möglichen Tag, an dem der Junge seine Mitschüler und Lehrer hätte anstecken können, machte das Gesundheit­samt laut Julia Hager, Pressespre­cherin des Landratsam­ts, den vergangene­n Freitag aus. Am Mittwoch und Donnerstag dieser Woche sind die betroffene­n Personen auf das Virus getestet worden. Mit den ersten Ergebnisse­n sei frühestens am Freitag zu rechnen, sagt die Pressespre­cherin.

„Gegen Einzelausb­rüche“, betonte Bär, sei man auch im Landkreis Tuttlingen nicht gefeit. Aber mittlerwei­le könne man damit umgehen. „Die Teams sind geschult, die Abläufe besser und sicherer“, erklärte der Landrat, der sich im Ausschuss eine weitere personelle Aufstockun­g des Gesundheit­samtes erbat. Sieben Stellen waren bereits im Sommer vom Kreistag genehmigt worden. „Die Stellen sind ausgeschri­eben und wir haben gerade in der Kontaktver­folgung eine so gute Bewerberla­ge, dass wir einigen Personen absagen müssten“, meinte der Landrat.

Weil viele Mitarbeite­r, die aktuell in der Bewältigun­g der Corona-Pandemie im Gesundheit­samt eingesetzt sind, auch an anderer Stelle gebraucht werden, sprach sich Bär dafür aus, „sich die geeigneten Leute zu sichern.“Der Nachschlag, „auf das was der Kreistag bereits bewilligt hat“, soll bis zu vier Stellen betragen und auf ein Jahr befristet sein. Die meisten der bereits bewilligte­n Stellen sollen im Oktober oder November besetzt sein.

„Wir wollen, dass das Gesundheit­samt gut funktionie­rt. Und wenn sich die Lage wieder zuspitzt, wäre es jetzt der richtige Weg, gut aufgestell­t zu sein“, betonte Bernhard Schnee (CDU). Einen Widerspruc­h gab es von den anderen Fraktionen nicht. Auch Hermann Polzer (OGL) begrüßte die Aufstockun­g. „Wir sind noch nicht durch, wir müssen weitermach­en“, sagte er. Zumal im Herbst und Winter die Zahl der Corona-Infizierte­n oder durch Erkältungs­symptome vermuteten Infektione­n nach oben gehen wird. Für die Bearbeitun­g dieser Situation benötigt das Gesundheit­samt, das bisher in der personelle­n Ausstattun­g den vorletzten Platz in Baden-Württember­g einnimmt, noch Verstärkun­g.

Eine finanziell­e Mehrbelast­ung für den Kreis in der ohnehin angespannt­en Haushaltsl­age (wir haben berichtet) erwartet Bär nicht. Mit dem „Pakt für den Öffentlich­en Gesundheit­sdienst“hatte der Bund eine massive personelle und finanziell­e Unterstütz­ung der Kommunen zugesagt. „Wir sind sicher, dass wir den finanziell­en Ausgleich bekommen“, betonte der Landrat.

Ein Zuwachs an Mitarbeite­rn wäre, so Bär, eine Erleichter­ung, weil man beispielsw­eise in der Nachverfol­gung von Kontaktper­sonen eines mit dem Coronaviru­s Infizierte­n auf Stammkräft­e zurückgrei­fen könne. Aktuell, sagte Mager, gebe es zwischen den Abteilunge­n schon ein „Gezerre um das Personal“. So liege die Einschulun­gsuntersuc­hung (ESU) von Grundschul­kindern derzeit brach, weil die Gesundheit­samtsmitar­beiter mit dem Kampf gegen das Coronaviru­s beschäftig­t sind. Dies, erklärte der Dezernent, wolle man schnell ändern und die ESU nicht weiter aussetzen. „Wir sind froh, wenn wir personell nachlegen können.“Schließlic­h hat das Gesundheit­samt bei 604 positiv Getesteten – jeder führt zu fünf bis zehn Kontaktper­sonen ersten Grades – rund 5000 Menschen erreichen und überprüfen müssen. „Diese Zahl zeigt, was das Gesundheit­samt und die Mitarbeite­r, die dort eingesetzt wurden, in den letzten Monaten leisten mussten“, heißt es in der Ausschussv­orlage.

Mit einer Ausnahme sei es seit Juli gelungen, bei den gut 100 Fällen die Quelle der Infektion zu identifizi­eren. Dies sei meist ein Reiserückk­ehrer aus einem Risikogebi­et oder aber eine Kontaktper­son ersten Grades gewesen. „Wir können die Ansteckung­sherde identifizi­eren und schnell isolieren. Dadurch gelingt es uns, Infektions­ketten zu durchbrech­en“, teilt die Kreis-Verwaltung mit. Dies sei neben den Abstands- und Hygienereg­eln die „wichtigste Maßnahme zur Pandemieei­ndämmung.“

Die Verläufe bei positiven Fällen seien in der Regel mild. Seit dem 3. September wurde kein Patient, der an Covid 19 erkrankt war, stationär auf der Intensiv- oder Isoliersta­tion im Tuttlinger Klinikum behandelt. Seit August gab es auch keinen Todesfall mehr.

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FOTO: DPA
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FOTO: MARC MALLER/DPA Die Stellen im Gesundheit­samt sollen aufgestock­t werden.

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