Reisen nach Vorarlberg weiter möglich
Bei Aufenthalt von bis zu 48 Stunden in Vorarlberg nur wenige Einschränkungen
BERLIN/RAVENSBURG (dpa/sz) Die Bundesregierung erklärt immer mehr Regionen in Europa zu CoronaRisikogebieten, mittlerweile ist wegen der rasant steigenden Infektionszahlen jedes zweite der 27 EU-Länder betroffen. Dazu zählt seit Mittwochabend auch die österreichische Region Vorarlberg. Berufliche sowie private Reisen und somit auch Ausflüge, die weniger als 48 Stunden dauern, bleiben für Deutsche aber weiterhin ohne anschließende Quarantäne möglich – jedoch nur dann, wenn sie nicht „der privaten Teilnahme an einer kulturellen Veranstaltung, einem Sportereignis, einer öffentlichen Festivität oder einer sonstigen Freizeitveranstaltung gedient“haben. Sollte dies der Fall sein, ist in der Verordnung des angrenzenden Bundeslandes Bayern eine 14-tägige Quarantäne vorgesehen. Hierbei gibt es aber Ausnahmen.
LINDAU - Szenen wie im Frühjahr möchte der Lindauer Landrat Elmar Stegmann nicht mehr erleben: Die Grenzen zwischen Österreich und Lindau waren dicht, Familien auseinandergerissen. „Wir sind ein gebranntes Kind, was Grenzschließungen angeht“, sagt er. Doch solch „schlimme menschliche Schicksale“wie vor einigen Monaten wird es nicht mehr geben, auch wenn Vorarlberg seit dem späten Mittwochabend als Risikogebiet eingestuft ist. Damit auch die Wirtschaft von den Maßnahmen so gut wie möglich verschont bleibt, hat Stegmann am Donnerstag eine Allgemeinverfügung erlassen, die nur für Lindau gilt.
Dass Vorarlberg Risikogebiet werden könnte, war keine Überraschung. „Es war eine Frage der Zeit“, sagt Stegmann am Donnerstag. „Dornbirn war ja eine Zeit lang österreichweit auf Platz eins bei der Sieben-Tage-Inzidenz.“Zurzeit sind in Vorarlberg 455 Menschen mit dem Coronavirus infiziert. Wer weniger als 48 Stunden in einem Risikogebiet war, der ist weder in Bayern noch in Baden-Württemberg verpflichtet, in Quarantäne zu gehen. Auch ein negatives Testergebnis ist dann nicht nötig. Sprich: Wer zum Tanken oder Wandern nach Vorarlberg fährt und dort weniger als 48 Stunden bleibt, darf dies ohne Konsequenzen machen. Die rund 5000 Berufspendler und Schüler, die täglich über die Grenze zwischen Lindau und Vorarlberg fahren, dürfen dies auch weiterhin. Für sie hat Stegmann am Donnerstag in Absprache mit dem bayerischen Innen- und Gesundheitsministerium sogar eine Allgemeinverfügung
erlassen, die ihnen erlaubt, auch nach 72 Stunden in Vorarlberg ohne Probleme wieder nach Deutschland einzureisen.
Doch nicht nur Vorarlberg ist betroffen. Standen auf der Corona-Liste des Robert-Koch-Instituts (RKI) anfangs vor allem die Länder außerhalb der EU, so wird nunmehr auch die Gemeinschaft mehr und mehr zum Risikogebiet: 14 der 27 Mitgliedsstaaten sind mittlerweile betroffen. Für Reiserückkehrer aus diesen Staaten gelten strenge Auflagen, sie haben aber immerhin Vorteile bei der Stornierung von Reisen.
Betroffen sind ganz Spanien sowie Teile von Belgien, Bulgarien, Dänemark, Frankreich, Irland, Kroatien, den Niederlanden, Portugal, Österreich, Rumänien, Slowenien, Tschechien und Ungarn. Auch Großbritannien und drei Kantone in der Schweiz sind als Risikogebiet eingestuft. Generell gilt: Rückkehrer aus Risikogebieten müssen bei ihrer Einreise nach Deutschland in der Regel für 14 Tage in Quarantäne. Derzeit können sie dies abwenden, wenn sie einen negativen Corona-Test vorweisen, der höchstens 48 Stunden alt ist. Der Test ist innerhalb von 72 Stunden nach der Einreise kostenlos und kann zum Beispiel an Flughäfen gemacht werden.
Das zuständige Gesundheitsamt überwacht die Quarantänepflicht. Sie gilt nicht, wenn jemand nur durch ein Risikogebiet gereist ist und sich dort nicht aufgehalten hat. Mit der Einstufung als Risikogebiet ist auch eine Reisewarnung des Auswärtigen Amtes verbunden. Sie bedeutet, dass Touristen Pauschalreisen kostenlos stornieren können. Bei Individualreisenden ist die Situation schwieriger, eine Alternative können dabei Kulanzregelungen sein.
Künftig ist geplant, dass der Test erst nach fünf Tagen Quarantäne nach der Rückkehr möglich sein soll. So soll vermieden werden, dass Infektionen am Ende des Aufenthalts im Risikogebiet oder während der Rückreise nicht erfasst werden. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) plant eine neue Test- und Quarantänestrategie für den 15. Oktober. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte zudem angekündigt, dass der für die Zeit der Pflicht-Quarantäne übliche Verdienstausfall nach einer vermeidbaren Reise in ein Risikogebiet nicht gezahlt werden soll.