Schwarze Schafe beim Kurzarbeitergeld
Schaden durch Betrug soll sich auf 6,3 Millionen Euro belaufen – Zahl der Fälle ist aber insgesamt gering
BERLIN (dpa) - Kurzarbeit mit Hilfe des Staates hilft vielen Betrieben und Arbeitnehmern durch die Krise. Doch nicht in allen Fällen geht es dabei mit rechten Dingen zu. Durch Missbrauch von Kurzarbeitergeld in der Corona-Krise ist nach Angaben der Bundesregierung in diesem Jahr bisher ein Schaden von mehr als sechs Millionen Euro entstanden.
Von März bis einschließlich August dieses Jahres seien bei der Bundesagentur für Arbeit (BA) rund 2100 Fälle erfasst worden, die auf möglichen Leistungsmissbrauch beim Kurzarbeitergeld hindeuteten, heißt es in einer der Deutschen Presse-Agentur vorliegenden Antwort auf eine Anfrage der FDP im Bundestag. Ein konkreter Verdacht auf Leistungsmissbrauch liegt laut Ministerium aktuell in 21 Fällen vor. Sie seien den Strafverfolgungsbehörden übergeben worden.
Jeder Missbrauchsfall sei ein Fall zu viel und werde verfolgt, sagte eine Sprecherin des Ministeriums am Donnerstag. Im Verhältnis zu den Millionen Arbeitnehmern, denen mit der Zahlung von Kurzarbeitergeld geholfen werde, sei die Zahl der festgestellten möglichen Missbrauchsfälle sehr klein und liege bei etwa etwa 0,3 Prozent.
Bislang ist den Angaben zufolge ein finanzieller Schaden von etwa 6,3 Millionen Euro bekannt geworden. Demgegenüber hat die Bundesagentur für Arbeit bis Ende August rund 14,3 Milliarden Euro für das Kurzarbeitergeld und die Erstattung der Sozialversicherungsbeträge ausgegeben. Kurzarbeit helfe der ganz überwiegend ehrlichen Anzahl der Unternehmen durch die schwere Krise und erhalte Millionen von Arbeitsplätzen, sagte die Sprecherin.
Die BA verfügt laut Regierungsantwort seit März über eine systematische Erfassung von Missbrauchsfällen. Mit der Bearbeitung und Überprüfung von Fällen beim Kurzarbeitergeld seien bundesweit mehr als 6000 Personen beschäftigt. Zudem sei ein Konzept entwickelt worden, das es den Agenturen für Arbeit ermögliche, die missbräuchliche Inanspruchnahme des Kurzarbeitergeldes frühzeitig aufzudecken, „Dies trägt zu einem Anstieg der Verdachtsfälle bei.“
Der sozialpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Pascal Kober, sagte: „Die schnelle Auszahlung und die darauffolgende personelle Aufstockung zur Vermeidung von Missbrauch waren zu Beginn der Krise die richtige Entscheidung.“Jetzt müssten die Mitarbeiter, die aus unterschiedlichen Tätigkeitsbereichen und Dienststellen zusammengezogen worden seien, aber nachhaltig geschult werden, um Missbrauch aufzudecken und präventiv zu verhindern. „Denn es zeichnet sich schon jetzt ab, dass der finanzielle Schaden durch den Missbrauch von Kurzarbeitergeld erheblich ist.“Der Chef der Bundesagentur für Arbeit, Detlef Scheele, räumte vor einigen Tagen ein, dass es beim Kurzarbeitergeld Mitnahmeeffekte gibt. Dennoch sei die Verlängerung des Kurzarbeitergeldes in der aktuellen Situation richtig. Damit würden im Moment 2,1 Millionen Arbeitsplätze erhalten, sagte Scheele. „Ich finde die Frage, was kostet die Kurzarbeit und kann man sie sich leisten, kann man immer nur beantworten, wenn man das bespricht mit der Frage, was ist die Alternative“, erklärte er. Die Alternative sei „gewiss nicht, nichts zu tun“.
Es sei besser, Menschen in Arbeit zu halten. Umsonst sei ohnehin nichts zu haben, betonte Scheele: 2,1 Millionen Arbeitslose würden Transferleistungen kosten und womöglich auch aufstockende Leistungen in der Grundsicherung für die Wohnung. Er verwies auf die Perspektive, „dass Unternehmen jetzt sich auch darauf einstellen sollen, die Pandemiezeit zu überwinden, indem sie ihre Mitarbeiter weiterbilden. Das ist ja nicht nur einfach Kurzarbeit.“Das Bundeskabinett hatte in der vergangenen Woche die Verlängerung der Kurzarbeit bis Ende 2021 auf den Weg gebracht. Grundsätzlich bekommen Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen in Kurzarbeit 60 Prozent des ausfallenden Nettolohns (Eltern: 67 Prozent).
Im April vereinbarten Union und SPD eine zeitlich gestaffelte Erhöhung: Demnach erhalten Beschäftigte, deren Arbeitszeit um mehr als die Hälfte verringert wurde, vom vierten Kurzarbeits-Monat an (gerechnet ab März 2020) 70 Prozent (77 Prozent) des ausfallenden Lohns, ab dem siebten Monat 80 Prozent (87 Prozent).