Auf dem Dorf wird’s teurer
Immobilienpreise steigen trotz Corona weiter an
BERLIN - Häuser und Wohnungen werden in Deutschland weiterhin schnell teurer. Daran hat auch die Corona-Krise nichts geändert, wie Zahlen des Statistischen Bundesamts zeigen. Die Preise für Wohnimmobilien sind im Zeitraum April bis Juni im Vergleich zum Vorjahr um 6,6 Prozent gestiegen. „Damit verteuerten sich Wohnimmobilien trotz Corona-Krise weiterhin sowohl in der Stadt als auch auf dem Land“, sagten die amtlichen Statistiker aus Wiesbaden am Donnerstag bei Vorstellung der endgültigen Werte.
Der Anstieg betrifft alle Teilbereiche des Marktes. Am höchsten war das Plus sogar gerade auf den Dörfern. Die Preise für Häuser in dicht besiedelten ländlichen Kreisen stiegen um 8,9 Prozent. Wohnungen in dünn besiedelten Gegenden legten um 6,6 Prozent zu. Auch in den sieben Metropolen und in den Großstädten gingen die Bewertungen weiter nach oben. Aktuellere Daten, etwa von Immobilienwebseiten, bestätigen die Fortsetzung des Preisanstiegs bis August. Experten sehen die Ursache für den unbeirrt weiterlaufenden Trend in der Politik des billigen Geldes der Notenbank in Frankfurt. „Durch das anhaltend niedrige Zinsumfeld bleibt die Finanzierung einer Immobilie für die privaten Haushalte weiter attraktiv“, schreiben die Ökonomen Lars Feld und Patrick Hirsch im Herbstgutachten der Immobilienwirtschaft.
Auch für Profi-Investoren gelten Häuser weiter als attraktive Geldanlage. Selbst wenn die Nachfrage wegen Corona doch noch nachgeben sollte, geht die Wohnungsnot nach der Krise mit Sicherheit weiter. Wenn Deutschland sich schneller von der Krise erholt, sei auch mit Zuwanderung aus schwerer getroffenen EU-Ländern zu rechnen, prognostizieren die Wissenschaftler.
Es ist also paradoxerweise gerade die Wirtschaftskrise, die einen weiteren Preisauftrieb bringt. Um die Folgen des Shutdowns für die Finanzfirmen
und die Staatshaushalte abzufedern, pumpt die Zentralbank derzeit besonders viel billiges Geld in den Markt. Das erlaubt es Privatleuten, größere und günstigere Kredite aufzunehmen. „Die Zinsentwicklung stellt nach wie vor einen der Haupttreiber für die Preisentwicklung von Immobilien dar“, sagt Feld, einer der fünf Wirtschaftsweisen und Professor für Wirtschaftspolitik in Freiburg.
Nicht nur Kaufinteressierte sind von steigenden Preisen betroffen. Studenten haben auf dem Mietmarkt in der Corona-Krise gleich doppelt schlechte Karten. Zum einen seien während der Pandemie die Preise für durchschnittliche Musterwohnungen an 29 von 30 untersuchten Hochschulstandorten weiter gestiegen, heißt es im aktuellen Studentenwohnreport des Finanzdienstleisters MLP und des Instituts der deutschen Wirtschaft. Zum anderen hätten viele Studenten wegen weggefallener Nebenjobs weniger Geld. Im Extremfall München legte die Miete für die Durchschnittswohnung demnach um 24 Euro zu. Dort kostete eine Musterwohnung demnach zuletzt 724 Euro, darauf folgen Stuttgart (562 Euro), Freiburg (550 Euro), Frankfurt und Heidelberg (jeweils 508 Euro). Hintergrund für die Preissteigerungen sei die allgemein gestiegene Nachfrage im günstigen Mietsegment wegen der Pandemiefolgen.