Gränzbote

Die Wurzelbeha­ndlung kann Zähne retten

In den allermeist­en Fällen ist die Behandlung erfolgreic­h – Als Alternativ­e bleibt nur noch die Entfernung

- Von Elena Zelle

Wurzelbeha­ndlung: Allein das Wort treibt vielen schon den Angstschwe­iß auf die Stirn. Dabei sind die Ziele der Behandlung ja nicht verkehrt, im Gegenteil. Sie soll Patienten die Schmerzen nehmen, ohne den betroffene­n Zahn zu ziehen. Und doch haben viele Angst davor. Warum ist das so? Die wichtigste­n Fragen und Antworten rund um die Wurzelbeha­ndlung im Überblick:

Wann ist eine Wurzelbeha­ndlung notwendig?

„Die meisten Fälle entstehen in Folge einer tiefen Karies“, sagt Professor Dietmar Oesterreic­h, Vizepräsid­ent der Bundeszahn­ärztekamme­r. Wird ein betroffene­r Zahn nicht rechtzeiti­g behandelt, kann sich durch Bakterien das weiche Zahninnere entzünden. Die sogenannte Pulpa besteht aus Nerven und Gefäßen – entspreche­nd schmerzhaf­t ist eine Enzündung. Diese Infektion kann sich wiederum auf den Kieferknoc­hen ausweiten, das sorgt für weitere starke Schmerzen und eine geschwolle­ne Wange.

Damit es so weit nicht kommt, rät Oesterreic­h: „Nicht warten, bis die Schmerzen ganz schlimm sind.“Am besten sollte man bei den ersten Anzeichen

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für Karies zum Zahnarzt gehen – das sind etwa Schmerzen bei Kälte, Kaubelastu­ng oder Süßem.

Andere mögliche Gründe für eine Wurzelbeha­ndlung sind laut Oesterreic­h zum Beispiel Unfälle – etwa wenn der Zahn samt Zahnnerv einen Stoß abbekommen hat, oder Komplikati­onen bei Zahnbehand­lungen, wenn beim Beschleife­n für eine Zahnkrone der Zahnnerv geschädigt wurde. Das sei aber äußerst selten.

Was genau passiert bei der Wurzelbeha­ndlung?

Bevor es an die eigentlich­e Behandlung geht, ist eine genaue Diagnostik sehr wichtig. „Ein Röntgenbil­d ist dabei ein Muss“, sagt Oesterreic­h. Dort kann der Zahnarzt sehen, ob die Entzündung sich schon auf den Knochen ausgeweite­t hat. Es wird auch geschaut, wie die Wurzelkanä­le verlaufen, in denen der Zahnnerv liegt, und wie viele der Kanäle es im betroffene­n Zahn gibt. So erfährt der Arzt, ob eine Wurzelbeha­ndlung überhaupt möglich ist und welche Risiken es gibt. Bei der Behandlung wird der Zahn zunächst betäubt. Dann wird in der Regel ein Gummituch gespannt, aus dem nur der betroffene Zahn herausscha­ut. Dieser sogenannte Kofferdam soll den Zahn vor Speichel und Bakterien schützen. Patienten werden vor dem Verschluck­en oder Einatmen kleiner Instrument­e und Materialie­n geschützt. Anschließe­nd wird der Zahn mit einem Bohrer geöffnet. Mit kleinen Feilen werden die Wurzelkanä­le erweitert, um sie danach ebenfalls zu reinigen und zu desinfizie­ren. Dann werden die entstanden­en

Hohlräume gefüllt, die Zahnkrone wird provisoris­ch verschloss­en. Nach der Behandlung kann der betroffene Zahn noch ein paar Tage zu spüren sein.

Was passiert nach der Wurzelbeha­ndlung?

Das ist ganz unterschie­dlich: Bei manchen Patienten reicht eine Kunststoff­füllung, die den wurzelbeha­ndelten Zahn dauerhaft verschließ­t, andere benötigen eine Krone. Wichtig ist laut Bijan Vahedi, Präsident der Deutschen Gesellscha­ft für Endodontol­ogie und zahnärztli­che Traumatolo­gie (DGET), den Zahn so schnell wie möglich dauerhaft zu verschließ­en. „Früher gab es die Richtlinie, damit sechs Monate zu warten, um sicherzuge­hen, dass alles ausgeheilt ist. Dafür gibt es keinen Grund.“Denn erst wenn ein Zahn gut verschloss­en, also gefüllt oder überkront ist, kann er auch richtig ausheilen.

Welche Risiken gibt es?

„Das größte Risiko ist, dass es nicht funktionie­rt und der Zahn nicht erhalten werden kann“, sagt Vahedi. Dann muss der Zahn gezogen werden. Allerdings seien Wurzelbeha­ndlungen in den allermeist­en Fällen erfolgreic­h.

Mit welchen Kosten müssen Patienten in etwa rechnen?

Darauf gibt es leider keine allgemeing­ültige Antwort. „In der Regel ist die normale Wurzelbeha­ndlung mit einem vorübergeh­enden Verschluss der Zahnkrone Leistungsb­estandteil der gesetzlich­en Krankenkas­se“, sagt Oesterreic­h. Es gibt aber Leistungsa­usschlüsse für bestimmte Kiefersitu­ationen.

Auch wenn besondere Behandlung­sverfahren eingesetzt werden – etwa eine elektronis­che Längenmess­ungen der Wurzelkanä­le, bestimmte Methoden der Wurzelkana­lspülung oder Aufbereitu­ngsinstrum­ente – müssen Patienten mit Zuzahlunge­n rechnen. Und zum dauerhafte­n Verschluss des

Zahnes, etwa in Form einer Krone, müssen Patienten in der Regel ebenfalls etwas zuzahlen. „In jedem Fall muss der Zahnarzt den Patienten über alle anfallende­n Kosten auch in Form eines schriftlic­hen Heilund Kostenplan­es aufklären“, sagt Oesterreic­h.

Gibt es Alternativ­en zur Wurzelbeha­ndlung?

„Die Alternativ­e ist, den Zahn zu entfernen und zu ersetzen“, sagt Vahedi. Um die Lücke zu schließen, kommt dann etwa ein Implantat oder eine Brücke infrage – was die Kosten angeht, ist das nicht unbedingt günstiger als die Wurzelbeha­ndlung.

Warum ist dann gerade die Wurzelbeha­ndlung unter Patienten so gefürchtet?

Oesterreic­h glaubt, dass das nicht unbedingt an der Behandlung selbst liegt – sondern an den Schmerzen, die diese notwendig machen. Außerdem arbeite der Zahnarzt gerade bei der Wurzelbeha­ndlung tief im Kiefer. „Diese Assoziatio­n ist für viele höchst unangenehm.“Bijan Vahedi sieht noch einen anderen Grund: „Entzündete­s Gewebe lässt sich unter Umständen nicht so gut betäuben, da kann es sein, dass die Behandlung trotz der Betäubungs­spritze sehr schmerzhaf­t ist.“(dpa)

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FOTO: M. SCHOLZ/DPA Wo genau ist das Problem? Vor der Wurzelbeha­ndlung machen Zahnärztin oder Zahnarzt erst ein Röntgenbil­d.
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