Fridays meldet sich zurück
Klimaaktivisten trotz Corona wieder auf der Straße
BERLIN/STUTTGART (epd/dpa) Nach Monaten der coronabedingten Pause sind am Freitag erstmals wieder Demonstranten der Fridays-forFuture-Bewegung auf die Straße gegangen. In ganz Deutschland versammelten sich am Vormittag Tausende Demonstranten zum sechsten globalen Klimastreik – mit Masken und Abstand. Insgesamt gab es hierzulande Aktionen an 400 Orten, darunter auch in Stuttgart, Ulm, Konstanz und München. Die größte deutsche Kundgebung mit gut 8000 Teilnehmern fand in Berlin statt. Weltweit demonstrierten junge Menschen in 2500 Städten.
Seitens der Politik gab es Lob für die Demonstranten. Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) sagte, sie sei „dankbar“für Fridays for Future. Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) schrieb bei Twitter: „Hinter Fridays for Future stehen längst nicht mehr nur Schülerinnen und Schüler, sondern ein breiter Teil der Gesellschaft.“
BERLIN/STOCKHOLM (dpa) - Berlin und Kiew, Stockholm und Seoul, Sydney und Edinburgh: Wenn die Klimaschutz-Bewegung Fridays for Future zum Protest aufruft, gehen Menschen rund um den Globus auf die Straße. Auch im Südwesten waren mehrere Tausend Teilnehmer bei den über 50 Aktionen und Protestzügen erwartet worden – etwa in Konstanz, Freiburg, Stuttgart und Ulm. Inmitten der Corona-Krise demonstrierten die Aktivisten am Freitag erstmals seit Monaten wieder im großen Stil – weil auch während der Pandemie die Erderhitzung keine Pause macht, wie sie sagten.
In Berlin und vielen anderen deutschen Städten schränkten nicht nur die Hygiene- und Abstandsregeln die Versammlungen ein, auch der Regen machte den oft jungen Demonstranten zu schaffen. „Das Wetter ist besser als die Klimapolitik der Bundesregierung!“, schrieb Fridays for Future Aachen launig auf Twitter. Berichte über größere Verstöße gegen Corona-Auflagen oder aufgelöste Demos gab es zunächst nicht. Ein Protestcamp in Aachen durfte nach kurzem Ärger doch stehen bleiben. In der Pandemie ist nicht nur die Klimapolitik
teils von der Agenda der Politik gerutscht, auch um Greta Thunberg und ihre Mitstreiter war es etwas ruhiger geworden. Deutschlands bekannteste Aktivistin Luisa Neubauer zeigte sich zufrieden, als sie am Brandenburger Tor sprach: „Wir sind da, aber so was von.“Von Resignation könne keine Rede sein. „Sie wollen uns von der Straße haben. Das bekommen sie nicht! Denn wir alle sind ein Grund zur Hoffnung. Macht euch gefasst: Wir kommen!“
Was die Teilnehmerzahlen anging, gab es wie häufig größere Unterschiede zwischen Angaben der Veranstalter und der Polizei – es dürften deutschlandweit aber mehrere Zehntausend gewesen sein. Registriert waren mehr als 450 Veranstaltungen. In Stuttgart kamen nach Schätzungen der Veranstalter rund 6000 Menschen zusammen, auch in Freiburg ging die Polizei von einer ähnlichen Zahl aus. In Karlsruhe beteiligten sich laut Fridays for Future rund 3500 Menschen an einer Menschenkette.
Weltweit forderten die Demonstranten, den Ausstieg aus der Nutzung von Kohle und Öl zu beschleunigen, um die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen. In Deutschland ist nach Daten des Deutschen Wetterdienstes das aktuelle Jahrzehnt rund 1,9 Grad wärmer als die ersten Jahrzehnte der Aufzeichnungen ab 1881. Weltweit wird der Anstieg der Temperatur mit 1,1 Grad beziffert. In Deutschland hielten Aktivisten Schilder mit der Aufschrift „Kein Grad weiter“in die Luft.
Rund um die Erde waren einer Auflistung von Fridays for Future zufolge mehr als 3200 „Klimastreiks“angekündigt. Zeitzonenbedingt machten Klimafreunde in Australien den Anfang: Im Rahmen von mehr als 500 geplanten Aktionen in nahezu allen Landesteilen gingen überwiegend junge Australier und ihre Unterstützer auf die Straße. Aktivisten in Brisbane legten den riesigen Schriftzug „Fund our Future!“(Finanziert unsere Zukunft!) in einem Park aus. An die großen Menschenmassen der globalen Klimaproteste des Vorjahres – damals waren weltweit Hunderttausende bis Millionen Menschen auf den Straßen unterwegs – reichten die Teilnehmerzahlen wegen der Corona-Beschränkungen aber bei Weitem nicht heran.
Viele Aktivisten wichen angesichts der Pandemie mit teils kreativen Aktionen ins Netz aus: In Japan etwa, wo über 70 Klimastreiks stattfinden sollten, stellten Menschen Fotos ihrer Schuhe und Protestschilder online. Die inzwischen weltberühmte Aktivistin Greta Thunberg postierte sich mit einigen weiteren Demonstranten vor dem Reichstag in Stockholm, um in der 110. Woche ihres berühmt gewordenen „Schulstreiks fürs Klima“abermals für mehr Klimaschutz einzustehen. Dabei trug sie einen Mund-Nasen-Schutz mit dem Emblem von Fridays for Future.
Auf dem afrikanischen Kontinent, wo die Menschen bereits besonders unter den Folgen des Klimawandels leiden, gab es in zahlreichen Ländern kleinere Proteste, etwa in Südafrika und Kenia. „Wir fordern unsere Anführer dazu auf, aufzuwachen“, sagte die ugandische Aktivistin Vanessa Nakate, die bekannteste Klimaschützerin Afrikas. „Wir wollen in einer besseren Welt leben.“Auch auf Mauritius demonstrierten Klimaschützer – dort war es erst vor einigen Wochen zu einer Ölkatastrophe gekommen, nachdem ein Frachter auf einem Riff auf Grund gelaufen war.