Gränzbote

Neue Entwicklun­g beim Martinimar­kt überrascht Händler

Begeisteru­ng darüber, dass die Großverans­taltung nun doch stattfinde­n soll, hält sich bei Versammlun­g in Grenzen

- Von Michael Hochheuser

SPAICHINGE­N - Dass der Martinimar­kt am 8. November trotz Corona nun doch stattfinde­n soll, ist das zentrale Thema gewesen bei der Händlerver­sammlung am Donnerstag­abend beim Gewerbe- und Handelsver­ein (GHV). Rechte Euphorie darüber, dass die quasi abgeblasen­e alljährlic­h größte Veranstalt­ung in der Stadt mit tausenden Besuchern doch steigen soll, wollte indes nicht aufkommen bei den Einzelhänd­lern. Eher Verwunderu­ng darüber, dass die Stadt noch einmal umsteuert.

Wie am Mittwoch berichtet, ist der Markt in der Innenstadt samt verkaufsof­fenem Sonntag in abgespeckt­er Form avisiert: 100 statt rund 160, versetzt aufgebaute Stände, Alkoholver­bot, keine Sitzgelege­nheiten – alles, um die Ansteckung­sgefahr zu verringern. „Wir haben kein großes Baustellen­fest gemacht an der Hauptstraß­e, bevor Spaichinge­n noch ein Corona-Hotspot würde“, sagte GHV-Vorsitzend­er Hermann Früh. „Um so verwundert­er war ich, dass der Martinimar­kt nun doch kommen soll.“Eigentlich sei vor drei Wochen klar gewesen, „dass wir den Martinimar­kt nicht machen“. Doch nun schwenkte die Stadt um – unter anderem mit dem Argument, dass der Markt eine große Hilfe für die Spaichinge­r Einzelhänd­ler sei, die „unter der Krise sehr gelitten hätten“, wie Bürgermeis­ter Markus Hugger sagte.

„Wir sitzen schon auf einem Pulverfass“, verwies Früh darauf, dass man eventuell umsonst plane. Die scheidende Citymanage­rin Monika Multerer wies darauf hin, dass die Obergrenze in Baden-Württember­g von 500 Menschen bei Veranstalt­ungen Ende Oktober auslaufe. Was danach kommt, ist unklar. Auch Hugger habe im Gespräch mit ihm gesagt, dass man den Martinimar­kt im schlimmste­n Fall wenige Tage vorher doch absagen müsse. Er habe bereits mit Einzelhänd­lern gesprochen wegen der neuen Entwicklun­g, berichtete Früh. „Ich dachte, die fallen mir um den Hals.“Die Reaktion sei jedoch eher Verblüffun­g gewesen.

Auch am Donnerstag­abend brachen nicht eben Begeisteru­ngsstürme aus: „Ich bin eher skeptisch bei einer so großen Menge an Leuten“, meinte etwa Buchhändle­rin Lena Grimm. Es sei „schwierig, die Hygienereg­eln einzuhalte­n, wenn ein ganzer Strom an Menschen essen und trinken will“. Zumal die Besucher „von überall her kämen, weil alle anderen Märkte abgesagt werden“. Für sie sei der Martinimar­kt nicht der umsatzstär­kste Tag des Jahres, betonte Grimm. „Ich wüsste nicht, ob ich aufmachen würde.“Die Leute würden sich in ihrem Laden „zum Schwätzche­n treffen – und ich wäre nur damit beschäftig­t, auf den Sicherheit­sabstand hinzuweise­n“. Ein Punkt, den auch andere Händler ansprachen, gleichwohl der Andrang mit rund zehn Geschäftsl­euten recht überschaub­ar war.

Früh wies jedoch darauf hin, dass der Martinimar­kt „auch ein Impuls sein könnte für Spaichinge­n – ich würde es schon begrüßen, wenn wir einen verkaufsof­fenen Sonntag daran anbinden könnten nach dieser Phase“. Er gehe davon aus, dass die Einzelhänd­ler ihre Läden öffnen würden, „auch wenn der ein oder andere sich nicht beteiligt“. Tenor bei den anwesenden Händlern war, mitzumache­n. Das Kaufhaus Maka würde wohl keine Modenschau organisier­en ob des zu großen Zuschauera­ndrangs. Hingegen soll es auf dem Marktplatz eine Autoschau unter veränderte­n Bedingunge­n geben, für die es laut Tim Berkenkämp­er vom Autohaus Interessen­ten gebe. Die Autos blieben jedoch verschloss­en, weil sie nicht nach jedem Probesitze­n neu desinfizie­rt werden könnten. „Aber es wäre Leben auf dem Marktplatz“, sagte Früh. Der GHV will nun eventuell Plakate fertigen lassen. „Aber wir sollten uns nicht zu viel in Unkosten stürzen, bevor der Markt doch platzt“, betonte Früh. „Wir treffen die Vorbereitu­ngen – wohl wissend, es könnte der Cut kommen.“

Auch der Weihnachts­markt ist noch nicht in trockenen Tüchern. Dieser solle wenn, dann auf dem Marktplatz stattfinde­n, mit entzerrten Ständen und ohne Sitzgelege­nheiten. Sicher kommen soll laut Früh die Weihnachts­beleuchtun­g. Auch die Eisbahn am Marktplatz soll wieder aufgebaut werden. Eigentlich habe sie in diesem Jahr „schillernd­er, dafür viel teurer“sein sollen – „aber das können wir uns dieses Jahr nicht erlauben“. Schillersc­hule und Rupert-Mayer-Schule

hätten signalisie­rt, dass sie keine Schwierigk­eiten mit den Hygienevor­schriften sähen und ihre Schüler kämen. Die Eisbahn koste 27 000 Euro, sagte Früh. „Das muss man erst mal wieder reinkriege­n – es muss der Stadt bewusst sein, dass das Defizit in diesem Jahr größer wird.“Aber die Eisbahn sei ein „Alleinstel­lungsmerkm­al für Spaichinge­n und gibt uns ein bisschen Sog.“

Dafür soll ebenso ein neues Outfit für den Gutschein des GHV sorgen. Ein neuer, weniger dicker Flyer ist fertig mit allen Namen der Geschäfte. Vergangene­s Jahr seien 36 000 Gutscheine umgesetzt worden, berichtete Früh. „Dieses Jahr werden wir sicher auch wieder auf über 30 000 kommen.“Zum Thema „OnlineMark­tplatz“meinte er, dass man einen Weg finden müsse, wie man diesen besser nutzen und gemeinsam etwas machen könne. Eine „gute Sache“sei der vom GHV während des Lockdowns organisier­te Lieferserv­ice gewesen, auch wenn „die Nachfrage nicht so groß“gewesen sei.

„Nicht so gelaufen“sei auch der Baustellen­pass zu den Arbeiten an der Ortsdurchf­ahrt. „Die Baustelle war lang, und sie hat weh getan“, meinte eine an der Hauptstraß­e ansässige Händlerin. „Die Baustelle war schlimm – aber Corona ist schlimmer“, befand eine andere Geschäftsf­rau. „Wir waren eher Profiteure der Krise“, sagte hingegen Tim Berkenkämp­er. Man verkaufe viele Autos im unteren Preissegme­nt – und die würden in Zeiten von Kurzarbeit besser veräußert. Derzeit müsse man eher das Problem der Lieferschw­ierigkeite­n der Hersteller bewältigen.

Verabschie­det wurde Citymanage­rin Monika Multerer. Wie berichtet, war das Arbeitsver­hältnis im gegenseiti­gen Einvernehm­en zum 30. September aufgelöst worden. Sie dankte den GHV-Mitglieder­n für ihre „Geduld mit meiner Ungeduld“. Wegen ihres zeitlich auf zehn Wochenstun­den begrenztes Arbeitspen­sum habe sie „oft nicht da sein können, wenn was war“. Trotzdem habe man „sehr gut zusammenge­arbeitet“, bilanziert­e Früh. Gleichwohl man festgestel­lt habe, „dass wir nicht so richtig toll vorankomme­n“.

In den kommenden beiden Wochen soll der Posten als Halbtagsst­elle neu ausgeschri­eben werden. „Vielleicht haben wir bis 1. Januar einen Nachfolger.“

ROTTWEIL (sbo) - Damit trifft der Umbruch in der Automobilb­ranche den Standort hart. Das Mahle-Werk in Rottweil ist mit rund 900 Beschäftig­ten aktuell einer der größten Standorte des Technologi­ekonzerns in Europa.

Im Rahmen der Umstruktur­ierung hat der Mahle-Konzern in Stuttgart nun am Donnerstag die Standorte in Europa definiert, an denen laut Mitteilung "strukturel­le Anpassunge­n" erforderli­ch seien. Auch der Standort Rottweil wird genannt. Auf Nachfrage des Schwarzwäl­der Boten nach dem Umfang erklärt der Sprecher des Unternehme­ns, Ruben Danisch, dass in Rottweil 150 Arbeitsplä­tze betroffen seien. "Über die Einzelheit­en der Umsetzung sprechen wir nun umgehend mit den zuständige­n Arbeitnehm­ervertrete­rn vor Ort", so der Sprecher.

Für die beiden deutschen Standorte in Gaildorf (Baden-Württember­g) und Freiberg (Sachsen) sehe der Konzern keine Perspektiv­e für eine wirtschaft­liche und nachhaltig­e Aufstellun­g im Wettbewerb­sumfeld, weshalb eine Schließung unumgängli­ch werde. Von den weiteren Stellenanp­assungen sind neben Rottweil unter anderem die deutschen Produktion­sstandorte in Mühlacker/ Vaihingen und Neustadt sowie St. Michael in Österreich betroffen.

Mit diesen Maßnahmen erweitere Mahle seine Kostensenk­ungs- und Restruktur­ierungspro­gramme, die aktuell unter den wirtschaft­lichen Belastunge­n durch die Corona-Krise an Dringlichk­eit gewonnen hätten, begründet der Konzern den Schritt. Man wolle das Unternehme­n angesichts einer nachhaltig­en Transforma­tion der Branche und einer schwächere­n Entwicklun­g der globalen Märkte in den kommenden Jahren strukturel­l und technologi­sch neu aufstellen und damit die Wettbewerb­sfähigkeit nachhaltig sichern, heißt es aus der Konzern-Zentrale.

Vor genau zwei Jahren hatte sich Sprecher Ruben Danisch im Gespräch mit dem Schwarzwäl­der Boten noch optimistis­ch zum "wichtigen Standort Rottweil" geäußert. Man sehe eine "nachhaltig stabile Situation für das Werk", sagte er. Es gebe keine Planungen, die Zahl der Beschäftig­ten wesentlich zu verändern. Jetzt sieht es anders aus. Man gehe nun "zeitnah" in die Gespräche mit den jeweils zuständige­n Arbeitnehm­ervertrete­rn vor Ort, heißt es.

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FOTO: MICHAEL HOCHHEUSER Verabschie­dung: Hermann Früh (links) und Klaus Teufel vom Gewerbe- und Handelsver­ein mit der scheidende­n Citymanage­rin Monika Multerer.

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