Neue Entwicklung beim Martinimarkt überrascht Händler
Begeisterung darüber, dass die Großveranstaltung nun doch stattfinden soll, hält sich bei Versammlung in Grenzen
SPAICHINGEN - Dass der Martinimarkt am 8. November trotz Corona nun doch stattfinden soll, ist das zentrale Thema gewesen bei der Händlerversammlung am Donnerstagabend beim Gewerbe- und Handelsverein (GHV). Rechte Euphorie darüber, dass die quasi abgeblasene alljährlich größte Veranstaltung in der Stadt mit tausenden Besuchern doch steigen soll, wollte indes nicht aufkommen bei den Einzelhändlern. Eher Verwunderung darüber, dass die Stadt noch einmal umsteuert.
Wie am Mittwoch berichtet, ist der Markt in der Innenstadt samt verkaufsoffenem Sonntag in abgespeckter Form avisiert: 100 statt rund 160, versetzt aufgebaute Stände, Alkoholverbot, keine Sitzgelegenheiten – alles, um die Ansteckungsgefahr zu verringern. „Wir haben kein großes Baustellenfest gemacht an der Hauptstraße, bevor Spaichingen noch ein Corona-Hotspot würde“, sagte GHV-Vorsitzender Hermann Früh. „Um so verwunderter war ich, dass der Martinimarkt nun doch kommen soll.“Eigentlich sei vor drei Wochen klar gewesen, „dass wir den Martinimarkt nicht machen“. Doch nun schwenkte die Stadt um – unter anderem mit dem Argument, dass der Markt eine große Hilfe für die Spaichinger Einzelhändler sei, die „unter der Krise sehr gelitten hätten“, wie Bürgermeister Markus Hugger sagte.
„Wir sitzen schon auf einem Pulverfass“, verwies Früh darauf, dass man eventuell umsonst plane. Die scheidende Citymanagerin Monika Multerer wies darauf hin, dass die Obergrenze in Baden-Württemberg von 500 Menschen bei Veranstaltungen Ende Oktober auslaufe. Was danach kommt, ist unklar. Auch Hugger habe im Gespräch mit ihm gesagt, dass man den Martinimarkt im schlimmsten Fall wenige Tage vorher doch absagen müsse. Er habe bereits mit Einzelhändlern gesprochen wegen der neuen Entwicklung, berichtete Früh. „Ich dachte, die fallen mir um den Hals.“Die Reaktion sei jedoch eher Verblüffung gewesen.
Auch am Donnerstagabend brachen nicht eben Begeisterungsstürme aus: „Ich bin eher skeptisch bei einer so großen Menge an Leuten“, meinte etwa Buchhändlerin Lena Grimm. Es sei „schwierig, die Hygieneregeln einzuhalten, wenn ein ganzer Strom an Menschen essen und trinken will“. Zumal die Besucher „von überall her kämen, weil alle anderen Märkte abgesagt werden“. Für sie sei der Martinimarkt nicht der umsatzstärkste Tag des Jahres, betonte Grimm. „Ich wüsste nicht, ob ich aufmachen würde.“Die Leute würden sich in ihrem Laden „zum Schwätzchen treffen – und ich wäre nur damit beschäftigt, auf den Sicherheitsabstand hinzuweisen“. Ein Punkt, den auch andere Händler ansprachen, gleichwohl der Andrang mit rund zehn Geschäftsleuten recht überschaubar war.
Früh wies jedoch darauf hin, dass der Martinimarkt „auch ein Impuls sein könnte für Spaichingen – ich würde es schon begrüßen, wenn wir einen verkaufsoffenen Sonntag daran anbinden könnten nach dieser Phase“. Er gehe davon aus, dass die Einzelhändler ihre Läden öffnen würden, „auch wenn der ein oder andere sich nicht beteiligt“. Tenor bei den anwesenden Händlern war, mitzumachen. Das Kaufhaus Maka würde wohl keine Modenschau organisieren ob des zu großen Zuschauerandrangs. Hingegen soll es auf dem Marktplatz eine Autoschau unter veränderten Bedingungen geben, für die es laut Tim Berkenkämper vom Autohaus Interessenten gebe. Die Autos blieben jedoch verschlossen, weil sie nicht nach jedem Probesitzen neu desinfiziert werden könnten. „Aber es wäre Leben auf dem Marktplatz“, sagte Früh. Der GHV will nun eventuell Plakate fertigen lassen. „Aber wir sollten uns nicht zu viel in Unkosten stürzen, bevor der Markt doch platzt“, betonte Früh. „Wir treffen die Vorbereitungen – wohl wissend, es könnte der Cut kommen.“
Auch der Weihnachtsmarkt ist noch nicht in trockenen Tüchern. Dieser solle wenn, dann auf dem Marktplatz stattfinden, mit entzerrten Ständen und ohne Sitzgelegenheiten. Sicher kommen soll laut Früh die Weihnachtsbeleuchtung. Auch die Eisbahn am Marktplatz soll wieder aufgebaut werden. Eigentlich habe sie in diesem Jahr „schillernder, dafür viel teurer“sein sollen – „aber das können wir uns dieses Jahr nicht erlauben“. Schillerschule und Rupert-Mayer-Schule
hätten signalisiert, dass sie keine Schwierigkeiten mit den Hygienevorschriften sähen und ihre Schüler kämen. Die Eisbahn koste 27 000 Euro, sagte Früh. „Das muss man erst mal wieder reinkriegen – es muss der Stadt bewusst sein, dass das Defizit in diesem Jahr größer wird.“Aber die Eisbahn sei ein „Alleinstellungsmerkmal für Spaichingen und gibt uns ein bisschen Sog.“
Dafür soll ebenso ein neues Outfit für den Gutschein des GHV sorgen. Ein neuer, weniger dicker Flyer ist fertig mit allen Namen der Geschäfte. Vergangenes Jahr seien 36 000 Gutscheine umgesetzt worden, berichtete Früh. „Dieses Jahr werden wir sicher auch wieder auf über 30 000 kommen.“Zum Thema „OnlineMarktplatz“meinte er, dass man einen Weg finden müsse, wie man diesen besser nutzen und gemeinsam etwas machen könne. Eine „gute Sache“sei der vom GHV während des Lockdowns organisierte Lieferservice gewesen, auch wenn „die Nachfrage nicht so groß“gewesen sei.
„Nicht so gelaufen“sei auch der Baustellenpass zu den Arbeiten an der Ortsdurchfahrt. „Die Baustelle war lang, und sie hat weh getan“, meinte eine an der Hauptstraße ansässige Händlerin. „Die Baustelle war schlimm – aber Corona ist schlimmer“, befand eine andere Geschäftsfrau. „Wir waren eher Profiteure der Krise“, sagte hingegen Tim Berkenkämper. Man verkaufe viele Autos im unteren Preissegment – und die würden in Zeiten von Kurzarbeit besser veräußert. Derzeit müsse man eher das Problem der Lieferschwierigkeiten der Hersteller bewältigen.
Verabschiedet wurde Citymanagerin Monika Multerer. Wie berichtet, war das Arbeitsverhältnis im gegenseitigen Einvernehmen zum 30. September aufgelöst worden. Sie dankte den GHV-Mitgliedern für ihre „Geduld mit meiner Ungeduld“. Wegen ihres zeitlich auf zehn Wochenstunden begrenztes Arbeitspensum habe sie „oft nicht da sein können, wenn was war“. Trotzdem habe man „sehr gut zusammengearbeitet“, bilanzierte Früh. Gleichwohl man festgestellt habe, „dass wir nicht so richtig toll vorankommen“.
In den kommenden beiden Wochen soll der Posten als Halbtagsstelle neu ausgeschrieben werden. „Vielleicht haben wir bis 1. Januar einen Nachfolger.“
ROTTWEIL (sbo) - Damit trifft der Umbruch in der Automobilbranche den Standort hart. Das Mahle-Werk in Rottweil ist mit rund 900 Beschäftigten aktuell einer der größten Standorte des Technologiekonzerns in Europa.
Im Rahmen der Umstrukturierung hat der Mahle-Konzern in Stuttgart nun am Donnerstag die Standorte in Europa definiert, an denen laut Mitteilung "strukturelle Anpassungen" erforderlich seien. Auch der Standort Rottweil wird genannt. Auf Nachfrage des Schwarzwälder Boten nach dem Umfang erklärt der Sprecher des Unternehmens, Ruben Danisch, dass in Rottweil 150 Arbeitsplätze betroffen seien. "Über die Einzelheiten der Umsetzung sprechen wir nun umgehend mit den zuständigen Arbeitnehmervertretern vor Ort", so der Sprecher.
Für die beiden deutschen Standorte in Gaildorf (Baden-Württemberg) und Freiberg (Sachsen) sehe der Konzern keine Perspektive für eine wirtschaftliche und nachhaltige Aufstellung im Wettbewerbsumfeld, weshalb eine Schließung unumgänglich werde. Von den weiteren Stellenanpassungen sind neben Rottweil unter anderem die deutschen Produktionsstandorte in Mühlacker/ Vaihingen und Neustadt sowie St. Michael in Österreich betroffen.
Mit diesen Maßnahmen erweitere Mahle seine Kostensenkungs- und Restrukturierungsprogramme, die aktuell unter den wirtschaftlichen Belastungen durch die Corona-Krise an Dringlichkeit gewonnen hätten, begründet der Konzern den Schritt. Man wolle das Unternehmen angesichts einer nachhaltigen Transformation der Branche und einer schwächeren Entwicklung der globalen Märkte in den kommenden Jahren strukturell und technologisch neu aufstellen und damit die Wettbewerbsfähigkeit nachhaltig sichern, heißt es aus der Konzern-Zentrale.
Vor genau zwei Jahren hatte sich Sprecher Ruben Danisch im Gespräch mit dem Schwarzwälder Boten noch optimistisch zum "wichtigen Standort Rottweil" geäußert. Man sehe eine "nachhaltig stabile Situation für das Werk", sagte er. Es gebe keine Planungen, die Zahl der Beschäftigten wesentlich zu verändern. Jetzt sieht es anders aus. Man gehe nun "zeitnah" in die Gespräche mit den jeweils zuständigen Arbeitnehmervertretern vor Ort, heißt es.