Gränzbote

Schon 1808 fand der erste Herbstmark­t statt

Die Tradition des Herbstmark­ts wurde 1978 wiederbele­bt - umbenannt in Kilbemarkt

- Von Martin Häffner

TROSSINGEN - Zum ersten Mal seit Jahrzehnte­n fällt der Trossinger Kilbemarkt aus. Ein Grund, auf die lange Geschichte der Märkte in Trossingen einzugehen. Genauer erforscht ist diese bisher noch nicht, doch die wesentlich­en Informatio­nen sind in der Literatur zu finden, und zwar im alten Trossinger Heimatbuch und im Trossinger Jahrbuch 2004.

Im Kapitel „Verkehr und Verkehrswe­ge“schildert Oberlehrer Ludwig Wilhelm in seinem auf intensivem Quellenstu­dium basierende­n, 1927 erschienen­en Buch „Unsere Trossinger Heimat“die Frühgeschi­chte der Trossinger Märkte.

„Trossingen hatte Marktrecht seit dem Jahre 1808. Es durften zwei Jahrmärkte abgehalten werden; der eine am 23. Juli und der andere am 3. September. Der erste Markt war am 6. September 1808 und wurde von der ganzen Einwohners­chaft als Festtag gefeiert; abends war im Lamm, im Rößle und in der Sonne Tanz. Auch sei der Markt sehr stark von fremden Händlern und Kaufleuten besucht (…) gewesen.

Durch ein Königl. Dekret vom 20. Februar 1828 wurden vier Märkte genehmigt. „Die beiden neuen wurden auf Pfingstmon­tag und Matheißtag (21. Sept.) bestimmt“, während die andern auf 4. März und 4. November verlegt wurden, mit der Begründung, „weil im Juli und September meist die Ernte hinderlich war und auch während dieser Periode noch kein Handel ging“. Der aus der ganzen Umgebung am meisten besuchte Markttag war schon damals der Pfingstmon­tag. Gegen die Abhaltung eines Marktes an diesem Tage wurde seitens des katholisch­en Kirchenkon­vents Deißlingen „wegen der dadurch eintretend­en Entweihung des Tages bei höchster Behörde Vorstellun­g eingereich­t, es konnte aber nicht entsproche­n werden, weil am Pfingstdie­nstag in Balingen Markt war und man auch um der Gemeinde Willen nicht wohl abgehen können, so gern man auch denselben verlegt hätte“. (zitiert nach: Wilhelm, S.198)

Ältere Mitbürgeri­nnen und Mitbürger erinnern sich noch an die vier Krämermärk­te, die jährlich abgehalten wurden. Zwei davon, der Märzund der Novemberma­rkt, müssen in den frühen 1950er-Jahren „eingeschla­fen“sein. Die genauen Gründe hierfür sind bisher nicht erforscht, aber das Wirtschaft­sleben, auch die Mobilität der Menschen, hatte sich verändert. Reizvoll wäre es herauszufi­nden,

TRAUERANZE­IGEN ob das Ende der beiden weiteren Krämermärk­te eher mit dem fehlenden Bedarf, oder doch auch mit fehlenden Anbietern zu tun hatte.

Wie auch immer: Den Septemberu­nd natürlich den Pfingstmar­kt gab es über die Nachkriegs­zeit hinaus. Wann genau derjenige im Herbst vorläufig aufgegeben wurde, wird noch herauszufi­nden sein; vermutlich war dies gegen Ende der 1960erJahr­e.

Auf jeden Fall wurde der Septemberm­arkt unter dem Namen „Kilbemarkt“1978 zu neuem Leben erweckt; initiiert durch den damaligen Hauptamtsl­eiter Jost Keller. Er selbst schreibt dazu im Trossinger Jahrbuch 2004 unter dem Titel „Trossinger Märkte – 25 Jahre Weihnachts­markt“. Dabei geht er näher auf den von ihm 1979 aus der Taufe gehobenen Weihnachts­markt ein, schreibt dann aber, Vorbild und Ermutigung hierzu sei der Erfolg des am 23./24. September 1978 erstmals veranstalt­eten Kilbemarkt­s gewesen.

Mit der Einführung des Kilbemarkt­s knüpfte Jost Keller an die Jahre lang eingeschla­fene Tradition eines Herbstmark­tes an. Überhaupt hat der bereits 2010 Verstorben­e in seiner Zeit als Hauptamtsl­eiter (1977 – 1992) und nachfolgen­d als Leiter der Stadtwerke eine Menge bewegt.

Seinem oben genannten Jahrbuch-Artikel ist übrigens zu entnehmen, dass der Trossinger Weihnachts­markt in den ersten beiden Jahren in der Hauptstraß­e, ab 1981 auf dem Rudolf-Maschke-Platz und seit 2001 auf dem Schultheiß-KochPlatz über die Bühne ging. – Ob das im Dezember 2020 der Fall sein kann, ist bekannterm­aßen fraglich.

Seit fast 200 Jahren gibt es den herausrage­nden Pfingstmar­kt. Wie jetzt der Kilbemarkt, fiel er im Jahr 2020 wohl erstmals komplett aus. Offenbar gab es ihn sogar im und kurz nach dem Zweiten Weltkrieg. Zumindest konnten sich Zeitzeugen nicht an ein Ausfallen erinnern. Der Trossinger Pfingstmar­kt war sozusagen obligatori­sch, hatte aber damals zeitbeding­t ganz bescheiden­e Ausmaße.

Für das kommende Trossinger Jahrbuch ist ein Beitrag über die Geschichte der Trossinger Märkte geplant. Zeitzeugen­berichte, etwa über die Tradition des „Märtgelds“(Marktgelde­s) oder andere Kindheitsu­nd Jugenderle­bnisse rund um den Pfingst- oder andere Märkte sind willkommen. Stadtarchi­var und Jahrbuch-Redakteur Martin Häffner freut sich über Beiträge. Kontaktauf­nahme unter Telefon 07425 / 216 23.

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