Archäologen entdecken Mittelaltersiedlung
Erschließung von „An der Steig I“in Deilingen verzögert sich wegen Notgrabungen
DEILINGEN (pm/sz) - Im Rahmen der Erschließung für das neue Wohnbaugebiet „An der Steig I“sind Reste einer spätmittelalterlichen Siedlung gefunden worden, wie Bürgermeister Albin Ragg den Deilinger Gemeinderat informierte. Bevor die Erschließungsarbeiten weitergehen können, gibt es nun eine archäologische Rettungsgrabung, die die Gemeinde bis zu 40 000 Euro kosten kann.
Die quer durch das Gebiet „An der Steig I“führende Fernwasserleitung des Zweckverbandes Wasserversorgung Hohnberggruppe wird derzeit durch die Firma Heinrich Rack Wasserleitungsbau aus Renquishausen umgelegt. Die Kanalbauarbeiten führt parallel zu den Wasserleitungsbauarbeiten die Firma Stingel aus. Der Glasfaserausbau des Gebiets erfolgt zusammen mit den Straßenbauarbeiten.
Das Landesamt für Denkmalpflege (LAD) hat archäologische Funde im Bereich des Baufeldes „An der
Steig I“festgestellt. Es handelt sich dabei um Siedlungsspuren des Spätmittelalters auf einer Fläche von rund 12 000 Quadratmetern. Gefunden wurden flache Fundamente aus Natursteinen (weißer Jura) für Schwellbalkengebäude sowie ehemalige Hofmauern. Eine vorläufige Datierung der gefundenen Tonscherben durch das LAD weist die Funde dem 13. bis 15. Jahrhundert zu. Die Funde müssen in Schichten freigelegt, fotografisch, zeichnerisch und beschreibend dokumentiert sowie vermessen werden. Dazu ist der Grundstückseigentümer nach Paragraph 6 des Landesdenkmalschutzgesetzes verpflichtet.
Nach der archäologischen Rettungsgrabung, die die Gemeinde an das Unternehmen ArchaeoBW beauftragt hat, können die Erschließungsarbeiten im Gebiet fortgesetzt werden.
Aus der Mitte des Gemeinderats kam die Frage an Bürgermeister Ragg, ob angesichts der Corona-bedingten
Steuerausfälle die Kosten der Rettungsgrabung für die Gemeinde Deilingen zumutbar und finanzierbar seien. Genau diese Frage hat auch die Verwaltung dem LAD ebenfalls gestellt.
Paragraph 6 des Landesdenkmalschutzgesetzes enthält eine Erhaltungspflicht für Eigentümer und Besitzer von Kulturdenkmalen. Diese haben die Kulturdenkmale im Rahmen des Zumutbaren zu erhalten und pfleglich zu behandeln. Der unbestimmte Rechtsbegriff „im Rahmen des Zumutbaren“ist durch Urteile oberster Gerichte auf bis zu sieben Prozent der gesamten Baukosten eines Vorhabens festgesetzt worden.
Die Gemeinde Deilingen könne sich dieser Verpflichtung zur Vornahme der Rettungsgrabung, auch in Zeiten knapper Kassen, nicht entziehen. Das Verständnis für diese Antwort des LAD dafür hält sich im Gremium in Grenzen.
Die voraussichtlichen Gesamtkosten für die Rettungsgrabung könnten bis zu 40 000 Euro betragen. Die archäologische Rettungsgrabung wird in den nächsten Tagen begonnen.
Von fünf Firmen, die die Gemeinde um ein Angebot für die Ausführung der Rettungsgrabung gebeten hat, hat nur eine Firma ein Angebot abgegeben.
Um keine Zeit zur Ausführung der Erschließungsarbeiten zu verlieren, hat der Bürgermeister dieses Angebot in der Urlaubszeit im Wege einer Eilentscheidung angenommen und zuvor einen Rabatt von fünf Prozent verhandelt. Der Gemeinderat stimmte dem nachträglich zu.
Bis zum Abschluss der Rettungsgrabung kann die Firma Friedrich Stingel GmbH die Erschließungsarbeiten im betroffenen Bereich vorerst nicht weiterführen. Im Zeitraum der Rettungsgrabung (veranschlagt sind vier Wochen) werden die Bauarbeiten im übrigen Bereich der Erschließungsmaßnahme jedoch fortgesetzt.