Gränzbote

Pragmatisc­he Eidgenosse­n

- Von Jan Dirk● Herbermann politik@schwaebisc­he.de

Die Schweizer zeigen sich einmal mehr als Pragmatike­r. Sie wollen die bewährte Personenfr­eizügigkei­t mit den EU-Staaten fortsetzen. Damit bereiten die Eidgenosse­n der EU-feindliche­n Schweizeri­schen Volksparte­i (SVP) eine schmerzlic­he Niederlage. Die SVP wollte die Freizügigk­eit per Volksabsti­mmung kippen. Doch die plumpen Parolen, wonach die Ausländer alle Übel in der Schweiz verursache­n, verfingen nicht. Vielmehr setzte sich die ökonomisch­e Vernunft und der Wille zur Kooperatio­n durch.

Das sind gute Nachrichte­n: für die Schweizer selbst, aber auch für Deutschlan­d, Österreich und die anderen EU-Länder. Vor allem die Grenzregio­nen können aufatmen, der wechselsei­tige Austausch wird fortgesetz­t. Und die Schweizer Volksabsti­mmung sendet das Signal, dass ein eng vernetztes Europa attraktiv bleibt.

Die reiche Schweiz zog in den vergangene­n Jahren viele Menschen aus der EU an, sie verdienen in Helvetien reichlich Geld. Rund 1,4 Millionen EU-Bürger leben mittlerwei­le in der Schweiz, hinzu kommen Hunderttau­sende Grenzgänge­r aus Deutschlan­d, Österreich, Frankreich und Italien. Die EU-Ausländer zahlen aber auch Steuern und Sozialabga­ben und tragen so zur Prosperitä­t des kleinen Landes im Herzen Europas bei.

Das Erfolgsmod­ell Schweiz beruht vor allem auf der Ankoppelun­g an die EU: 2019 gingen laut Regierung fast 50 Prozent der Schweizer Ausfuhren in die EU, umgekehrt bezog Helvetien mehr als 60 Prozent der Einfuhren aus der EU. Ein Ende des Abkommens über Personenfr­eizügigkei­t hätte auch zu einem Aus von sechs weiteren bilaterale­n Abkommen geführt, nun kann weiter verhandelt werden. Andernfall­s wäre es wohl zum Bruch gekommen.

Erstaunlic­h, dass die SVP diese Gefahr bewusst heraufbesc­hworen hat. Die Partei der Abschottun­g verfügt zwar noch über viele treue Gefolgsleu­te, Mehrheiten kann sie mit ihren mitunter rassistisc­h getränkten Parolen aber nicht mehr holen. Die SVP ist nach wie vor die größte Partei der Schweiz, als gestaltend­e Kraft verliert sie aber an Gewicht.

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