Über 7100 Brücken darfst du fahren
Verkehrsminister gibt rund 110 gesperrte Bauwerke für Holztransporte frei – Weitere 400 Brücken zu marode
STUTTGART - Im monatelangen Streit um den Abtransport von Holz aus den Wäldern gibt es Bewegung: Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) gibt weitere rund 110 Brücken für schwere Transporter frei – allerdings unter Auflagen. Es bleiben mehr als 400 Bauwerke, die aus Sicht des Ministeriums weiterhin zu marode für solche Lkw sind. Forstminister Peter Hauk (CDU) ist nicht zufrieden.
Eigentlich dürfen Lkw in Deutschland nur fahren, wenn sie inklusive Ladung nicht schwerer als 40 Tonnen sind. Doch weil seit mehreren Jahren Hitze, Stürme und Borkenkäfer den Wäldern zusetzen, fällt dort mehr Holz an als üblich. Es muss rasch abtransportiert werden, damit sich Schädlinge nicht noch stärker ausbreiten. Das Verkehrsministerium hatte deshalb mehrfach eine Ausnahmegenehmigung für Holztransporte erlassen – sie durften maximal 44 Tonnen wiegen. Forstwirte und Forstbehörden begrüßten dies. Aus ihrer Sicht spart der Einsatz der Lkw Fahrten, das Holz gelange rascher aus dem Wald.
Ende Mai diesen Jahres lief die Ausnahmegenehmigung jedoch aus. Minister Hermann verlängerte sie nicht. Sein Argument: Mehr als 500 der rund 7500 Brücken an Bundes-,
Landes- und Kreisstraßen hielten die Last solcher Lkw nicht aus. Seine Experten konsultierten zuvor Datenbanken mit Alter und Ergebnisse der Statikprüfungen. Waldbesitzer und Forstwirte protestierten, ebenso Minister Hauk.
Er legte eine Liste mit jenen 150 Brücken vor, die für Holztransporte in besonders betroffenen Landkreisen
unabdingbar seien. Daraufhin prüfte das Verkehrsministerium erneut. Das Ergebnis liegt der „Schwäbischen Zeitung“jetzt vor. Demnach bleiben 38 Brücken dauerhaft für Holztransporte mit mehr als 44 Tonnen gesperrt. Wenn das Land dafür Geld zur Verfügung stellt, können sie saniert werden. Ob und wann das passiert, ist unklar. An den übrigen rund 110 Brücken werden Schilder aufgestellt. Sie können die 44-Tonner passieren, wenn sie auf Gegenverkehr achten. Darunter sind auch bislang nicht für schwere Transporter passierbare Brücken in der Region, etwa auf der Ostalb, den Kreisen Biberach, Tuttlingen, Ravensburg und am Bodensee.
Damit dürfen nun bis Ende März 2022 etwa 7100 Brücken in Landesverantwortung von den schweren Lkw befahren werden. Offen ist, was für Brücken auf jenen Straßen gilt, für die Städte und Gemeinden zuständig sind. Darüber soll es noch Gespräche Ende des Monats geben.
Der Amtschef des Verkehrsministeriums betonte auf Anfrage der „Schwäbischen Zeitung“: „Aus unserer Verantwortung für die Straßeninfrastruktur einerseits und dem Schutz unserer Natur andererseits, haben wir das Beste erreicht“so Ministerialdirektor Lahl. Doch Forstminister Hauk ist weiter nicht zufrieden. Er hatte eine landesweite, pauschale Ausnahmegenehmigung für alle Brücken gefordert. „Die jetzige Lösung hilft zwar etwas, bringt aber auf großer Fläche nicht die Entspannung, die wir für eine optimale Eindämmung der Waldschäden durch Borkenkäfer gebraucht hätten. Außerdem kommt sie reichlich spät“, sagte Hauk der „Schwäbischen Zeitung“.