Gränzbote

Herrlich simpel zum Startrekor­d

Des Trainers Plan geht auf: 2:0 gegen Dortmund macht den Augsburger Traumstart perfekt

- Von Felix Alex

AUGSBURG - Da wollte der Rekordmeis­ter einmal gnädig sein, zeigen, dass auch der Allzeitdom­inator FC Bayern München nicht möchte, dass dieses jüngste Märchen der Bundesliga endet, doch dann kam die letzte Minute der 1:4-Niederlage gegen die TSG Hoffenheim, die durch das vierte Tor das ganz große Märchen des FC Augsburg beendete. Mit der Übernahme dafür sorgte, dass der Tabellenfü­hrer nicht mindesten eine ganze Woche lang FC Augsburg heißen konnte, sondern nur 24 Stunden. Aber immerhin. Jene Augsburger, die nach dem 2:0 (1:0)-Überraschu­ngscoup gegen Borussia Dortmund einen Tag zuvor noch freudestra­hlend vor ihren 6000 Anhängern im Stadion standen und sich an den ungewohnte­n „Spitzenrei­ter, Spitzenrei­ter, hey, hey“-Sprechchör­en ergötzen durften. Jene Fuggerstäd­er, die in ihrem zehnten Bundesliga­jahr hintereina­nder erstmals ihre zwei Auftaktspi­ele gewannen und damit von einem Platz an der Sonne der deutschen Eliteliga grüßen. Doch abheben, das werden die bayerische­n Schwaben trotzdem nicht.

„Das ist zwar ein tolles Gefühl, mit zwei Siegen zu starten, aber wir haben andere Ziele und es ist ein harter, langer Weg diese Saison. Wir müssen noch viel arbeiten, damit wir die Punkte sammeln werden“, sagte Trainer Heiko Herrlich. Auch Manager Stefan Reuter, seit Jahren emsigster Prediger der Bodenständ­igkeit, versuchte direkt die ganzen Nachfragen zu neuen Saisonziel­en einzufange­n: „Wir können das einordnen und sind realistisc­h genug, dass keiner zu träumen anfängt.“Dennoch gab er zu: „Wir freuen uns natürlich mit Blick auf die Tabelle, weil es sechs wichtige Punkte sind.“

Und sind diese nicht unverdient auf das eigene Konto gewandert. Erst ein 3:1 bei Union Berlin, nun der Sieg gegen den BVB. Reuter sah den jüngsten Erfolg als „Belohnung für Geschlosse­nheit und Fleiß“. Mit 123 Kilometern liefen seine Kicker elf Kilometer mehr als der Vize-Meister. „Wir waren heute geil drauf, griffig in den Zweikämpfe­n, kompakt, haben einander gepusht“, schwärmte Felix Uduokhai (40. Minute), der zusammen mit dem Ex-Schalker Daniel Caligiuri (54.) für Torjubel bei den zurückgeke­hrten Fans sorgte.

Als Vorbereite­r und Torschütze ragte der 32-jährige Neuzugang Caligiuri heraus, jedoch präsentier­te sich die lauffreudi­ge Truppe generell stark. Nach zehn Gegentoren in den vergangene­n beiden Spielen gegen den BVB stand diesmal die Null. Die Dortmunden Ballvirtuo­sen kamen zwar oftmals in die Nähe des Augsburger Strafraums, jedoch unterbande­n die Hausherren den Abschluss konsequent. Härte, Fleiß, Einsatz. Augsburger Grundtugen­den, die in dieser Saison noch zu ganz anderen Träumen berechtige­n könnten.

Auch weil eine Langzeitba­ustelle endlich geschlosse­n scheint. So vereitelte Torhüter Rafal Gikiewicz allein in der Schlusspha­se hochkaräti­ge Chancen von Mats Hummels und Erling Haaland mit starken Paraden. „Mein Job ist es, Bälle zu halten – das konnte ich machen, weil die Spieler vor mir richtig gut verteidigt haben“, sagte der 32 Jahre alte Neuzugang von Union Berlin. „Wir waren schon gleich nach dem Union-Spiel überzeugt, dass wir gegen Dortmund etwas holen können. Diesen Glauben hat man heute von der ganzen Mannschaft auf dem Platz gesehen.“

Sollte sich dieser Lauf fortsetzen ist vieles möglich, auch wenn die Augsburger darüber wohl erst nach dem wirklichen Erreichen sprechen würden. Dass dies möglich ist, zeigt die Vergangenh­eit. Bereits zweimal beendeten die Schwaben eine Saison als 5. und 8. schon in den Top 10, spielten 2016 in der Europaleag­ue gar durchaus passabel gegen Größen wie den FC Liverpool.

Diesen Gegner hätten die Dortmunder wohl auch gern im kommenden Jahr in der Champions League vor der Flinte, doch bewies die Partie, dass es beim Titelanwär­ter

Heiko Herrlich durchaus auch stottern kann. Augsburg besaß die Geduld, auf die Fehler des BVB zu warten – und nutzte sie dann konsequent. „Es ist sehr schwer, diese Niederlage zu akzeptiere­n“, klagte Trainer Lucien Favre, den sein Augsburger Kollege (ganz ohne Namenswitz­e an dieser Stelle) herrlich simpel ausgecoach­t hatte. „Wir haben uns darauf beschränkt, die Räume eng zu machen und Borussia Dortmund nicht zur Entfaltung kommen zu lassen“, sagte Herrlich und gab so die Blaupause preis, mit der die hochveranl­agte Jungspundt­ruppe auch künftig Probleme bekommen könnte. Bereits nach einer halben Stunde, als die flinken Giovanni Reyna (17) und Jude Bellingham (17) erstmals unsanft gestoppt worden waren, war Dortmunds Spielfreud­e dahin. Dennoch war es den Akteuren direkt nicht so klar, warum sie überhaupt verloren haben. „Ich habe das Gefühl“, war sich Mats Hummels sicher, „dass wir eigentlich in vielen Bereichen ein sehr gutes Spiel gemacht haben.“

Den Augsburger Titelanwär­terBesiege­rn wird dies beim Blick auf die Tabelle dennoch herrlich egal sein.

„Wir haben uns darauf beschränkt, die Räume eng zu machen und Borussia Dortmund nicht zur Entfaltung kommen zu lassen.“

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FOTO: CHRISTOF STACHE/AFP Drin ist der Ball: Daniel Caligiuri (M.) erzielt das 2:0 und macht gegen den BVB den Deckel drauf.

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