Proteste gegen Polizeigewalt
In Frankreich gehen Hunderttausende auf die Straße
PARIS (AFP) - In Frankreich sind mehr als hunderttausend Menschen gegen Polizeigewalt und für Pressefreiheit auf die Straße gegangen. Wie das Innenministerium mitteilte, beteiligten sich am Samstag 133 000 Menschen an Demonstrationen in rund 70 Städten. Nach Angaben der Veranstalter nahmen hingegen allein an einem Protestzug in der Hauptstadt Paris 200 000 Menschen teil. Am Rande der Proteste kam es zu Ausschreitungen mit Verletzten, die Polizei nahm mehr als 80 Menschen fest.
Die Proteste richteten sich gegen ein Gesetz, mit dem die französische Regierung bestimmte Foto- oder Filmaufnahmen von Polizisten unter Strafe stellen will. Aufgerufen zum „Marsch der Freiheiten“hatten Journalistengewerkschaften und Menschenrechtsorganisationen. Nach Angaben der Veranstalter nahmen insgesamt 500 000 Menschen an den landesweiten Demonstrationen teil. Die Demonstrationen verliefen zunächst friedlich, am Abend kam es aber in mehreren Städten zu Ausschreitungen. In Paris setzte die Polizei Tränengas und Wasserwerfer gegen Demonstranten ein, die Barrikaden errichteten, Steine auf die Sicherheitskräfte warfen und mehrere Feuer legten. Die Polizei nahm nach Angaben des Innenministeriums 81 Menschen fest.
Laut Innenministerium wurden bei den Zusammenstößen 62 Polizisten verletzt. Unter den verletzten Zivilisten ist ein Fotograf, der über die Demonstration in Paris berichtet hatte. Die Journalistenorganisation Reporter ohne Grenzen (RSF) kritisierte die Polizei für die „inakzeptable“Gewalt. Der Fotograf Ameer al Halbi sei mit einem Schlagstock im Gesicht verletzt worden.
Die Regierung von Präsident Emmanuel Macron will mit dem Gesetz die Verbreitung von Foto- oder Filmaufnahmen von Polizeieinsätzen unter Strafe stellen, wenn dadurch die „körperliche oder psychische Unversehrtheit“einzelner Beamter gefährdet wird. Journalistenverbände befürchten eine massive Einschränkung der Pressefreiheit. Kritiker argumentieren zudem, dass in der Vergangenheit viele Fälle von Polizeigewalt ungestraft geblieben wären, wenn sie nicht gefilmt und im Internet verbreitet worden wären.
Erst in den vergangenen Tagen waren in Frankreich neue Fälle von Polizeigewalt durch Videoaufnahmen bekannt geworden. Selbst Präsident Macron zeigt sich am Freitag schockiert über „beschämende“Aufnahmen von Polizisten, die einen schwarzen Musikproduzenten zusammengeschlagen und rassistisch beleidigt hatten.