Erbärmliches Hickhack
Generell ließe sich trefflich darüber streiten, ob es sinnvoll ist, die Weihnachtsferien vorzuziehen, um Kontakte während der Corona-Pandemie zu verringern. Doch darum soll es an dieser Stelle nicht gehen, sondern um das erbärmliche Hickhack um diese Entscheidung in Baden-Württembergs grünschwarzer Landesregierung.
Kurz zusammengefasst: Winfried Kretschmann plädiert vergangene Woche vor dem Corona-Gipfel dafür, die Ferien früher beginnen zu lassen. Am Mittwoch einigt sich der grüne Ministerpräsident mit Amtskollegen und Kanzlerin auf diese Regelung. Sechs Tage später fällt Susanne Eisenmann, Kultusministerin und CDU-Spitzenkandidatin, ein, dass dies Betreuungsprobleme für Eltern mit sich bringen könnte. Sie ist gegen die längeren Ferien. Tags darauf kuscht Kretsch- vor Eisenmann. Der folgende Kompromiss ist peinlich, unlogisch und inkonsequent.
Kinder von Klasse eins bis sieben können zur Schule gehen, müssen aber nicht. Das sollen die Eltern entscheiden. Ab Klasse acht gibt es Online-Unterricht. Wie soll das ablaufen? Zu Hause schauen alle denselben Film? „Der Grinch“für die Oberstufe, „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“für Jüngere? Wer jemals eine Schule besucht hat, weiß, dass an den Tagen direkt vor Weihnachten selten hart am Stoff gearbeitet wird.
Wäre es Herrn Kretschmann so ernst mit dem Infektionsschutz, wäre er bei den vorgezogenen Ferien geblieben. Wäre es Frau Eisenmann tatsächlich um die Probleme bei der Kinderbetreuung gegangen, hätte sie es direkt nach der Bund-Länder-Einigung bemängeln müssen. De facto hatten sich viele Eltern längst auf die längeren Ferien eingestellt – und ihre Kinder hatten sich darauf gefreut.
Am Ende sollten sich alle Beteiligten hierfür schämen. Wenn CDUSpitzenkandidatin Eisenmann ernsthaft glaubt, mit derlei kleinkarierter Parteipolitik bei den Wählern punkten zu können, täuscht sie sich. Setzen, Sechs, Frau Kultusministerin! Und dass Regierungschef Kretschmann Entscheidungen offenbar kippt, nur um den Koalitionsfrieden zu wahren, ist ebenfalls bedenklich.