Chatprotokolle geben Ermittlern Rätsel auf
Angeklagter schweigt zu Vorwurf des gewerbsmäßigen Drogenhandels
TUTTLINGEN/SPAICHINGEN - Es ist ein komplexes Geflecht, das der Strafrichter des Amtsgerichts Tuttlingen am Donnerstag zu entwirren versucht. Es geht um den gewerbsmäßigen Handel mit Marihuana und die Frage, ob der Angeklagte diese Drogen über einen Zwischenhändler verkauft hat. Doch dazu schweigen sowohl er, als auch die geladene Zeugin, eine mutmaßliche Käuferin. Als Beweismittel liegen den Ermittlern die Ergebnisse einer Wohnungsdurchsuchung sowie Chatprotokolle des Angeklagten und von Zeugen vor - doch die geben Rätsel auf.
Aus Sicht der Ermittler beginnt die Geschichte im Oktober 2018 mit einer Fahrzeugkontrolle auf einem Parkplatz in Spaichingen. Dabei bemerkten die Beamten einen starken Marihuana-Geruch. Auf die Frage, ob sie Drogen konsumiert habe, antwortet die Insassin des Autos - die geladene Zeugin - prompt mit Ja und hält den Polizisten eine Kaffeedose unter die Nase. Der Inhalt: Fast 50 Gramm
Marihuana. Sie wird festgenommen und ist zum Zeitpunkt des Prozesses bereits selbst wegen gewerbsmäßigem Handel mit Betäubungsmitteln verurteilt. Aus diesem Grund, so trägt ihr Anwalt vor, möchte sie im Prozess gegen den Angeklagten auch die Aussage verweigern.
Was jedoch klar ist: Im Zuge der Ermittlungen haben die Polizisten die Chats auf dem Handy der jungen Frau ausgewertet. Dazu gehörte unter anderem eine Unterhaltung mit dem mutmaßlichen Zwischenhändler, auf dessen Handy wiederum ein Chat mit einer weiteren Nummer gefunden wird. Die Handynummer gehört zwar zu einer Frau, bei ihr handele es sich aber um die Ex-Frau des Angeklagten. In diesen Chats gehe es laut Aussage eines Polizisten auffällig oft um „Susi“und einen „großen Brunder“. Das halten die Ermittler für einen Code, „Susi“solle für Amphetamin und „großer Bruder“für Marihuana stehen. Ob diese Codes so stimmen, bezweifelt die Verteidigerin des Angeklagten. Schließlich habe die Polizei keinerlei Übergaben von Geld oder Drogen beobachten können. Tatsache ist: Der Angeklagte hat tatsächlich einen Bruder und der ist für die Behörden kein Unbekannter. Aktuell steht er vor dem Landgericht Konstanz. Ihm und einem weiteren Angeklagten wird Drogenhandel im großen Stil vorgeworfen (wir berichteten). Auch die Hausdurchsuchung beim Angeklagten und dem mutmaßlichen Zwischenhändler konnte keine eindeutigen Beweise zu Tage fördern. Gefunden wurden zwar ein vierstelliger Geldbetrag und Vakuumierfolien, die geeignet sind um Marihuana zu verpacken, aber keine Drogen. Da zwei Zeugen, unter ihnen der mutmaßliche Zwischenhändler, nicht erschienen, wird weiterverhandelt. Die Hauptverhandlung wird am 21. Dezember fortgesetzt.