Spender unterstützen Zirkus „Alessio“
Nendinger sammeln Spenden für 24 Heuballen – Auch Neuhausen unterstützt
NEUHAUSEN OB ECK – Die Zirkuszelte sind von Schnee bedeckt, vor den Wohnwagen blinkt die Weihnachtsbeleuchtung. Ein paar neugierige Kamele spazieren über ihre neue Weide, während die Wollschweine gemütlich in ihrem Wagen dösen. Der Zirkus „Alessio“hat sein Winterquartier im Take-Off-Gewerbepark in Neuhausen gefunden und verweilt dort seit mehreren Wochen. Da die gesamten Einnahmen durch Zuschauer wegfallen, ist der Zirkus über den gesamten Winter auf Spenden angewiesen.
Anfang November gastierte der Zirkus „Alessio“ein letztes Mal in diesem Jahr auf dem Festplatz in Tuttlingen, ehe der erneute Einschränkungen sämtliche Aufführungen untersagten. Besonders bitter: „Unsere Hauptsaison wäre über die Weihnachtsmonate gewesen, unter anderem durch den Weihnachtszirkus in Aalen, der eine Haupteinnahmequelle gewesen wäre“, so die Zirkus-Chefs Andre Kaiser und Tina Nestelberger. Die Hälfte des Jahresumsatzes verbucht der Zirkus „Alessio“normalerweise in den Wintermonaten. „Wir hätten eigentlich auch unsere neue Zaubershow in Aalen zeigen wollen“, bedauert Nestelberger.
Statt in Aalen atemraubende Aufführungen hinzulegen, pausiert der Zirkus-Alltag. Besucher waren trotzdem willkommen. Die Nendingerin Susanne Seidl zum Beispiel. Sie stattete dem Zirkus mit seinen 25 Personen und rund 60 Tieren, davon 45 Großtiere, einen Besuch ab. „Ich wollte wissen, wie es dem Zirkus geht. Als ich die Situation gesehen habe, wollte ich helfen“, beschreibt Seidl ihr Anliegen. Mit Unterstützung der Kolpingsfamilie Nendingen leitete sie eine Spendenaktion in die Wege. Durch Arbeitskollegen, Vereinsmitglieder, Freunde
und Bekannte sind insgesamt 24 Heuballen zusammengekommen. „Das Futter hält uns rund elf Tage“, sagt Andre Kaiser und ergänzt: „Wir sind dankbar und glücklich.“
Eine „große Unterstützung“habe Andre Kaiser auch von den Einwohnern aus Neuhausen erhalten. „Die Bürgermeisterin hat uns gleich ein Spendenkonto eingerichtet“, lobte der Zirkuschef die Gemeinde. Neben den Futterspenden haben die Tiere auf dem Gelände im Take-Off-Gewerbepark viel Platz für ihre Auslaufkoppeln im Freien bis zum angrenzenden Wald. Untergebracht sind die Tiere verteilt auf mehrere Zelte, die zusätzlich beheizt werden. Geprobt wird weiterhin: Dafür hat die Zirkusfamilie das ehemalige Speisezelt aufgebaut.
„Mit Futter sind wir jetzt erstmal versorgt, da uns viele Spenden erreicht haben. Den Tieren geht es momentan besser als uns“, stellte der Zirkusdirektor fest. Der Zirkus „Alessio“sei ein großer laufender Betrieb mit 28 Trailern und sieben Lastwagen. Die Fixkosten seien schon alleine wegen den Versicherungsbeiträgen hoch: „Es sind Unmengen an Betriebskosten. Unsere Einnahmen kommen zu hundert Prozent von den Zuschauern, und diese fallen alle komplett weg“, so Kaiser. „Mit einem Paket Lebensmitteln oder Geldspenden ist uns aktuell am besten geholfen.“Aber auch Gas und Heizöl werden benötigt.
„Es ist sehr ruhig im Moment, aber es ist eine unangenehme Ruhe“, beschreibt Tina Nestelberger ihren aktuellen Alltag. Auf das anstehende Weihnachtsfest blickt sie mit gemischten Gefühlen. Ob der traditionelle Gänsebraten in diesem Jahr finanziell drin ist, wisse sie noch nicht. „Aber wir halten hier alle gut zusammen“, sagt sie.
Tiere abzugeben, um Kosten zu sparen, kommt für den Zirkus nicht in Frage, sagt Tina Nestelberger und krault dabei Hund Chase. Der Welpe ist sechs Monate alt. „Er ist unser Corona-Baby“,
erzählt sie. Als er geboren wurde, war der Zirkus corona-bedingt in Freudenstadt gestrandet. Eigentlich hätte es auch einen Käufer für ihn gegeben, letztendlich entschied sich die Familie aber dazu, ihn zu behalten. „Im Notfall ziehen wir lieber alle zusammen in einen Wohnwagen, um an den Heizkosten zu sparen“, sagt Nestelberger entschlossen.
Im Gewerbepark hat der Zirkus zusätzlich Wegweiser aufgestellt, damit Interessierte den Weg zum Winterquartier finden. Vor den nun noch strengeren Einschränkungen waren viele Familien vor Ort, um sich die Tiere anzuschauen. Kaiser rechnet damit, dass sein Zirkus „Alessio“noch bis zum Frühjahr in Neuhausen bleiben wird.