Gränzbote

Spender unterstütz­en Zirkus „Alessio“

Nendinger sammeln Spenden für 24 Heuballen – Auch Neuhausen unterstütz­t

- Von Katharina Höcker und Simon Schneider

NEUHAUSEN OB ECK – Die Zirkuszelt­e sind von Schnee bedeckt, vor den Wohnwagen blinkt die Weihnachts­beleuchtun­g. Ein paar neugierige Kamele spazieren über ihre neue Weide, während die Wollschwei­ne gemütlich in ihrem Wagen dösen. Der Zirkus „Alessio“hat sein Winterquar­tier im Take-Off-Gewerbepar­k in Neuhausen gefunden und verweilt dort seit mehreren Wochen. Da die gesamten Einnahmen durch Zuschauer wegfallen, ist der Zirkus über den gesamten Winter auf Spenden angewiesen.

Anfang November gastierte der Zirkus „Alessio“ein letztes Mal in diesem Jahr auf dem Festplatz in Tuttlingen, ehe der erneute Einschränk­ungen sämtliche Aufführung­en untersagte­n. Besonders bitter: „Unsere Hauptsaiso­n wäre über die Weihnachts­monate gewesen, unter anderem durch den Weihnachts­zirkus in Aalen, der eine Haupteinna­hmequelle gewesen wäre“, so die Zirkus-Chefs Andre Kaiser und Tina Nestelberg­er. Die Hälfte des Jahresumsa­tzes verbucht der Zirkus „Alessio“normalerwe­ise in den Wintermona­ten. „Wir hätten eigentlich auch unsere neue Zaubershow in Aalen zeigen wollen“, bedauert Nestelberg­er.

Statt in Aalen atemrauben­de Aufführung­en hinzulegen, pausiert der Zirkus-Alltag. Besucher waren trotzdem willkommen. Die Nendingeri­n Susanne Seidl zum Beispiel. Sie stattete dem Zirkus mit seinen 25 Personen und rund 60 Tieren, davon 45 Großtiere, einen Besuch ab. „Ich wollte wissen, wie es dem Zirkus geht. Als ich die Situation gesehen habe, wollte ich helfen“, beschreibt Seidl ihr Anliegen. Mit Unterstütz­ung der Kolpingsfa­milie Nendingen leitete sie eine Spendenakt­ion in die Wege. Durch Arbeitskol­legen, Vereinsmit­glieder, Freunde

und Bekannte sind insgesamt 24 Heuballen zusammenge­kommen. „Das Futter hält uns rund elf Tage“, sagt Andre Kaiser und ergänzt: „Wir sind dankbar und glücklich.“

Eine „große Unterstütz­ung“habe Andre Kaiser auch von den Einwohnern aus Neuhausen erhalten. „Die Bürgermeis­terin hat uns gleich ein Spendenkon­to eingericht­et“, lobte der Zirkuschef die Gemeinde. Neben den Futterspen­den haben die Tiere auf dem Gelände im Take-Off-Gewerbepar­k viel Platz für ihre Auslaufkop­peln im Freien bis zum angrenzend­en Wald. Untergebra­cht sind die Tiere verteilt auf mehrere Zelte, die zusätzlich beheizt werden. Geprobt wird weiterhin: Dafür hat die Zirkusfami­lie das ehemalige Speisezelt aufgebaut.

„Mit Futter sind wir jetzt erstmal versorgt, da uns viele Spenden erreicht haben. Den Tieren geht es momentan besser als uns“, stellte der Zirkusdire­ktor fest. Der Zirkus „Alessio“sei ein großer laufender Betrieb mit 28 Trailern und sieben Lastwagen. Die Fixkosten seien schon alleine wegen den Versicheru­ngsbeiträg­en hoch: „Es sind Unmengen an Betriebsko­sten. Unsere Einnahmen kommen zu hundert Prozent von den Zuschauern, und diese fallen alle komplett weg“, so Kaiser. „Mit einem Paket Lebensmitt­eln oder Geldspende­n ist uns aktuell am besten geholfen.“Aber auch Gas und Heizöl werden benötigt.

„Es ist sehr ruhig im Moment, aber es ist eine unangenehm­e Ruhe“, beschreibt Tina Nestelberg­er ihren aktuellen Alltag. Auf das anstehende Weihnachts­fest blickt sie mit gemischten Gefühlen. Ob der traditione­lle Gänsebrate­n in diesem Jahr finanziell drin ist, wisse sie noch nicht. „Aber wir halten hier alle gut zusammen“, sagt sie.

Tiere abzugeben, um Kosten zu sparen, kommt für den Zirkus nicht in Frage, sagt Tina Nestelberg­er und krault dabei Hund Chase. Der Welpe ist sechs Monate alt. „Er ist unser Corona-Baby“,

erzählt sie. Als er geboren wurde, war der Zirkus corona-bedingt in Freudensta­dt gestrandet. Eigentlich hätte es auch einen Käufer für ihn gegeben, letztendli­ch entschied sich die Familie aber dazu, ihn zu behalten. „Im Notfall ziehen wir lieber alle zusammen in einen Wohnwagen, um an den Heizkosten zu sparen“, sagt Nestelberg­er entschloss­en.

Im Gewerbepar­k hat der Zirkus zusätzlich Wegweiser aufgestell­t, damit Interessie­rte den Weg zum Winterquar­tier finden. Vor den nun noch strengeren Einschränk­ungen waren viele Familien vor Ort, um sich die Tiere anzuschaue­n. Kaiser rechnet damit, dass sein Zirkus „Alessio“noch bis zum Frühjahr in Neuhausen bleiben wird.

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FOTO: KEVIN RUDNER Auch in der Zeit ohne Auftritte gehen die Proben weiter.
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FOTO: SIMON SCHNEIDER Die Nendingeri­nnen Elisabeth Schwarz (links) und Susanne Seidl (rechts) von der Kolpingsfa­milie sammelten Spendengel­der für Heuballen, die der Nendinger Landwirt Rene Mattes (Zweiter von links) dem Zirkusdire­ktor Andre Kaiser vom Zirkus „Alessio“übergab.
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FOTO: KEVIN RUDNER Zirkusdire­ktor Andre Kaiser freut sich über die Spenden, die den Zirkus bisher erreicht haben.

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