Sabrina Domscheit lernt Gebärdensprache
Die angehende Lehrerin aus Wehingen beschäftigt sich mit wortloser Kommunikation
WEHINGEN - „Man kann nicht nicht kommunizieren“, postulierte schon Paul Watzlawik in seiner Kommunikationstheorie. Der Wehingerin Sabrina Domscheit (25), frisch gebackene Lehramtsanwärterin fürs Gymnasium in den Fächern Französisch, Philosophie/Ethik und Deutsch, ist schon vor Dienstantritt bewusst, wie wichtig Kommunikation in der Interaktion zwischen Lehrer und Schülern ist.
Wie sag ich`s meinen Kindern? Wie teile ich mich ihnen gegenüber mit? Wie kommuniziere ich mit ihnen? In der fachwissenschaftlichen Ausbildung von Lehramtsstudenten kommen diese Fragen häufig zu kurz. Sabrina Domscheit hat sich daher schon während ihres fünfjährigen Studiums Gedanken gemacht, wie es wohl ist, wenn die Kommunikation zwischen Lehrern und Schülern gestört ist, weil es unter ihnen welche gibt, die schlecht oder gar nicht hören können. Wie erreicht man solche Kinder? Wie findet man den Draht zu ihnen und wie teilt man sich ihnen gegenüber mit?
Aus diesem Grunde hat sie ihre Aufmerksamkeit neben ihrem Studium auch auf die Gebärdensprache gerichtet, mit deren Hilfe es möglich ist, sich mitzuteilen, und zwar so, als ob es das Selbstverständlichste sei, ohne Worte zu kommunizieren.
Interessant ist es, dass sie sich jetzt schon, bevor sie auch nur die erste Stunde am Friedrich-WöhlerGymnasium
in Singen gehalten hat, mit solchen Fragestellungen beschäftigt.
Man erfährt im Gespräch mit ihr, welches sie selbstverständlich mit einer Gebärde eröffnet (siehe 1. Foto), wie sehr diese Frage in ihrer beruflichen Laufbahn eine Rolle spielen wird.
Das Thema „Inklusion“ist in den letzten Jahren so stark in den Vordergrund gerückt, dass Schulen vor großen Herausforderungen stehen. Nur bestens ausgebildetes Personal wird eine inklusive Beschulung möglich machen. Es steht fest, dass gerade Gehörlose oft eine ausgezeichnete Auffassungsgabe für sprachliche Probleme haben. In einem Buch über die Gebärdensprache wird sogar festgestellt: „Ihre sprachlichen Lösungen sind nicht selten von unverwechselbarer Eloquenz“. In einer hessischen Gesamtschule, so Sabrina Domscheit, habe sie gesehen, wie die Kooperation zwischen hörenden und gehörlosen Kindern praktiziert wird. Und das habe sie fasziniert und ihre Gedanken in diese Richtung gelenkt.
Bei den fast täglichen Corona-Berichten im Fernsehen hat man gesehen, wie Gebärdensprache funktioniert, doch längst nicht alle Informationen, die über den Fernsehticker laufen, werden auch in Gebärdensprache übersetzt. Da gibt es, das weiß auch Sabrina Domscheit, noch einiges zu tun.
Und wenn man sie richtig verstanden hat, dann will sie in ihrer beruflichen Laufbahn auch ihren Anteil dazu beisteuern. Mimik, Körperhaltung, Hand- und Mundbewegung sind die zentralen Aspekte der Gebärdensprache.
Ein gehörloses Kind ist also gerade auf die sichtbaren Signale des Gegenübers angewiesen, um sie zu verstehen. Dabei spielen oft Kleinigkeiten, die einem nicht behinderten Menschen gar nicht auffallen, eine große Rolle, meint Sabrina Domscheit. Sie spüren auch kleinste Vibrationen, ihre Antennen sind so sensibel, dass sie kleinste, optische und physikalische Reize wahrnehmen können.
Von der Grammatik her ist die Gebärdensprache ganz anders aufgebaut als die Schriftsprache. Zum Beispiel: Der Satz: „Ich esse einen Apfel“, wird in der Gebärdensprache: „Ich Apfel essen“. Das Verb rückt also immer an den Schluss des Satzes. Der Fragesatz: „Wann besuchst du mich“wird in Gebärdensprache mit: „Du-mich-besuchst-wann?“ausgedrückt. „Je ausdrucksstärker das Gesicht mitspricht, desto leichter kann man einen Satz in der Gebärdensprache verstehen.
Denkt man jetzt an die Fremdsprache „Französisch“, dann hat man zwar ähnliche Grundmuster, muss aber wieder umdenken, weil die Grammatik eine ganz andere ist als im Deutschen. Es gibt also viel zu tun für Sabrina. Aber ihr Gegenüber hat in diesem Gespräch den Eindruck gewonnen, dass dies für Sabrina Domscheit eine echte Herausforderung darstellt. Zum Schluss sagt sie kurz „Danke“in der Gebärdensprache und der Berichterstatter hat es sofort verstanden.